Bastian: So eine elende Grütze. Ich wollte doch heute Abend Fußball gucken. Schon der späte Termin mit den Kunden ging mir gefährlich auf die Eier. Deutschland – Holland, sowas lässt man sich nicht einfach so entgehen. Nicht, wenn man wenigstens ein bisschen Interesse für Fußball aufbringt. Den Anpfiff um 20.45 Uhr zu sehen, wird schon knapp genug. War eh schon drauf und dran, den Termin zu verschieben. Aber der Kunde ist nun mal König.
Und nun noch Anni, wie könnte ich ihren Wunsch abschlagen, wo sie ihn doch so nachdrücklich geäußert hat. Ich bin vernarrt in diese Frau. Sie kennenzulernen, ist wie ein Sechser im Lotto. Sie als meine Freundin an meiner Seite zu haben, würde mich mit Stolz erfüllen. Nein, sie zu versetzen kommt nicht in Frage.
Ich beeile mich und bin froh, dass die potenziellen Mieter sehr schnell zu einem Ergebnis gekommen sind. Berliner Altbau, zu hohe Decken, knarrende Fußböden, viel zu groß und sowieso viel zu teuer.
Aber das Pärchen war nett anzusehen. Zwei Lesben, eine hübscher als die andere. Hammertitten, gertenschlank, Haare bis zum Arsch und passend zu ihren Traumfiguren unfassbar arrogant und überheblich. Rein optisch genau mein Ding, aber gut, dass sie lesbisch sind und durch ihre Art nicht ansatzweise meinem Beuteschema entsprechen.
20 nach Acht sitze ich wieder im Auto auf dem Weg nach Hause. Schnell noch eben etwas Dior Lockstoff hinter die Ohren, dann kann ich direkt zu Anni gehen. Der Duft ist jetzt nicht unbedingt ein Schlüpferstürmer, aber die Notration im Handschuhfach ist schon oft die letzte Rettung gewesen.
Parkplatz suchen und finden, schnell noch die versprochene Nachricht an meine Begleitung für den Abend … fertig. Nachdem ich sie verschickt habe, überkommt mich eine angenehme Leichtigkeit und ein Anflug übermäßiger Freude, der mich hochspringen und die Füße seitlich zusammenschlagen lässt.
Sie hat ein leichtes Sommerkleid an, als sie mir die Tür öffnet. Ein wenig durchsichtig ist es und lässt ihre sanft geschwungene Taille durchscheinen. Es endet kurz über ihrem Knie und verdeckt nicht den Stumpf, der nach ihrer Amputation entstanden ist. Sie zeigt ihn mir, folgt meinem Blick dorthin. Sie möchte meine Reaktion darauf testen, das wird mir sofort klar. Sie weiß ja noch nicht, dass es mir absolut nichts ausmacht, sie so zu sehen. Für mich ist es kein Makel, sondern sichtbares Zeichen von etwas, was sie erlebt hat.
„Trägst du mich zu meinem Rollstuhl?“, fragt sie. Eine größere Freude kann sie mir in diesem Augenblick nicht machen. Natürlich kann ich und ich verspreche mir selbst, sie so lange wie möglich in meinen Händen zu halten.
Jetzt stehe ich seitlich zu ihr. Das Licht wechselt und scheint jetzt von der Seite durch den dünnen Stoff. Zeigt mir ihre runden Brüste als Schattenriss, ihren kleinen Bauch, der sich als sanfter Hügel zeigt und ihren Po, der für sich genommen schon ein Meisterwerk ist.
Jeder Mann wäre froh, sie auf Händen zu tragen. Auch im übertragenen Sinne. Aber jetzt darf ich es tun, nicht in meiner Fantasie, sondern in echt. Ganz real stellt sie sich dich zu mir und sieht mich an. Ihr Blick dringt in mich ein, versucht in die Tiefen meiner Seele zu blicken.
Eindringen, das ist es was sie tut. Viel lieber würde ich es tun, in sie eindringen. Nur nicht mit meinem Blick. Dafür habe ich ein anderes, viel besser geeignetes Instrument, dass ich dafür nutzen würde. Sie weiß nichts von meinem „Problem“. Vielleicht ist es keins für sie. Und dennoch müsste ich mit ihr darüber sprechen, bevor ich sie damit überraschen würde.
Bis dahin wird es noch dauern, bis es soweit sein könnte, wenn überhaupt. Sie ist nicht so eine, die sich jedem steifen Lümmel entgegenwirft. Zumindest schätze ich sie nicht so ein. Aber sind es nicht gerade die stillen Wasser, die bekanntlich tief sind?
Wir kennen uns kaum. Das heißt, ich sie besser, als sie mich. Optisch. Gesprochen haben wir erst zweimal. Heute, eine neue Stufe des Kennenlernens. Ich darf sie tragen, sie vertraut mir und schüchtern ist sie auch nicht. Sie möchte ausdrücklich, dass ich sie anfasse. Mein Herz macht einen freudigen Hüpfer, als sie ihre Arme um meinen Hals legt. Ich verstehe. Mein linker Arm umfasst ihre Hüfte. Sie ist so schlank, dass ich sie umfassen und meine Hand auf ihrem Bauch ablegen könnte. Sie lächelt mich an, offensichtlich mache ich es nicht nur richtig, sondern sie fühlt sich wohl dabei.
Um die Beine anzuheben, muss ich meinen Arm um ihre Oberschenkel legen, was ich im Normalfall bei den Kniekehlen machen würde. Es ist gut, dass der Stumpf in meiner Armbeuge liegt, so kann ich ihn stützen, als ich sie anhebe. Wie leicht sie ist, federleicht. Unglaublich schön, wie sie sich an mich klammert. Es sind zwar nur ein paar Schritte bis zu ihrem Rolli, der unten auf dem inneren Flur geparkt ist, aber für mich sind es die, mit dem schönsten Gefühl seit langem.
Eine, zwei, vielleicht fünf Minuten schiebe ich sie wortlos über den Gehweg. Insgesamt ist es still, oder bin ich es, der den Krach der Stadt ausblendet? Ja, kann sein, denn ich rieche nur den frisch-blumigen Duft, mit der Note einer süßen Frucht, sommerlich, passend zu ihrem luftigen Kleid, bei dem sie … Moment mal, da war doch eben nur ein Knopf offen? Ich bin verwirrt.
Die Luft, angereichert mit weiblichen Pheromonen, die sie erotisch wirken lassen, geil, wie eine rossige Stute. Ich kann es riechen, bilde ich mir ein. Und ich reagiere, wie man als Mann reagieren kann. Ich beginne eine Erektion aufzubauen. Es passiert einfach so und ich kann nichts dagegen tun. Angeregt von der Festigkeit ihrer Oberschenkeln und den Rippenbögen, die ich eben noch in meinen Händen hielt. Oder, weil ich von oben in ihren Ausschnitt sehen kann, der den Ansatz ihrer festen Brüste freigibt, diese runden Kuppeln, die ihr Kleid auf so wunderbare Weise ausbeulen. Dazu der Anblick ihrer Brustwarzen, die hart und groß wie Erdnüsse kleine Zipfel in den Stoff drücken. Je länger ich hinsehe, desto härter werde ich, was kaum noch geht. Ich muss helfen und den Stock in meiner Hose umlegen. So geht es nicht, die Eichel reibt sonst gegen die Haut und das kann ein ungewolltes Ende nehmen. Nein, ich muss ihn nach oben legen, wo ich ihn notfalls unter dem Hosenbund einklemmen kann. Da kann er keine Dummheiten machen.
Anni sieht mich oft über ihre Schulter hinweg an, lächelt liebevoll, oder ist es einfach nur ihr freundliches Lächeln, das ich falsch deute? Leute sehen uns an und mit jedem, der das tut, bin ich stolzer auf den Edelstein, den ich vor mir her schiebe. Manche starren, andere sehen verschämt zur Seite. Sie starren, weil Anni ihren Stumpf selbstverständlich zeigt, weil er wie der Rest ihres Körpers zu ihr gehört. Nein, sie sehen uns an, weil wir ein schönes Paar sind, oder?
Und dann, eine Weile später, fängt sie an diese Fragen zu stellen. Fragen, die mir peinlich sind, weil sie mich wie einen Spanner aussehen lassen. Naja, stimmt ja auch irgendwie.
Ich beschließe ihr ehrlich zu antworten. Sie redet von Freundschaft, das passt schon. Dann davon, ob ich sie nackt gesehen habe und dabei beobachtet habe, wie sie es sich selbst gemacht hat. Na klar hatte ich und extrem geil wars. Ich will höflich sein und mich entschuldigen, weil ich es für angebracht halte. Dafür ernte ich keinen Dank, sondern eine Belehrung darüber, dass es mich „schwach“ erscheinen lässt und dass aus uns kein Paar werden kann, wenn ich es nicht lasse. Ich müsse es verstehen und lernen, hat sie gemeint und mich damit noch schwächer wirken lassen.
Ich kann nichts darauf sagen. Mir geht das viel zu schnell. Eben noch von einer Freundschaft, redet sie jetzt von Parship, verliebt in elf Minuten, oder was? Wie durchgeknallt ist das denn bitte. Sie ist sehr offensiv, viel schneller und klarer damit, ihre Vorstellung von unserer Zusammenkunft auszudrücken. Es ist wohl besser, wenn wir umdrehen und den Abend beenden. Ich muss nachdenken.
Wir beenden den Abend dann auch schneller, als es sowohl Anni als auch ich ursprünglich erwartet hätten. Ich habe mich zurückgenommen, bin in mich gekehrt noch stiller als vorher. Anni spürt, dass etwas in mir passiert ist und dass sie der Grund dafür gewesen sein musste. Sie akzeptiert klaglos, dass ich meine Müdigkeit vorschiebe und umkehre. Zu Hause angekommen darf ich sie nicht wieder bis zu ihrer Wohnung hochtragen.
„Lass nur, ich schaff das.“, lächelt sie gequält, gibt mir einen flüchtigen Kuss auf die Wange, übrigens schon der Zweite an diesem Abend und humpelt die wenigen Treppenstufen nach oben, die bis vor ihre Wohnungstür führen.
Ich hab‘s versaut, das ist mir klar, aber nun nicht mehr zu ändern. Nachdenklich gehe ich über den dunklen Hinterhof zu dem Häuserblock, in dem ich mein Domizil eingerichtet habe. Ich mache kein Licht in meiner Wohnung, schalte nur, wie automatisch, den Fernseher an und gehe zu meinem Teleskop. Anni hat sich zwischenzeitlich einen Bademantel übergeworfen und auf die Couch fallen lassen. Erst denke ich, sie sitzt einfach nur da, aber dann sehe ich, dass sie weint? Wieso zur Hölle …?
Soweit unser erstes kennenlernen...
Anni: Wir trafen uns in der nächsten Zeit noch öfter. Wir saßen zusammen im Gras, hielten Händchen im Kino, genossen wunderschöne Candlelight-Dinner und verbrachten viel Zeit an der frischen Luft. Schnell waren aus uns dicke Freunde geworden. Erzählten uns ‚fast‘ alles, dachte ich jedenfalls, begrüßten uns schnell mit Küsschen auf die Wange und bald auch auf den Mund. Man beachte die Wortwahl: Wir waren Freunde. Mehr nicht. Denn die Frage, nach einer möglichen Partnerschaft, stellte weder er noch ich jemals wieder.
Ein paar Tage nach unserem Walk in the Park bekam ich meine endgültige Prothese, ein futuristisch anmutendes Teil aus Karbon und Edelstahl. Eine fleischfarbene Hülle ermöglichte mir sogar das Tragen unter einem Kleid, ohne dass es sofort auffiel. Ein wahnsinns-Teil.
Basti war mittlerweile immer dann an meiner Seite, wenn es unsere Zeit und seine Termine zuließen. Er war es schließlich auch, der mich langsam wieder an das Joggen heranführte. Mit ihm zusammen übte ich erst das Gehen und später das Laufen mit meinem neuen Bein. Er bewies dabei eine Engelsgeduld, war einfühlsam und überaus fürsorglich. Ich hatte mich schnell an ihn gewöhnt, mochte ihn und er fehlte mir, wenn er mal keine Zeit für mich hatte. Dann saß ich an meinem Teleskop und sah hindurch, bis bei ihm das Licht in der Wohnung anging, er am Fenster auftauchte und mir zuwinkte. Wir taten das gegenseitig, um mit ruhigem Gewissen ins Bett gehen zu können. Zu wissen, dass es dem anderen gut ging, war uns wichtig geworden.
Schleichend hatte sich so etwas wie unsere eigene Normalität eingespielt, so, dass wir nicht merken, wie wir uns zwar immer weiter angenähert, aber als Paar auch gleichzeitig weiter voneinander entfernt hatten. Jedenfalls empfand ich das so.
Und genauso schleichend änderte sich mit meiner neuen Beweglichkeit auch mein Leben. Ich fühlte mich als Frau wieder attraktiv und begehrenswert, was ich eigentlich schon immer war, aber jetzt neu auflebte. Ich wusste Bastian an meiner Seite und das gab mir ein Gefühl der Sicherheit. Ich wusste, er würde auf mich aufpassen. Nicht nur wie ein Freund, sondern fast wie ein großer Bruder, den ich nie hatte.
So wirklich bewusst wurde mir das erst, als ich den ersten Mann mit nach Hause schleppte. Etwas, was ich mir geschworen hatte, nie zu tun, passierte nach einem Seminar, wo ich eben diesen Jemand kennengelernt hatte. Der Kerl konnte so gut küssen, dass mir ganz anders wurde und ich jede Zurückhaltung vergaß. Der Stein geriet ins Rollen.
Ich vergaß natürlich die Gardinen, weil wir uns schon im Flur die Kleider vom Leib rissen. Meine Güte hatte der Typ einen geilen Schwanz. Wie von Sinnen fiel ich über ihn her. Zog ihn an seinem unteren Ende hinter mir her, bis wir auf der Couch zu liegen kamen. Keine Sekunde Zeit, die Prothese abzunehmen, kein Vorspiel, nur aufgestaute Geilheit. Ehe ich mich versah, hatte mir der Herr zwei Finger in die Spalte geschoben und fingerte mich, bis ich die Augen verdrehte. Dabei knetete er rabiat meine Tippen, bis sie rot angelaufen waren. Er wusste, was er wollte, drehte mich auf den Bauch und schob mir sein Teil ansatzlos gefühlt bis in den Magen.
„Mein Gott bist du eng.“, stöhnte er erregt hinter mir. Wie ein Dampfhammer fickte er mich, dass es fast wehtat. Ich war feucht genug, aber seine Wucht war alles andere als angenehm.
„Hast du ein Kondom drauf?“, versuchte ich den letzten Rest Sorgfalt aufzubringen.
„Ich bin sauber und pass auf.“, kriegte er gerade noch rausgepresst, bevor er seinen Pimmel unvermittelt rauszog und auf meinem Rücken abspritzte. Warm landeten die Spritzer, einer nach dem anderen, auf meiner Haut, bis die Quelle versiegt war.
„Du warst zu gut, deshalb ging es so schnell. Beim nächsten Mal …“, versuchte er sich zu entschuldigen, wobei ich ihm das Wort abschnitt.
„Keine Sorge, das wird es nicht geben. Und jetzt ist es besser, du gehst.“, sagte ich straff genug, dass er keinen Moment an der Ernsthaftigkeit meiner Worte zweifelte.
Der Typ war wirklich süß, aber der Sex mit ihm sowas von schlecht, von purem Egoismus seinerseits getrieben, ohne Rücksicht auf mich und meine Gefühle. Nein danke.
Nicht nur die Tür fiel ins Schloss, sondern es mir auch wie Schuppen vor den Augen ab, wie blöd, primitiv und billig ich mich ihm an den Hals geworfen hatte.
Bastian kam mir in den Sinn, den ich für heute Abend mit Aussicht auf den Fick versetzt hatte. Hätte ich geahnt, dass es so schlecht werden würde, ich wäre 100x lieber mit ihm in das Konzert gegangen, zu dem er mich eingeladen hatte. Ich sah aus dem Fenster. Oben bei ihm brannte Licht. Allein hatte er wohl auch keine Lust und war zu Hause geblieben. Mein Handy leuchtete auf, nur eine kurze Nachricht: „War es das wert?“
Er hatte uns also beobachtet und live mitbekommen, was abgelaufen war. Ich fühlte mich ebenso schlecht, wie die Nummer, die der Typ mit mir geschoben und von der ich rein gar nichts gehabt hatte.
„Nein, war es nicht. Es tut mir leid.“
„Was tut dir leid, dass du gefickt hast und es schlecht war, oder dass ich es mit angesehen habe? Und überhaupt, warst es nicht du, die Entschuldigungen doof findet?“
„Beides und ja, du hast recht.“
„Na dann schlaf mal gut. So frisch durchgezogen, bist du doch bestimmt müde und erschöpft.“
Natürlich erkannte ich die Ironie in seinen Worten. Aber auch die Enttäuschung, die darin versteckt lag.
„Können wir morgen reden?“, fragte ich ihn. Ich wusste noch nicht so recht, was ich mit ihm zu besprechen gedachte, aber mir machte es ein schlechtes Gewissen, ihn so enttäuscht zu haben. Ein bisschen fühlte es sich so an, als hätte ich meinen Freund betrogen, was ich definitiv nicht getan hatte, aber es fühlte sich so an.
„Mal sehen.“, war seine knappe Antwort. Dann ging das Licht in seiner Wohnung aus.
****
Nach diesem Vorfall war Bastian die nächsten vier Tage nicht zu erreichen. Ans Telefon ging er nicht ran und meine Nachrichten beantwortete er nicht. Dass er sie gelesen hatte, verrieten die blauen Häkchen dahinter. Ok, die Sache hatte ihn wohl doch tiefer getroffen, als ich gedacht hatte.
Bis zu diesem Freitagabend hörte ich also nichts von ihm und ich ließ ihn irgendwann in Ruhe. Ich war mit ein paar lieben Kolleginnen um die Häuser gezogen, tanzen, trinken, flirten … ihr wisst schon. Routinemäßig nahm ich das Handy aus der Tasche. Bastian hatte bestimmt 10x versucht mich anzurufen. Dann musste es echt dringend gewesen sein. Ich also raus, bisschen frische Luft konnte nicht schaden, ruhige Ecke gesucht und den AB abgehört, den er bestimmt schon vollgetextet hatte:
„Man Anni, wo steckst du schon wieder. Hast du dir wieder einen Typen geklärt? Wenn du fertig bist, melde dich mal. In deine Bude wird gerade eingebrochen. Zwei Männer, einer über den Balkon, der andere ist vorne rein. Die Bullen hab ich schon angerufen.“‘
Das war vor etwa einer Dreiviertelstunde. Was geht ihn das überhaupt an, ob ich mir Typen kläre oder nicht. Er hatte seine Chancen und sie alle verspielt.
Dann erst realisierte ich, was er eigentlich gesagt hatte. Einbruch? Bei mir? Ich musste nach Hause, sofort. Also rein, Jacke und Handtasche geschnappt, dem netten Typen von vorhin noch meine Karte zugesteckt und ab ins Taxi.
Basti stand vor meinem Haus und erwartete mich. Eigentlich stand er da und beobachtete die Polizei bei ihrer Arbeit. Die Fenster meiner Bude waren hell erleuchtet. Wie versteinert stand ich da und sah die Fassade nach oben. Ich konnte mir kaum vorstellen, wie man da hochklettern konnte. Das musste eine nahezu zirkusreife Leistung gewesen sein.
Basti hatte sich leise, mit Händen in den Taschen, neben mich gestellt.
Der Schreck ließ mein Knie zittern und wohl auch den Rest meines Körpers. Jedenfalls lehnt ich mich bei Basti an und er tat etwas, für das ich ihm in diesem Moment sehr dankbar war. Er zog mich in seine Arme und drückte mich fest an sich. Das gab mir Halt und ein Gefühl von Sicherheit zurück, dass ich beim Anblick der Polizisten in meiner Wohnung verloren hatte. Schließlich waren sie Ausdruck eines bis dahin für mich unvorstellbaren Grauens. Jemand war mit Gewalt in mein Privatestes eingedrungen und hatte mich beraubt. Hatte dazu Schränke geöffnet, meine Wäsche durchwühlt, sich vielleicht meine Slips unter die Nase gehalten. Ganz viel Zeit hatten sie nicht, denn Basti hatte seinen Auftrag, auf mich und meine Wohnung aufzupassen, sehr ernst genommen und schnell die Polizei gerufen.
Nun sind die hier in Berlin nicht unbedingt die Schnellsten, angesichts einer hohen Kriminalitätsrate, vor allem am Freitagabend. Genau das wiegte die Täter in trügerischer Sicherheit.
Das Licht im Hinterhof war schlecht. Nur das, was aus den zumeist abgedunkelten Fenstern nach außen drang, brachte eine kaum mehr als schummerige, dadurch gespenstisch wirkende Umgebung, die noch bedrohlicher auf mich wirkte, als die Horde von Polizisten, die fleißig herumwuselten.
Bastian ließ mich nicht mehr los. Dankbar sah ich ihn an und bemerkte jetzt erst, dass sein Wangenknochen geschwollen und sein Auge blutunterlaufen war. Auf der anderes Gesichtshälfte war etwas Blut aus seinem Mundwinkel gelaufen. Er hatte das Rinnsal einfach laufen und trocknen lassen.
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