Mats parkte das Auto und blickte missmutig das moderne Wohngebäude hoch. Oben, im Penthouse, wohnte seine neueste Kundin. Nicht weniger als fünf Mal hatte die Dame vereinbarte Termine für einen Umbau ihrer Penthouse-Wohnung verschoben. Dann hatte sie gefragt, ob Mats nicht an diesem Freitag um 19:30 vorbeikommen könnte. Da hätte sie Zeit.
Freitag um 19:30!
Mats seufzte. Er nahm Notizblock und Stift sowie seinen Laser-Entfernungsmesser, schlug die Autotür zu und ging in das Appartementgebäude. Dort wurde er zu seiner grenzenlosen Verblüffung von einem Concierge in Empfang genommen. Sowas kannte er nur aus Filmen.
„Frau Rosari erwartet Sie bereits! Nehmen sie am besten den Aufzug!“ Der ältere und ungemein elegant wirkende Herr drückte ihm eine unbedruckte, weiße Checkkarte in die Hand. „Sie müssen die Karte nur vor das Lesegerät in der Kabine halten und der Aufzug bringt sie direkt in das richtige Appartement!“, fügte der Mann noch hinzu.
„Verdammter Geld-Adel!“, brummte Mats mürrisch, nahm aber die Karte und stapfte in die Kabine. Der Empfang im Erdgeschoss sah teuer und luxuriös aus und sogar der Aufzug schwebte ungewohnt geräuschlos nach oben. Als der Lift langsamer wurde, atmete Mats noch einmal tief durch und sammelte sich, um trotz seiner schlechten Laune einen professionellen Auftritt abliefern zu können.
Die Kabine hatte zwei Türen und als die rechte aufging, blickte Mats durch ein kleines Vorzimmer in einen stylischen Wohn-Ess-Bereich. Das war keine normale Wohnung, eher eine Lounge. Mit einem deutlichen „Hallo?“, machte er sich bemerkbar.
Der gebürstete und rustikal wirkende Parkettboden kontrastierte mit den weißen Wänden, den großen Glasflächen und dem minimalistischen Design der Küche. Im Eck standen zwei Ohrensessel, eine Vintage-Stehlampe sorgte für dezente Beleuchtung. Obwohl nirgendwo eine Musikanlage zu sehen war, erfüllte kristallklar klingender Jazz den Raum. Von seiner Kundin war nichts zu sehen. Nur ein Laptop stand auf der Kücheninsel, davor standen zwei Barhocker. Ein Cocktailglas in klassischem Martini-Design stand auch noch auf der Kücheninsel. Sonst nichts.
Vorsichtig machte Mats ein paar Schritte in den Raum. „Einen Augenblick, ich bin gleich bei Ihnen!“, hörte er eine Frau rufen. Dann ging auch schon eine Zimmertür auf und eine ungemein elegante Blondine Ende 30 kam freundlich lächelnd aus einem Raum. Seltsamerweise versperrte sie das Zimmer, indem sie an der Tür einen mehrstelligen Code in einen Ziffernblock eingab. Mats wunderte sich immer, wie Frauen mit langen Fingernägeln Tastaturen aller Art so geschickt bedienen konnten. Für einen Bruchteil einer Sekunde überlegte er, wie es wohl aussah, wenn sich diese Finger mit diesen braunrot lackierten Nägeln um seinen erigierten Schwanz legen würden – doch er verdrängte diesen Gedanken sofort wieder.
Die Blondine kam schon auf ihn zu. Sie trug einen engen, weißen Bleistiftrock und Strümpfe. Gürtel und Pumps passten zu den Fingernägeln. Schlichtes Träger-Top. Der Blazer hing über der Rückenlehne des Barhockers. Die Lady hatte einen energischen Schritt. „Verdammt, dieses Top ist aber hauteng!“, schoss es Mats durch den Kopf. Und gut gefüllt war es auch. Der Anblick dieser Frau ließ den Ärger über einen Termin zu dieser Uhrzeit ein wenig verfliegen.
Was waren das für Leute, die in Designerklamotten und cocktailtrinkend Freitag abends im Homeoffice arbeiteten?
Die Frau streckte ihm ihre erstklassig manikürte Hand entgegen. Um das Handgelenk baumelte ein Armreifen, der außen seidig-matt schimmerte, innen aber aus Rotgold zu bestehen schien.
„Bridget Rosari. Danke, dass Sie es sich einrichten konnten!“, sagte die Frau mit einer wohlklingenden Stimme. „Aber natürlich, ist gar kein Problem!“, log Mats. Er hatte erheblichen Respekt vor dieser Frau. Sie war attraktiv und offensichtlich sehr wohlhabend und wenn sie um diese Tageszeit noch arbeiten musste, hatte sie zweifelsohne auch eine sehr wichtige Position inne. Mats überlegte, ob eine intelligente Frau von diesem Kaliber seine kleine Notlüge nicht sofort durchschauen würde.
Tat sie nicht, aber das konnte Mats nicht wissen. Und er konnte auch nicht wissen, dass er bei seiner neuen Kundin in den ersten Minuten einen sehr guten Eindruck hinterlassen hatte. Er hatte Respekt vor ihr und seine Blicke hatten verraten, dass er auch ein Auge für die Eleganz ihrer Penthouse-Wohnung hatte. In der Konversation war er zurückhaltend, aber nicht einsilbig. Und auch die körperlichen Attribute, die Mats zu bieten hatte, hatte Bridget wohlwollend zur Kenntnis genommen. Mats war muskulär, aber nicht auf diese fitnesscenter-mäßige Bobo-Art. Das waren Muskeln, die nicht nur im Fitnessraum, sondern auch durch harte körperliche Arbeit entstanden waren. Das sah rau und männlich aus und war ganz nach Bridgets Geschmack. Das schlichte, dunkelblaue Hemd und die legeren, hellen Baumwollhosen waren gut gewählt, dachte die Blondine.
„Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?“, fragte die Frau. Sie lächelte Mats auf eine Art an, die ihn verwirrte. Das war nicht irgendein Lächeln, da lag noch etwas anderes in diesem Strahlen. Kurz war Mats Aufmerksamkeit zu den Lippen der Frau gewandert. Gleiche Farbe wie die Fingernägel, voll, sinnlich. Wieder riss sich Mats am Riemen und besann sich der Aufgabe, deren wegen er jetzt hier war. Leider ging es bei dieser Aufgabe nicht um die Lippen dieser Frau, sondern um den Umbau ihrer Wohnung.
„Nein danke, bei der Arbeit nie!“, erklärte er.
„Sehr clever!“, pflichtete Bridget dem Mann bei. „Ich bin leider nicht so prinzipientreu wie Sie!“, fügte sie mit Blick auf das leere Cocktailglas, aber ohne den Anflug von schlechtem Gewissen hinzu.
„Dann erklärte ich Ihnen kurz, wie ich mir das alles vorstelle!“, begann Bridget. Mats war froh, dass der Smalltalk mit dieser aufregenden Frau nun vorbei war und das Gespräch nun Themen betraf, in denen er sich sattelfest fühlte. Bridget führte Mats durch das Penthouse. „Hier ist das Bad, dort das WC“, erklärte Bridget. „In diesem Raum ist das Gästezimmer“. Bridget deutete auf die Tür mit dem seltsamen Ziffernblock. Erst jetzt erkannte Mats, dass die Zimmertür keine Türklinke hatte, sondern einen fixen, nicht drehbaren Türknauf aufwies. Mats fand, dass das für ein Gästezimmer sehr seltsam war.
„Hier ist das Schlafzimmer.“ Bridget ging mit dem Handwerker in den Raum und deutete auf eine Wand. „Im Idealfall können wir diese Wand einreißen und so die beiden Wohnungen verbinden!“, erklärte Bridget.
„Sie wollen vom Schlafzimmer in die andere Wohnung gelangen? Wäre es nicht sinnvoller, es woanders zu versuchen?“, wandte Mats ein.
„Nun“ begann seine Kundin seltsam zögerlich, „ich hätte gerne einen begehbaren Kleiderschrank!“ Sie sah ein wenig verlegen aus, als sie ihren Wunsch äußerte.
„Einen begehbaren Kleiderschrank. Ich verstehe.“, erklärte Mats, der ganz und gar nichts verstanden hatte. Wollte diese Bridget vom Schlafzimmer in den begehbaren Kleiderschrank und von dort weiter in das, was von der benachbarten Garcionerre nach Einbau dieser Umkleide übrigbleiben würde? Das machte alles keinen Sinn, fand Mats.
Bridget spürte, dass sie dem Mann ihre Vorstellungen noch nicht ganz plausibel machen konnte. „Aus der Garcionerre soll ein begehbarer Schrank werden.“, schenkte sie dem Mann nun reinen Wein ein.
Mats glaubte, sich verhört zu haben. „Sie wollen die ganze Kleinwohnung nebenan zu einem Kleiderschrank umfunktionieren? In dieser Lage und bei diesen Quadratmeterpreisen?“ Er merkte, dass er die letzte Frage lauter geäußert hatte als beabsichtigt.
„Im Prinzip ja. Ist dagegen war einzuwenden?“, antwortete Bridget nun.
„Nein, natürlich nicht. Der Kunde ist König!“, erklärte er. Hastig korrigierte er sich: „Ich meine, die Prinzessin – nein, die Kundin ist natürlich Königin!“ Mats fand, dass er sich gerade blamierte, Bridget aber lachte fröhlich. „Sie sind nicht der Erste, der mich für eine Prinzessin hält. Machen Sie sich nichts daraus! Außerdem ist es nicht wahr, dass die ganze Garcionerre als begehbarer Schrank dienen soll. Die Küche fliegt raus, aus dem Bad wird eine Sauna. Das WC kann bleiben.
„Das WC bliebt. Natürlich.“, stimmte der immer noch verwirrte Mats bei. „Darf ich die Räume einmal sehen?“
„Aber gerne!“ Bridget marschierte voran, nahm einen Schlüssel von einem Keyboard an der Wand und marschierte über das kleines Vorzimmer hinaus in das Stiegenhaus. Sie schloss die Tür zur Nachbarwohnung auf und betätigte den Lichtschalter. Angeknipst hatte Bridget nicht nur das Licht, sondern auch die Libido des braven Handwerkunternehmers. Denn der Mann hatte auf dem Weg zur Nachbarwohnung einen erstklassigen Blick auf einen Prachtarsch, wie er ihn noch selten gesehen hatte. Rund und saftig sah dieses waffenscheinpflichtige Hinterteil aus und der enge, weiße Bleistiftrock inszenierte die weiblichen Rundungen dieser Rosari auf eine Art und Weise, die Mats zum Schwitzen brachte.
„Wirklich beeindruckend!“, sagte Mats. Er meinte Bridgets Po. Diese dachte wiederum, der Mann spreche von der kleinen Wohnung. „Ja, finde ich auch!“, antwortete die Frau. Bridget wunderte sich, was an einer leerstehenden Wohnung, deren Böden neu geschliffen und deren Wände neu gestrichen werden mussten so beeindruckend war. Aber sie hatte keine Zeit, sich länger über diese kleine Dissonanz den Kopf zu zerbrechen. „Ich brauche gutes Licht, einen Spiegel, viel Stauraum. Dort, wo die Wasseranschlüsse der Küche waren, könnte man einen Bereich für das Schminken einrichten!“
„Natürlich!“, erklärte Mats. Er machte erste Notizen. „Wenn es Ihnen recht ist, messe ich die Räume aus. Das dauert ein wenig.“
„Dann mache ich mit meiner Arbeit weiter!“, erklärte Bridget.
Wenig später kehrte Mats zurück in Bridgets Wohnung. Diese blickte freundlich vom Laptop auf, als der Mann auf sie zu kam.
„Leckeres Bürschchen!“, stellte Bridget gedanklich fest.
„Heiße Braut!“, dachte Mats, als er die in ihrem engen Bleistiftrock steckende Blondine kess am Barhocker sitzend bewunderte.
„Ich habe jetzt die Abmessungen und überlege mir etwas. Stilmäßig orientiere ich mich an dem, was ich bei der Besichtigung ihres Appartements so gesehen habe!“, erklärte Mats.
„Klingt hervorragend!“, pflichtete ihm Bridget bei. „Aber wenn Sie noch ein wenig Zeit erübrigen könnten, würde ich Ihnen gerne meinen jetzigen Kleiderschrank zeigen. Damit Sie einen Eindruck bekommen, was ich mir vorstelle!“
Qualität aus Meisterhand
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