Ina glaubte es kaum. Selbst Anita, die Einser-Schülerin verteidigte ihn. Inas eigene Gefühlswelt geriet ins Wanken, je mehr sie von den Mädchen zu hören bekam. Janina und Isabell sagten dasselbe wie ihre Vorrednerinnen, nahmen Paul Berger ebenso in Schutz. Nur Rebekka saß schweigend da, lächelte aber ununterbrochen. Ina beschloss, sie allein zu befragen. Die Lehrerin versprach, vorerst keine Meldung zu machen, weder bei der Schulleitung noch bei den Eltern. Sie fragte Bekka, ob sie mit ihr ein paar Schritte laufen wollte. Das Mädchen mit der lockigen Mähne war einverstanden.
Sie setzten sich abseits der Gruppe auf einen Holzstamm. Bekka sah ihre Lehrerin neugierig an.
„Du hast gar nichts dazu gesagt, Rebekka. Paul Berger hat dir doch auch den Po verhauen, oder?“
Bekka grinste, was Ina stark irritierte. Rebekka war eine sehr schöne, junge Frau. Ina fand, dass sie sehr weiblich wirkte, was auch an ihrem Körperbau lag. Bekka war bereits 18, besaß schwellende Brüste und ein sehr ausgeprägtes Hinterteil. Das Mädchen konnte jedem Mann den Kopf verdrehen.
„Bei mir war das ein bisschen anders, Frau Blum. Ob sie’s glauben oder nicht: ich hab es darauf angelegt, was hintendrauf zu bekommen. Vielleicht unbewusst, aber ich hab es getan. Wissen sie, ich hab mir das immer schon vorgestellt, auch schon, als uns noch Herr Schneider unterrichtet hat. Dass mir ein Mann den Popo versohlt, solche Sachen halt. Herr Berger hat es gemacht, aber das tat mir einfach nur weh! Ich glaub, dass er gecheckt hat, was ich vorhabe. Na ja, seitdem weiß ich, dass es so nicht läuft. Da muss ich mir wohl etwas anderes einfallen lassen. Was aber Herrn Berger betrifft: da bin ich voll bei den Mädels. Er ist ein richtig Guter. Dem kann frau nichts vormachen. Das mag ich!“
Das saß wie ein Schlag in die Magengrube. Ina musste durchatmen. Bekka sprach Dinge aus, die auch sie beschäftigten. Das Mädchen wirkte auf sie wie ihr jüngeres Ich. Hatte Ina nicht auch diese Neigung, diesen Wunsch eine Hand auf dem Po zu spüren? Wie sie selbst schien auch Bekka nicht devot zu sein, zeigte sich in keiner Form unterwürfig. Ihre knallharte Ehrlichkeit rührte Ina. Bekka sah, dass sie weinte, legte ihren Arm um Frau Blum. Die kluge Oberstufenschülerin spürte, was mit ihrer Geschichtslehrerin los war. Es schlang sich ein unsichtbares Band um die beiden Frauen, das sich nun langsam enger zog. Ina wischte sich die Tränen ab, bemühte sich einen gefassten Eindruck zu machen. Ihre Stimme zitterte dennoch, als sie sich Bekka gegenüber zu erklären versuchte.
„Wir reden später weiter, Rebekka. Sei so lieb und erzähle den anderen nichts von unserem Gespräch. Ich meine damit, dass es mich so aufwühlt. Wegen Herrn Berger; ich spreche mit ihm heute Abend. Es sieht ja so aus, als wärt ihr alle sehr zufrieden mit ihm. Ich bin ziemlich durcheinander, das gebe ich zu. Sag den Mädchen, dass sie sich keine Sorgen machen sollen…“
„Keine Panik, Frau Blum! Ich check das für sie. Verlassen sie sich auf mich, das bleibt alles bei mir!“
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