Ich ließ meinen Engel lange nicht los,
und er verarmte mir in den Armen
und wurde klein, und ich wurde groß:
und auf einmal war ich das Erbarmen,
und er eine zitternde Bitte bloß.
Auf seinen Bauch hatte sich Maurice den Anfang eines Gedichts von Rilke, das Engellied, tätowieren lassen. So hatten alle seine Frauen beim Blasen etwas zu lesen.
Er genoss es ihnen dabei zuzusehen, wie sich ihre Mimik änderte und ihre Konzentration brach, ihr Fokus davon wegrückte, ihm entweder zu zeigen wie großartig sie diese Kunst beherrschten und dass sie ihn spielend sexuell glücklich machen würden, oder davon, dass sie diese erniedrigende aber um nicht als prüde zu gelten notwendige Prozedur schnell hinter sich bringen wollten um zum auch für sie angenehmen Teil überzugehen. Diese Sorte Hintergedanken, diese ökonomische und berechnende Art zu lieben ließ seinen Engel leicht verarmen und bevor Maurice vollständig intim mit Frauen werden und sich ihnen öffnen konnte wollte er ihren Charakter testen. Einige wehrten sich dagegen, sie schlossen die Augen und verrichteten ihr Werk wie eine bewegliche mit warmem Wasser gefüllte Travelpussy mit Perücke.
Die Guten unter ihnen fingen wirklich an zu lesen, diese wundervollen Worte, die, sofern man sie nicht sofort Rilke zuordnet, nicht nur auf dem Bauch eines attraktiven Mannes und gelesen während eines Vorspiels, leicht eine sexuelle Interpretation zulassen, eine, die gute Frauen zu verunsichern im Stande ist. Sein Bauchnabel trennte die erste Strophe von der zweiten:
Da hab ich ihm seine Himmel gegeben, -
und er ließ mir das Nahe, daraus er entschwand;
er lernte das Schweben, ich lernte das Leben,
und wir haben langsam einander erkannt...
Damit er sich hatte sicher sein können, dass sie die Worte lasen und den Sinn verstanden, hatte er direkt über dem Ende seines Schaftes statt der letzten beiden Zeilen etwas anderes über seinen Engel stehen.
mit dem Engel im Mund bist du nun am Lesen,
daran hab ich deinen Wert erst erkannt.
Die Besten lächelten dann, denn er hatte sie ertappt. Und er musste ihnen nicht erklären, dass ein großer Teil der erotisierenden Wirkung nicht aus der hingebungsvollen Massage der Eichel mit Zunge und Lippen kommt, sondern aus dem Altruismus der Tat selbst, der Selbstlosigkeit dem Partner etwas zu geben, von dem man nichts hat außer eines unappetitlichen Geschmacks und eines tauben Gefühls, das Küsse eine kurze Weile ihrer Sinnlichkeit beraubt. Das Lächeln erst macht es aufrichtig und zu dem Geschenk als das er es verstanden haben wollte, das er sich von ihnen wünschte und das ihm Lust bereiten sollte, den Gespielinnen eine wundervolle Nacht zurück zu schenken.
Diejenigen, die nicht lächelten, hatten nicht gelesen oder nicht verstanden, sie genügten seinen Ansprüchen nicht. Wie ein elitärer Lehrer seine schlechtesten Schüler war er unfähig sie je zu respektieren und nicht bereit ihnen sein Wissen, das sie nur korrumpieren würden, zugänglich zu machen. Die anderen nahm er auf in seine Schule, er kam direkt in ihren Mund, die letzten beiden Zeilen flüsternd vollendete er seine Mona Lisa mit einem vollen Pinselstrich und brachte sie zum Lächeln nur für ihn.
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