Rosenhochzeit

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Rosenhochzeit

Rosenhochzeit

Leif Larsson

„Bei meiner flatterhaften Seele!“ rief sie und pfefferte die Gurkenscheiben in den Abfalleimer. „Das ist wahrhaftig die originellste und tollste Überraschung, von der ich je gehört habe!“
„Sag es schon,“ knurrte Silke, der etwas bange zumute war. „du findest die Idee total bescheuert.“
„Oberaffengeil finde ich sie! Oh, wenn ich nur dabei sein könnte! Ich meine, ich würde alles dafür geben, Mäuschen zu sein.“
„Tina! Wo bleibt denn deine Diskretion?“ spottete Silke mit gespielter Entrüstung.
„Ich weiß, ich weiß. Aber du musst mir versprechen, mir hinterher zu verraten, wie Oliver es aufgenommen hat. Hörst du: du musst! Dafür spendiere ich dir drei Gratisbehandlungen. Wenn es sein muss, mitten in der Nacht. So, und nun tun wir noch etwas für das Dekolleté. Nicht, dass du es nötig hättest, Schöne, aber deine Haut muss morgen wie ein frischer Pfirsich sein…“

*
Am Morgen des 19. Mai waren beide ziemlich aufgekratzt. Oliver unternahm nun doch mehrere Versuche, Silke etwas von ihrem Geheimnis zu entlocken, doch sie blieb eisern und schob ihn einfach zur Tür hinaus. Während Jasmin in der Schule war, nahm sie ein Bad und rückte der Körperbehaarung zu Leibe. Obwohl sie sehr stolz auf ihre kunstvoll gestutzten Schamhaare war, trennte sie sich nun radikal davon. Während sie schabte, spürte sie das Blut in ihren anschwellenden Schamlippen pulsieren. Doch sie widerstand dem Verlangen, den aufgestauten Gefühlen freien Lauf zu lassen. Sie stieg aus der Wanne und betrachtete ihr Werk im Spiegel. Ihr gefiel, was sie sah. Ihre Beine waren fest und glatt, ihr Venushügel verlockend, der Bauch trotz kleiner Pölsterchen an den Hüften ansehnlich und ihre Brüste mit den kecken Nippeln straff und rund. Ihr Teint war dank Tinas kundiger Hand frisch und lieblich. Die blauen Augen ihres Spiegelbildes strahlten sie an, ihre Lippen verströmten auch ohne Lippgloss Sinnlichkeit. Nur mit den Haaren musste dringend etwas geschehen. Zwar passte die dunkelblonde Ponyfrisur ausgezeichnet zu ihrem hübschen Gesicht, doch im Zuge ihrer persönlichen Runderneuerung täte ihr etwas Neues, flippigeres bestimmt gut.
Silke cremte sich am ganzen Körper ein, zog sich an und fuhr zur Schule, um Jasmin abzuholen. Das Mädchen freute sich schon auf das Wochenende bei den Großeltern und auf Effendi, den dicken, gemütlichen Kater, der immer seinen moppeligen Kopf an ihren Beinen rieb.
„Wir drei werden uns eine schöne Zeit machen.“ versprach Silkes Mutter. „Opa hat Karten für einen Märchenfilm gekauft. Und was stellt ihr heute so an, an eurer Rosenhochzeit?“ fragte sie ihre Tochter, nachdem Jasmin im Haus verschwunden war.
„Ich weiß nicht.“ griff Silke dreist zur Notlüge. „Oliver hat etwas arrangiert, aber er will mich überraschen. Deshalb muss ich jetzt auch gleich los, sonst verpasse ich meinen Friseurtermin.“
„Dann viel Vergnügen heute Abend!“ rief ihr ihre Mutter nach, als Silke in ihr Auto stieg. „Und grüße Oliver ganz herzlich von uns!“

Da sie spät dran war, parkte sie den Kleinwagen notgedrungen im Parkverbot und hastete in den Friseursalon. Silvia wartete bereits auf sie. Der Lehrling entpuppte sich als dralle, kaugummikauende, düster geschminkte Siebzehnjährige mit schwarz lackierten Fingernägeln und Gothic-Frisur. Silke warf einen neidischen Blick auf die üppige Oberweite des Mädchens, über die sich ein schwarzes T-Shirt mit gewagtem Ausschnitt spannte. Ihr schwante nichts Gutes, doch der Lehrling bediente sie korrekt und erkundigte sich professionell nach ihren Wünschen. Sie schilderte Tinas aktuelle Frisur, ergab sich dann erwartungsvoll ihrem Schicksal und legte den Nacken auf den Rand der Waschschüssel wie eine zum Tode Verurteilte den Kopf auf den Richtblock. Nach dem Waschen beobachtete Silke beunruhigt, wie unter Silvias unerbittlichen Händen Strähne um Strähne der Schere zum Opfer fiel. Den noch verbliebenen Rest des Haupthaares zerzauste sie nach dem Chaosprinzip und verteilte ohne jede erkennbare Ordnung grüne und orange Farbe. Als Silvia zum Föhn griff, schloss Silke die Augen und beschloss, sie erst wieder zu öffnen, wenn der Augenblick der Wahrheit unausweichlich sein würde.

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