Amaurindes Liebreiz konnte sich keiner entziehen, selbst der schwule Schlosskoch nicht, der jedes Mal in Ohnmacht fiel, wenn er ihr im Treppenhaus oder auf dem Weg zur ausladenden Schlossküche begegnete. Dabei hatte sie doch gar nichts Böses im Sinn, wollte lediglich am gebratenen Kapaun schnuppern oder ein paar Preiselbeeren kosten.
Es war allerdings nicht Amaurindes optischer Reiz, der den Schlosskoch das Bewusstsein verlieren liess. Gewiss, sie war hübsch mit ihrer kleinen Nase, den schelmischen Augen und den vollen Lippen. Zu einer Ohnmacht reichte dies aber bei weitem nicht.
Amaurinde hatte ein kleines Geheimnis. Sie besass einen winzigen Kräutergarten, und den besass sie im wahrsten Sinne des Wortes. In unbeobachteten Momenten prüfte sie nämlich, wie die Kräutchen auf ihr zartes Geschlecht wirkten und es zum Duften brachten.
Am Nachhaltigsten war der Lavendel. Abgemildert mit Minze und Aniskraut, entstand genau die Duftmischung, die den geruchssensitiven Schlosskoch den Verstand verlieren liess. Da war noch ein viertes Kräutchen mit von der Partie, das aber hier nicht erwähnt werden darf. Amaurinde war nicht bereit, ihr Geheimnis gänzlich preiszugeben. Sei’s drum – Lavendel, Minze und Aniskraut waren auf jeden Fall mit dabei.
In der ersten Zeit rieb sich Amaurinde die vier duftenden Pflanzen direkt an die Vulva respektive ins zarte Fötzchen. Wobei zu bemerken ist, dass Amaurindes Labien exakt dieselbe Form hatten wie ihre Lippen. Eine faszinierende Konstellation, eine Spielart weiblicher Anatomie. Die Minze brannte ein wenig, kühlte aber auch angenehm.
Amaurindes Botanophilie fiel niemandem auf. Wer kann es einem jungen Fräulein schon verdenken, wenn es im eigenen Garten kauert und mit Pflänzchen spielt? Wer wusste denn schon – ausser Amaurinde selbst – dass sie in diesen Momenten gänzlich auf die schwere Leinenunterhose verzichtete, die eine der Mägde für sie genäht hatte?
Mit inbrünstiger Lust setzte sie sich also auf ihre Pflanzen und besass so ihr Gärtchen. Der arme Schlosskoch erschnupperte den unwiderstehlichen Duft, der natürlich nicht nur von den vier Pflanzen stammte, sondern von Amaurindes frischen Liebessäften noch weiter angereichert wurde.
„Oh, oh, wie wird mir“, klagte er jedes Mal, bevor er zusammenbrach und mit dem Kopf auf den Steinplattenboden knallte. Amaurinde ahnte, worauf der Koch da reagierte und vollzog mit ihm ihre teuflischen Spielchen. Auch das liebste, liebreizendste Mädelchen dieser Welt hat irgendwo, tief drinnen, den Teufel hocken, den Beelzebub, und Amaurindes Teufelchen war ihr Duftfötzchen.
Der Schlosskoch, seines Zeichens Gewürzexperte, versuchte den unwiderstehlichen Duft Amaurindes nachzuproduzieren. Lavendel, Minze und Anis kannte er ja. Aber was waren die beiden andern Ingredienzien? Die vierte Pflanze? Dieser unbekannte, geile Honigduft? Woher kam das bloss? Der Schlosskoch experimentierte mit Kardamom. Mit Honig. Ajowan, Königskümmel. Bärlauch. Bockshornklee. Meerrettich. Kürbiskernöl.
Das erwünschte Resultat kam aber nicht zustande. Der Koch wurde immer trauriger, und selbst das Abschlachten und Ausweiden der Königsschweine machte ihm keinen Spass mehr.
Er war aber nicht dumm, der Schlosskoch. Er hatte längst erkannt, dass die Ohnmacht ihn stets dann ereilte, wenn Amaurinde in der Nähe war. „Teufelsfut“, knurrte er. Er mochte Mädchen nicht, und Frauen schon gar nicht, und er schätzte es keineswegs, dass Amaurinde am gebratenen Kapaun schnupperte und Preiselbeeren kostete, noch bevor das Mahl aufgetragen war.
Dann besann er sich auf eine List. Er steckte sich Basilikumblätter in die Nasenlöcher, auf dass sie ihn von Amaurindes Duft ablenken sollten. Sorgsam schnitt er sie zurecht, so, dass es nicht auffiel, sonst wäre er ja Gefahr gelaufen, sich lächerlich zu machen vor dem gesamten Schlossgesinde.
Dann schlich er ihr nach, so gut es sein schwerer Bauch eben zuliess. Einmal drehte sie sich um, und er konnte sich gerade noch hinter einer schweren Eichentür verstecken. Er sah, wie Amaurinde in ihren Garten ging und dort mit geschlossenen Augen kauerte. „Was geniesst Du da, Teufelsfut?“, brummte er und robbte durchs mannshohe Gras. Das wollte er aus der Nähe sehen. Aber er war zu spät. Der Schlosskoch bekam gerade noch mit, wie Amaurinde aufstand, ihren Rock glattstrich und mit glühenden Wangen zurück ins Schloss ging. Der Koch robbte sich in Amaurindes Garten, zur Stelle, wo sie soeben noch gehockt hatte. Da sah er es! Er sah eine feine glänzende Spur, die Lavendel, Minze und Aniskraut überzog. Er klaubte sich den Basilikum aus den Nasenlöchern und schnupperte. Beinahe hätten ihn die Sinne wieder verlassen, aber es fehlte ja ein Kräutchen, ein gar seltenes.
Grimmig und wissend begab sich der Koch zurück ins Schloss und ertappte Amaurinde, die mit Unschuldsmiene ein paar Preiselbeeren aus einem Töpfchen klaubte.
Ab diesem Tag verlor der Schlosskoch das Bewusstsein nie mehr, egal wie sehr Amaurinde sich ihm näherte. Er behalf sich mit Basilikum in den Nasenlöchern, und er verwöhnte seinen heimlichen Lover, den König, indem er sich Lavendel, Minze und Aniskraut, fein destilliert, auf den Schwanz träufelte.
Das Geheimnis des vierten Kräutleins, des vierblättrigen Kleeblatts nämlich, das Amaurindes jungfräulichem Fötzchen verblüffend ähnlich sah, würde sie, Jahrzehnte später, mit sich ins Grab nehmen.
Koch, König, Königin, Amaurinde und das Schlossgesinde aber lebten fröhlich bis ans Ende ihrer Tage.
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