Die Schenkel der Podologin

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Die Schenkel der Podologin

Die Schenkel der Podologin

Anita Isiris

Schon als Rainer W. den schmalen Korridor betrat, das sanft gedimmte Licht wahrnahm und den Duft des frisch gelegten Kokosfaserteppichs wahrnahm, stellte sich bei ihm so etwas wie ein pawlow’scher Effekt ein: Er hatte sofort eine Erektion. Dabei kannte er Claudia K. kaum. Erst einmal war er bei ihr gewesen und hatte seine Füsse behandeln lassen – auf dringendes Anraten seiner Frau.
Rainer W. war keineswegs ungepflegt und für seine 54 Jahre sehr gut beieinander. Er hatte dunkles, gewelltes Haar, eine fein geschnittene Nase, grosse Hände, die zupacken konnten und gleichzeitig filigran wirkten, trug einen dunklen Sakko und hatte muskulöse Waden. Die Füsse, naja, waren vielleicht nicht ganz babyweich, sondern hatten an den Fersen eine Hornhautschicht, an der sich Rainer W.’ s Frau störte.
Beim ersten Besuch hatte sich Rainer W. nichts Besonderes gedacht. Er war Schulleiter, meist in Gedanken, und er hatte den Tag so geplant, dass er am frühen Morgen auf dem Arbeitsweg zur Podologin ging, um sich danach direkt in einen weiteren Management-Tag einzuklinken.
Claudia K. hatte ihn bei diesem ersten Besuch sehr herzlich empfangen, hatte ein geheimnisvoll-erfrischendes Lächeln auf den Lippen und einen offenen Blick, der direkt ins verlangende Männerherz zielte. Rainer K. hatte sich auf dem Behandlungsstuhl sofort entspannt und der jungen Frau sein Vertrauen geschenkt. Das Fussbad war angenehm warm gewesen und hatte ihn stimuliert. Nach den ersten, vermutlich ritualisierten, Kennenlernfragen hatte ein Wort das andere ergeben, und Rainer K. war sehr von Claudia K.’ s Offenheit überrascht gewesen. Von Männern war sie anscheinend immer enttäuscht worden, in ihren späten Zwanzigern bis dahin kinderlos geblieben, aber sie hatte diesen gewissen Schalk in den Augen, der verriet, dass ihr sexuelle Erfahrungen alles andere als fremd waren. Als sie sich für einen kurzen Moment bückte um das Fussbad in einen Ablauf zu schütten, der in den Boden eingelassen war, ruhten Rainer W.’ s Augen auf Claudias prallem kleinem Hintern, der vom frischen, weissen Baumwollstoff ihres Arbeitsanzugs überzogen wurde.
Dann drehte sich Claudia K. um und lächelte ihn an, so, als hätte sie seine Gedanken gelesen. «Lesen Sie?», fragte sie ihn unverwandt. Es entspannte sich ein interessanter Dialog zwischen «American Psycho», «das Teufelsloch» und «die 120 Tage von Sodom». Bücher, die Rainer W. nachhaltig beeindruckt hatten und anscheinend auch bei der Podologin auf Interesse gestossen waren. Es stellte sich heraus, dass sie Literatur liebte, bei der es heftig zu und her ging, dass sie es mochte, wenn Schriftsteller die düsteren Seiten ihrer Seelen ausloteten, ihre verborgenen Fantasien zu Papier brachten, und Claudia K. war eine, die die Platitüden von «Feuchtgebiete» oder «50 shades of grey» sofort durchschaute. «Reinen Kommerz» nannte sie das, «Küchenliteratur, die ich auch könnte, so ich denn wollte».
So hatte sie Rainer W. eine Brücke gebaut, die er augenblicklich betrat. «Sie… würden so schreiben wie Charlotte Roche?», erkundigte er sich bei der erstaunlich offenen jungen Frau. Dazu konnte er nicht anders als in ihren Ausschnitt zu schauen, den sie ihm zuwandte. Claudia K. hatte einen reizvollen Lockenkopf, volle Lippen und einen langen Hals, den sie mit einer zarten Goldkette geschmückt hatte. Unter dem Kasak trug sie ein blaues Top, das sich eng an die kleinen Brüste schmiegte. Rainer K. hätte ein Königreich dafür gegeben, die Brüste der Podologin sehen zu dürfen. Dazu bestand aber nicht einmal die geringste Chance – Claudia K. war zu sehr Profi, zu sehr eine Gesundheitsfachperson, die am Tag sicher ein Dutzend Männer von ihren Schwielen befreite – als dass sie sich auf eine direkte Frage «darf ich Deine Tittchen sehen?» eingelassen hätte. Doch, stellte sich Rainer W. vor, unter diesem Kasak, unter dem verdammten blauen Top, versteckten sich bestimmt dralle Traumbrüste, die er fürs Leben gern gekitzelt hätte.
Das Gespräch ging weiter, frei von jeder Moral, und Claudia K. erzählte ihm freimütig, welche Stelle in «American Psycho» sie am meisten schockiert hatte. «Die, bei der sich eine Ratte in die Möse zwängt.» «Möse». Sie redete freimütig von «Möse». Nicht etwa von «Loch» oder «Vagina», sondern von «Möse». Von einer heissen, geilen, anrüchigen Möse, die Ratten anlockte.
Rainer W. streckte seine Sexualantennen raus und wollte mehr in Erfahrung bringen. «Und was hat Sie an Charlotte Roches Hämorrhoiden gereizt?», fragte er unverwandt. «Die Offenheit, wie sie über nicht Benanntes und nicht Diskutiertes schreibt», war Claudia K.’ s Antwort.
Rainer W. hatte in der Zwischenzeit die Augen geschlossen, liess sich die Hornhaut wegfeilen und genoss den Klang von Claudia K.’s Stimme.
Wenn sie sich über ihn beugte, kam es für Sekundenbruchteile vor, dass ihre Brüste seine Zehen streiften. Sekundenbruchteile, die genügten, seine ohnehin schon vorhande Erektion zu verstärken. Was war diese Frau geil! Was Rainer W. anmachte, war ihre klinische Professionalität. Diese gewisse Kühle, die Claudia K. ausstrahlte. Und seine Vorstellung, dass sie sich, nackt auf einem breiten Bett, in ein heisses, kleines, geiles Weibchen verwandeln konnte. Eine Frau bestimmt, die beim Sex stöhnte. Oh, wie Rainer W. stöhnende Frauen liebte!
Als sie kurz aufstand und sich streckte («ich muss das manchmal tun, um mich zu entspannen, entschuldigen Sie bitte»), entdeckte Rainer W. Claudia K’s «camel toe». Die sich abzeichnenden Schamlippen unter der engen weissen Hose. Das war zu viel für ihn. Nur mit Mühe konnte er sich zurückhalten, die Hand auszustrecken und sie dort zu streicheln, wo ihre Beine zusammentrafen. Claudia K. entgingen Rainer W.’s Blicke, auf ihre Mitte gerichtet, nicht. «Ist etwas?», fragte sie schelmisch und setzte sich wieder hin.
«Es ist nur…», stammelte Rainer W. «Es ist nur der Stoff Ihrer Hose. Er fasziniert mich». Schon nur das formale «Sie» erregte ihn. Claudia K. erging es ähnlich. Sie war es sich gewohnt, dass Männer, deren Füsse sie behandelte, «aus der Seele» plauderten. Dass sie Intimes preisgaben. Dass sie sich entspannten. Dass sie verbal entgleisten, dann und wann. Dass sie mit «Schätzchen» angesprochen wurde.
Diese sublime Erotik, das Unterschwellige war auch der Reiz, der ihrem «Fuss-Beruf» innewohnte.
Und dann tat sie es. Sie tat es einfach. Claudia K. knöpfte langsam ihren Kasak auf. Das blaue Top kam zum Vorschein. Rainer W. stellte sofort fest, dass sie keinen BH trug. Dann stand die Welt still. Claudia K. zog sich ihr Top über den Kopf. Dralle, kleine Brüste mit hellen, steil aufgerichteten Nippeln. Während Rainer W. sich satt sah, nestelte Claudia K. wortlos am Reissverschluss ihrer engen Hose. Der reizvolle «camel toe». Der hellblaue Slip, den ihr Rainer W. am liebsten weggefetzt hätte. Dann, endlich, die sorgfältig gepflegte, glattrasierte Muschi.
Die nackten Schenkel der Podologin. Wundervolle, pralle, geschmeidige, mit zartem Flaum geschmückte Podologinnenschenkel. Von Claudia K.’s prallem kleinen Hintern ganz zu schweigen.
Rainer W. kam ins Schwelgen.
Selbstverständlich war nur die Fantasie mit Rainer W. durchgebrannt. Bleiben wir auf dem Boden der Realität. Eine Podologin zieht sich niemals vor ihren Klienten aus. N-i-e-m-a-l-s.
Aber die Gedanken sind frei, und Rainer K. wusste: Beim nächsten Besuch – beim nächsten Besuch würde es so weit sein!

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