Das Schimmelpilz-Sex-Genie

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Das Schimmelpilz-Sex-Genie

Das Schimmelpilz-Sex-Genie

Charles Haiku

Eine telepathisch veranlagte Rose stand, umgeben von Mondveilchen, in einer Blumenvase vor Maria auf dem Tisch. Diese streuten ihr Licht durch die langen dunkelblonden Locken, die sich über den Tisch beugten, um das mit einer grünen Flüssigkeit gefüllte Gefäß prüfen zu können. Ein in einem zeitlosen Schwarz gehaltener Totenkopf und die goldumrandete Aufschrift "Offizieller Lieferant der Rentenkasse" verliehen dem sauber bedruckten Etikett der Ampulle eine elegante Note. Maria nickte zufrieden und zog mit der grünen Lösung ihre Spritze auf. Am Kopfhörerkabel hangelte sich, "Omnia sol temperat" singend, der Solosopran empor und verhedderte sich in einer Haarsträhne, die dem grünen Engel ins Gesicht fiel. Entspannt richtete sich Maria unter dem Einfluss der Musik auf. Sie strich sich die Locke hinters Ohr, und die Rose blätterte neugierig in Marias Gedanken. " ... wieder viele heute, doch es dürfte ...", die Rose schlug eine andere Seite auf, " ... ich sollte noch im "Teufelseck" ..." Gleichgültig verwarf die Rose auch diese Stelle und suchte in Marias Bewusstsein, der Musik folgend, weiter. " ...Warum komponiert heute niemand mehr ..." Die Rose horchte interessiert auf. " ...mich wecken mit einer Melodie, nur für ..." Maria brach die Rose, die in ihrer inneren Welt zu blühen begann, ab und stellte sie in die Vase zurück. Kreischend bohrte sich die Nadel durch die Haut des Patienten und vergebens hielt sich die Rose ihre Ohren zu. Röchelnd kämpfte die ans Bett gefesselte Seele gegen die grüne Flut, bis ihr Wille zum Widerstand verebbte und sie selig ertrank. Die Rose raufte sich stumm ihre Blüte. Gepeinigt riß sie sich ein Blütenblatt heraus. Dann ein zweites, ein drittes. Im schrillen Rhythmus des Taktstockes, den Maria tödlich zu Orffs "Amor Volt andicke" schwang, sank Blatt um Blatt verwelkt zu Boden.
Der Krankenpfleger schob auf einer Bahre den gipsverpackten Paten in den Saal und legte ihn in das letzte freie Bett. Er klebte auf den zahnlos und blutig protestierenden Schlund des Paten ein Pflaster mit den Worten: "Äs is meine Aufgabe, hick, jede Wundä ßu värsorgn!" Der grüne Engel trat an das Bett des Paten. Der Krankenpfleger reichte ihr das Krankenblatt und sagte: "Hick, där is Pissabäcka. Där Dok... der Dok... hick, der Arsd meint, vollständich Vollinwalid oder er schdürbd noch in diese Nacht an änem Blud... hick, -gerinsäl." Maria setzte sich neben die eingegipste Gestalt und setzte die Nadel an. Der Krankenpfleger drehte sich um und ging in den OP zurück.
"Mmmh mmmmh.... Mmmh." Der Pate wälzte sich grunzend in seinem weißen Korsett hin und her. "Mmmh mmmmh.... Mmmh." Das hieß soviel wie: "Maria, ich bin der Pate und privatversichert. Mir steht ein Einzelzimmer zu! Diese besoffene Kreatur hat mich verwechselt. Ich bin nicht der Pizzabäcker." Es konnte natürlich auch bedeuten: "Maria, ich liebe dich. Was soll die Spritze mit dem grünen Zeug! Hilfe! Wo sind meine Knochenbrecher? Wofür bezahle ich euch? Maria! Nein!" Das, vielleicht auch etwas anderes, mochte der Sinn seines sinnlosen Gestammels sein.

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