Er konnte einfach nicht anders! Ferdinand mußte durch Schlüssellöcher sehen.
Als er vier Jahre alt war, und Weihnachten nahte, begann es. Seine Mutter schloß die Wohnzimmertüre zu. Dahinter sollte die Bescherung stattfinden. Drei Tage noch bis zum Fest. Geheimnisvolle Töne drangen aus der verschlossenen Stube. Ein Klingeln, ein Rascheln, ein verhaltenes Klopfen. "Mama," fragte er. "Was ist den in dem Zimmer?" Und seine Mutter antwortete ihm, daß da das Christkind und seine Engel das Fest vorbereiteten, und daß sie selbst nicht wüßte, was genau da drin geschähe. Aber Ferdinand war mit der Antwort nicht zufrieden. Wie magisch zog ihn das verbotene Zimmer an. Immer, wenn seine Mutter mit anderen Dingen beschäftigt war, schlich er hin zu der Türe und versuchte durch das Schlüsselloch etwas zu erkennen. Er preßte ein Auge an das Loch und guckte hinein. Er sah nur irgend etwas grünes. Es roch nach Tanne. Das mußte wohl der Baum sein. Aber Engel? Das Christkind? Das war gar nicht befriedigend.
Eines Abends, er war schon ins Bett gesteckt worden, konnte er nicht einschlafen. Er wartete, bis es still im Haus geworden war. Dann stand er auf und huschte hinab ins Parterre, wo das Wohnzimmer lag. Unter der Zimmertüre schimmerte Licht hervor. Leise verhalten hörte er etwas. Aber es war anders als tagsüber. Er hörte Stimmen. Jetzt! Jetzt waren da sicher die Engel und das Heilige Kind! Jetzt, würde er etwas sehen! Er preßte wieder sein Auge ans Loch und.... was er da sah! Er sah nackte Beine, gespreizt, schlank, die zuckten, lagen auf einem niederen Couchtisch. Dazwischen andere Beine, haarig, ein Hintern, der wie pumpend auf und ab wippte. Er hörte: schmatzende Laute, eine helle Stimme, die seufzte, eine dunklere, die stöhnte. Dann ein heftigeres Stoßen und Pumpen und ein höchst verwirrender Ton: Ein Ahhhh und ein Ooooi! Dann stille auf dem Tisch.
Zunächst war Ferdinand ganz erschrocken! Dann aber war da etwas, was ihn fesselte. Die beiden Personen lagen ein Weile ruhig da, dann begannen sie sich zu regen. Die äußeren Beine schlangen sich um das Gesäß in der Mitte. Hände, zarte, feingliedrige tauchten auf und streichelten den Po. Ganz sanft, so wie Mutter ihn mit liebevollem Streicheln über den Kopf fuhr. Diese Hände! Das waren doch.... Es waren ja Mutters Hände! Als Ferdinand das erkannte, da fuhr er zurück! Fühlte sich ertappt und schuldig. Rannte ganz schnell hinauf in sein Zimmer und legte sich klopfenden Herzens zurück in sein Bettchen. Aber er konnte nicht schlafen, immer wieder hörte und sah er das, was er durch das Schlüsselloch erspäht hatte. Auch die Hände sah er immer wieder. Es wurde ihm so warm dabei. Gegen Morgen schlief er erschöpft ein, und seine Eltern waren sehr erstaunt, am nächsten Tag ein ganz müdes Söhnchen zu haben, einen kleine Ferdi, der ganz still war und so nachdenklich dreinschaute. Einen ganzen Tag lang fragte er nicht nach den Vorgängen im Weihnachtszimmer. Als dann das Fest kam und die Türe aufgemacht wurde, war da wie jedes Jahr ein glitzernder und leuchtender Baum, die Geschenke darunter. Nichts, was an die geheimnisvollen Geschehnisse jener Nacht erinnert hätte.
Das Jahr verging und immer wieder träumte Ferdinand von den zuckenden Gliedern und dem Stöhnen und Seufzen, den kleinen Schreien, den streichelnden Händen. Aber dann war da ja auch so vieles andere, die Freunde auf dem Spielplatz, die Badeferien an der See im Sommer, der Kindergarten... Bis eine neue Adventszeit da war und kurz vor den Feiertagen jene Tür wieder zugesperrt wurde. Da erwachte in Ferdinand wieder der Drang, durch das Schlüsselloch zu blinzeln. Nun stand er jede Nacht auf und trapste leise hinunter zur Tür.... Grünes Nadelwerk. Der Tisch im fahlen Schein des Mondes, der durch ein Fenster drang. Stille. Keine zuckenden Beine. Kein wippender Po. Keine streichelnden Hände. Aber er wollte es doch noch einmal sehen! Genauer sehen! Das Geheimnis jenes Tuns ergründen. Erkennen, zu wem da nun diese Beine, Hintern und Hände gehörten. War das wirklich Mutti gewesen? Und die andere Gestalt, der Papa? Fragen konnte er nicht, er hatte ja Verbotenes getan.
Jedes Jahr um die Zeit der Weihnachtsvorbereitungen wiederholte sich Ferdinands Tun, aber nie wieder sah er ähn-liches im Zimmer geschehen. Aber im Laufe der Zeit merkte er, daß er nicht nur den Wunsch hatte, durch eben diese eine Türe zu spähen: Alle Türen, die ihm verschlossen waren, zogen ihn magisch an. Auch noch als er schon die Pubertät hinter sich gelassen hatte und längst aufgeklärt war. An allen Türen, die verriegelt waren, lockte ihn mit Macht das Schlüsselloch.
Er wurde Vertreter einer großen Elektonikfirma, arbeitete sehr oft auswärts und mußte die meiste Zeit seines Pri-vatlebens in fremden Städten in Hotels verbringen. So kam es, daß ihn eines Tages seine Tätigkeit nach Rotterdam führte. Sommer. Es war heiß. Nachts konnte er nicht schlafen, da die Klimaanlage defekt war. Als er so wach lag, schweiften seine Gedanken bis in seine Kindheit. Die zuckenden Glieder... Die Nacht war einsam, aber es nun schon zu spät, noch einmal das Hotel zu verlassen, um sich für die nächtlichen Stunden eine Frau zu suchen, die seinem erhitztem Körper und Geist Erleichterung verschaffen würde. Seine Hände fanden den Weg zu seinem Penis. Sie umfaßten den Schaft seines Gliedes und begannen langsam aber mit festem Griff auf und abzufahren. Er stellte sich vor, es seien liebkosende Hände wie die, die er im Weihnachtszimmer gesehen hatte. Er stellte sich vor, wie er zwi-schen schlanken Beinen knien würde, seinen Penis einführte, wo es heiß und saftig wäre. Ausgestreckt auf dem Bettlaken stieß mit seinem Unterleib in die Nachtluft, die warm war. Eine Hand massierte seine Hoden, die andere glitt rhythmisch hinauf bis zur Eichel und zurück. Auf und ab, auf und ab, bis er stöhnend kam und in entspannter aufs Leintuch sank. Da lag er nun. Hatte spritzen können. Aber irgendwie fühlte er sich wie ausgehöhlt. Er hätte Frauenhände spüren wollen, wirklich in eine Vagina kommen wollen. Dort hinein seinen Samen gegossen. Als er morgens erwachte, nahm er sich vor, sich für die nächste Nacht etwas zu suchen, das echte Befriedigung bringen sollte.
Der Tag war lang, die Verhandlungen anstrengend und dauerten bis in die Abendstunden. Anschließend mußte er noch mit den Kunden zum Essen gehen. In Erwartung eventueller gemeinsamer Nachtclubbesuche, wie es so oft stattfand, verließ er sich darauf, schon eine Frau für die Nacht zu finden. Sehr zu seiner Enttäuschung waren seine heutigen Partner aber treue Familienväter, die es heim zum Ehefrau und Kindern drängte. Er konnte sie nicht dazu bringen, mit ihm auf die Pirsch zu gehen. So zog er allein los. Aber er fand nur einen müden Club, in dem eine ziemlich ramponiert aussehende Tabledancerin eine lasche Nummer abzog. Ansonsten waren nur andere Männer da, die sich müde und schon frustriert aufs Trinken konzentrierten. Er zahlte und ging noch spazieren. Aber was da an den Ecken stand, konnte ihn nicht reizen. Alle käuflichen Frauen, die er traf, erschienen ihm entweder zu jung oder so abgeritten wie alte Mähren kurz vorm Gnadenbrot. Eine der Frauen sah so elend und traurig aus, daß er ihr hundert Mark in die Hand drückte, einfach so. Er bereute, daß er Rotterdam nicht besser kannte, und im falschen Viertel gesucht hatte. Aber nun war es schon fast Mitternacht, und er war es leid. Er nahm ein Taxi zu seinem Hotel. Morgen war auch noch ein Tag, und wenn gar nichts anderes half, mußten eben wieder einmal die Phantasie und die eigenen Hände herhalten, um ein wenig Druck ablassen zu können.
Auf dem Weg zu seinem Zimmer mußte er einen langen Gang durch laufen. Roter Teppichboden, der den Schritt seiner Füße dämpfte wie schwerer Samt. Aus machen Zimmern, die er passierte, drang leises Schnarchen. Dunkelheit hinter den Türen. Das Licht im Korridor war gedämpft. Gelb. Aber als er ungefähr auf der Mitte seines Weges war, sah er, daß ein weiterer Flur in den mündete, der er ihn zu seinem Domizil führte. Neugierig geworden, bog er in ihn ab. Es war nur ein kurzer Gang, der zu einer einzigen Tür am Ende wies. Unter der quoll Lichtschein hervor und sickerte in den roten Teppich. Ferdinand blieb stehen und lauschte. Leises Klingeln wie von einem gläsernen Mobile. Es erinnerte ihn an das feine Klimpern der Glaskugeln, als die Weihnachtsdekoration einst hinter der Türe aufgehängt wurde. "Ha!", lachte er still in sich hinein. "Da wird doch nicht wohl ein Engel..." - Es rann ihm in wohligen Schauern den Rücken hinab. Nun war er heiß gelaufen. Er näherte sich mit vorsichtigem aber bestimmtem Schritt. Die Tür hatte kein Nummernschild. Schlicht und blank lag ihre hölzerne Oberfläche vor ihm, aber unter einer bronzefarbenen Klinke lag es, das Schlüsselloch. Es leuchtet und war offen. Offen für ihn und seinen Blick. Ferdinand sank auf die Knie und preßte ein Auge auf die Öffnung.
Drinnen war es hell. Auf einem französischen Bett lag eine nackte Frau. Ebenmäßig und wohl proportioniert, eine Frau mit elfenbeinheller Haut und schlanken, langen Beinen. Die waren leicht geöffnet, hin zu einem dunklen Dreieck schwarz behaarter Scham. Darüber Brüste, weiß wie Milch. Honigmelonen kamen ihm in den Sinn. So, müssen die Titten von der Mondfrau aussehen!", dachte er in einem Anflug frivolen Humors. "Da zwischen möchte ich einmal kommen können." Die Frau schlief. Sanft hob sich ihre Brust und senkte sich wieder mit einem leise wispernden Atem. An der Decke hing ein Glasperlenspiel, das im sommerlichen Windhauch, der durch das Zimmer strich, mitschwang und die leisen kristallenen Töne von sich gab, die er ihm Flur vernommen hatte. Es war so warm in der Nacht, und sicher war ein Fenster geöffnet.
Ferdinand konnte den Blick nicht von der Frau wenden. Sie lag da - so schön und begehrenswert. Ihr Haar war lang und umgab ihren Kopf wie ein Fächer aus goldenem Flachs. Im Traum bewegte sie sich. Ihre Hand wanderte hin zu ihrem Venushügel und ein Finger fuhr langsam zwischen ihre Schamlippen, die sich ein wenig
weiter auftaten. "Rosenrotes Fruchtfleisch", murmelte Ferdinand sich zu. "Wie von einer reifen Erdbeere." Er mußte sich einfach selbst anfassen. Er öffnete seine Hose und holte seinen Penis heraus, der schon ganz steif und mächtig aufgerichtet war. "Ahhh!", dachte er. "Jetzt durch dieses Schlüsselloch schlüpfen können und in jenes dort, zwischen den Beinen mit meinem eigenen Schlüssel hineinfahren... das täte mir so gut."
In diesem Augenblick legte sich eine harte Hand auf seine Schulter und riß ihn empor. Vor ihm stand ein Mann, hühnenhaft groß. Er trug einen weißen Bart und einen purpurfarbenen Staubmantel. Sein Blick war streng und sein Griff schmerzhaft. Er umklammerte Ferdinands Hals mit aller Macht, bis er keine Luft mehr bekam. Als Ferdinand die Sinne schwanden, hörte er noch die dunkle Stimme des Fremden: "Himmel...!... Du sollst Dich doch nicht...." Alles weitere versank mit in der Ohnmacht, die ihn umgab.
Am Morgen erwachte er in seinem Hotelbett. Angezogen. Schuhe an den Füßen und ein beängstigendes Druckge-fühl in der Kehle. Als er sich so n
ch und nach wieder seiner selbst bewußt war, kam die Erinnerung an die Erlebnisse der Nacht zurück. Er rappelte sich mühselig hoch. Schmerzenden Knochen und stechendes Kopfweh plagten ihn. Sein Blick war verschwommen. Die Uhr neben seinem Bett machte ihn aber wieder glockenhell wach:
Es war bereits nach Mittag, und er hatte drei wichtige Termine am Morgen verpaßt. Er nahm all seinen Mumm zusammen und rang sich durch, in den Alltag zurückzukehren. Er nahm sein Handy und erfand nette Ausreden, ordnete seine geschäftlichen Belange neu, verdrängte, was ihn mit peinigenden Fragen in den Kopf kommen wollte. Dieser Tag endete an der Bar mit irgend einem Dr. H. aus Wien und einem halben Dutzend Wodka Martinis. Die Lust und die Neugier waren fürs erste ad acta gelegt. Morgen war Samstag, und er würde über das Wochenende in Rotterdam bleiben müssen, um sein Pensum doch noch zu schaffen.
Am Samstag schlief er lang und begab sich einigermaßen erholt zum Frühstücksbüffet. Der Essensaal war hell und mit gelben Blumen dekoriert. Es roch nach starkem Kaffee und frisch gebackenem Hefekuchen. Nur wenige Menschen waren noch anwesend. Eine alte Dame saß am Tisch neben ihm. Sie versuchte seine Aufmerksamkeit zu erlangen, um ein paar Worte zu wechseln. Sie sei schon zum fünften Male hier, und träfe ihre Schwester. Die hätte ihren 70. Geburtstag... blabla. Nettes, aber unverbindliches Lächeln von Ferdinand. "Schöne Zeit, auch!". Er stand auf, um sich vom Aufschnitt zu holen. Als er gerade von der Pastete auf seinen Teller lud, nahm er wahr, daß jemand neben ihm stand, und er wendete den Kopf in die Richtung. Was er zuerst sah, war ein ganzer Vorhang von blondem Haar. Hände die lang und zart waren, hielten eine Gabel und einen Teller. Darauf ein Stück Honigmelone, ein Schälchen Marmelade. Duft von Erdbeeren. Er sah in das Gesicht. Grüne Augen. Ein Mund: rot wie..... jenes Schlüsselloch zwischen den Beinen der nächtlichen Venus aus dem Zimmer...
Sie war es! Himmel, das war die Frau.
Ehe er begriff, daß sie es wirklich war, hatte sie sich schon umgedreht und... war weg. Er überblickte alle Tische und fand sie nirgends. Aber an der Garderobe sah er einen Staubmantel hängen. Purpurn.
Nun war er wieder gefangen von seiner Neugier. Er aß nicht einmal mehr. Er schüttete sich ein Tasse Kaffee in den Mund, und verbrannte sich dabei fast die Lippen. Die Dame am Nebentisch ließ er ungegrüßt links liegen und ging auf Jagd nach der geheimnisvollen Frau.
Zuerst suchte er sie in der Lobby. Fragte den Portier, ob er eine Frau dieser Beschreibung gesehen hätte oder kenne. Aber der konnte - oder wollte? - keine Auskunft geben. Also machte sich Ferdinand kurz entschlossen auf, und fuhr empor auf sein Stockwerk. Lief durch den Gang, bog zum kleinen Korridor ab und ging auf die Türe zu. Sein Puls raste. Er mußte sich zwingen, nicht zu allzu laut zu atmen. Er blickte sich um. Dieses Mal würde er vorsichtiger sein! Aber die Angst, die in seinen Kopf kroch wie eine Schlange, peitschte zugleich auch seine Abenteuerlust auf. "Man darf alles! Nur sich nicht erwischen lassen!", sagte immer sein Studienfreund Klaus. Und dann waren sie gemeinsam auf die Fitz gegangen. Klaus und er hatten etliche heiße Nudeln aufgegabelt und genossen und manches geile Nümmerchen geschoben. Erwischt wurden sie nie. Und immerhin! Also ran, ans Loch! Er ließ sich auf die Knie hinab und sah durch das Schlüsselloch.
Das Zimmer war nun taghell. Es war still darin. Vielleicht das Ticken einer Uhr? Nein, das war seine eigene am
Handgelenk. "Schade, niemand zu Hause." - Aber da hörte er ein Knarren. Eine Tür. Nein, nicht hinter him. Gott sein Dank! Im Zimmer. Es mußte ein weiterer Raum daran anschließen.
Da sah er sie. Sie war wieder nackt. Und ihre Haut war feucht. Die Haare klebten klatschnaß an ihrem Körper. Sie hatte ein Badetuch in den Händen, mußte aus der Dusch kommen. Sie stellte sich breitbeinig hin und ließ die Haare vornüber hängen, warf das Tuch darüber und frottierte sich ab. Dabei sah er, wie ihr schöner Busen zu tanzen begann. "Wonnige Glocken! Süßer nie...", flüsterte Ferdinand. Kurz darauf stockte ihm der Atem, denn er hörte wieder das Knarzen der Badezimmertüre, und eine große Gestalt kam von hinten auf die unbekannte Schöne zu. Diese hielt nur inne in ihrer Bewegung, ließ das Badetuch kurzer Hand vor sich auf den Boden gleiten. Da sah Ferdinand, wie zwei starke Männerhände mit großen Handflächen und dicken Fingern die Brüste der Frau von hinten umfaßten und an ihnen mit festem Griff zu spielen und zu kneten begannen. Die Frau begann zu jammern vor Lust. Ja, es mußte Lust sein, denn sei wehrte sich nicht. Im Gegenteil. Sie zog den Mann mit sich aufs Bett. Nun sah er ihren Po von Hinten. Die runden Apfelbacken. Die wenigen schwarzen Härchen um Ihren Anus konnte er sogar erkennen! "Nun tut sich das Schlüsselloch von der anderen Seite her auf", ein kurzer Gedanke. Schon kniete sich der Mann zwischen den Schenkeln. Und Ferdinand sah mit Erschrecken, daß er den Mann kannte. Es war der Hüne, der ihn in der vorletzten Nacht von hinten überfallen hatte. "Und sie nimmt er von hinten.", kam es ihm in den Sinn.
Der Hüne spreizte die Beine der Frau noch ein wenig. Mit seinen derben Händen hielt er den Eingang offen. Er inspizierte sie richtiggehend mit geilen, kundigen Handgriffen. Ein Löwe, der erst mit dem Lamm spielt. Ein Geselle, der das Werkstück gut vorbereitet, ehe er sein Gerät ein meisterlich einsetzt. Der Schlosser, der den großen Schüssel anpaßt. Und Ferdinand mußte daran denken, daß das ein wenig an seine eigenen Blicke durch das Schlüsselloch der Türe hier erinnerte. "Der Typ, der sieht ja auch wie in eine Schlüsselloch hinein." Aber der Fremde war schon ein Stück weiter. Ferdinand sah, wie jener einen dicken, pilzähnlich geformten Schwanz ausgefahren hatte wie ein Raubtier im Zoo. Er spielte mit der einen Hand an der glutrot aufgeheizten Vagina der Frau. Mit der anderen brachte er seinen Penis in Stellung und... bohrte ihn mit kraftvolle Wucht mitten in ihre nasse Scheide. Was Ferdinand nun von jenseits der Tür mit erlebte, war jenes gute alte Wippen, Stoßen, Aufbäumen, jenes Stöhnen, Seufzen, Rappeln und dann.... eine Ewigkeit später ein tiefes Keuchen aus der Kehle des Riesen und ein schnelles jähes Aufschreien von ihr.
Der Mann zog sich von ihr zurück. Ordnete sein Glied. Die Beine der Frau zuckten. Von ihrer Scham tropfte hell die Feuchte der Frau. Glitzernd. Dann sank sie vornüber auf die Kissen. Blieb einen Moment erschöpft liegen. Der Mann sah ihr zu. Sie drehte sich um. Und Ferdinand sah sie lächeln. Sie lächelte den Mann an. Sie sagte: "Nikolaus!" Nicht mehr. Einfach seinen Namen. Da ging der Mann auf sie zu und setzte sich an den Bettrand.
Er streichelte ihr übers Haar. "Engelchen!", murmelte er. "Du mußt für mich aber wieder los. Wir brauchen das Geld." - "Nikolaus, muß ich denn? Ich kann das nicht mehr tun." - "Du mußt." Wie gebannt stierte Ferdinand weiter durch das Schlüsselloch und die Knie taten ihm schon weh. Aber nun war er so im Geschehen, als wäre er direkt im Zimmer mit dabei. Was war es, was die Frau tun mußte? Er ahnte es. Da hörte er sie sagen, ein ganzes Stück weniger liebevoll, eher verzweifelt: "Klaus, ich kann's auch nicht einmal mehr für Dich tun. Nicht für Dich und nicht für uns beide. Ich will nicht mehr." - "Dann", erwiderte Klaus, "gibt es uns nicht mehr." - "Ich habe keine Kraft mehr, mich für andere auszuziehen und mich anstarren zu lassen. Du, Du allein sollst mich wollen und haben!" Da stand der Große schweigend auf und verschwand für einen Moment. Er kam bekleidet wieder. Er trug einen purpurfarbenen Staubmantel. Sein Bart war weiß. "So sprich doch zu mir!", flehte sie. "Geh doch nicht einfach so fort!" Seine Stimme war heißer und dunkel, als er antwortete: "Ich gehe ja auch nicht einfach so. Zuerst noch..." Und als er das sagte, schwang sich auf das Bett mit einem Satz, kniete sich über die Frau und begann sie zu würgen. Sie zappelte in Todesnot und ihre Beine zuckten wie wild.
Ferdinand kannte kein Halten mehr. Er sprang auf, ergriff vehement die Klinke, erkannte, daß die Türe unverschlossen war und riß sie auf. Er rannte hin zur Bettstatt wie der Blitz und riß den Fremden an den Schultern. Unter dem röchelte leise die schöne Frau im Sterben. Und der Mann ließ ab von ihr.
Er schüttelte auch Ferdinand - ab, wie ein lästiges kleines Vieh. Ferdinand flog nach hinten und landete auf dem Boden. Über ihm baute sich der Riese auf. Wütend. Wie ein Stier. Gefährlich wie eine Feuerwalze stand er über ihm und sah ihm mit brennenden Blicken geradewegs in die Augen.
"Ich hab Dir gesagt!," sprach der Mann, "daß Du Dich nicht erwischen lassen darfst!"
Und da sah Ferdinand den Fremden das erste Mal wirklich an und erkannte ihn. Erkannte ihn zu spät.
"Klaus!", entfuhr es ihm. Das war ja Klaus, sein alter Kommilitone Klaus. Aber kein Freund mehr.
"Ich hab Dich letzthin verschont, aber jetzt bist Du dran. Du bist erwischt worden, und Du hast mich erwischt."
Als am nächsten Morgen die Zimmermädchen die Hotelzimmer aufräumten, fanden sie im Zimmer von Ferdinand F. zwei Leichen. Die einer Frau mit langen blonden Haaren und Ferdinand F., der tot in der Badewanne lag, neben ihm im Wasser ein elektrischer Föhn. Der Hoteldetektiv, der mit im Hause wohnte, rief die Polizei. Alle Ermittlungen liefen auf eines hinaus: Der Elektronikvertreter, Ferdinand F., hatte sich Miranda Z., Prostituierte aus dem Hafenviertel mit aufs Zimmer genommen und war aus irgendeinem Grund ausgeflippt. Hatte wohl im Liebestaumel oder aus schierer Perversität die Liebesdienerin erwürgt. Im Anschluß nahm er sich das Leben. Welch eine Tragödie. Aber die Presse berichtet darüber schon so oft. Grausame Welt, verrückte Menschheit.
In seinem Zimmer auf der gleichen Etage des Hotels bezog Hausdetektiv und Rausschmeißer Nikolaus W. sein Bett neu. Er hatte einen großen blauen Plastiksack in der Ecke stehen. Darin waren schon eine Bürst, in der lange goldne Haare steckten, ein Badetuch, das fern nach Honig und Melonen roch, ein Glas mit Lippenstiftspuren. In den Sack hinein stopfte er nun auch noch das Bettzeug. Als er das Zimmer verließ und absperrte, schwor er sich, einen Raum wie diesen nie wieder unabgeschlossen zu halten und immer von innen etwas vor das Schlüsselloch zu hängen, da-mit kein Auge und kein Mensch mehr unerlaubt eindringen könnte. Er fuhr mit dem Aufzug hinab, ging einfach, als wäre alles wie immer, freundlich lächelnd am Empfang vorbei, zwinkerte der alten Dame, die im Sessel neben Ein-gang saß, lustig zu. Mit dem blauen Sack über der Schulter verließ er das Haus. Er wurde noch einmal am Hafen ge-sehen. Er trank im Club "Das enge Loch" noch einen Drink und sprach mit einigen der Frauen. Danach war er weg und wurde vergessen.
Aber es gibt noch so viele Städte, Rotlichtviertel, Frauen, die einem hünenhaften Kerl hörig werden, Zimmer, die man abschließen kann, Schlüssellöcher ohne Durchblick, Türen, die zu bleiben. Taten, die niemand aufdeckt.
Täter, die nie erwischt werden. Klaus, der mit den Lämmern spielt, wie er will.
Schlüssellöcher
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