Ich war sehr froh, dass mit Jill soweit alles wieder im Lot war und auch die Zickereien zwischen Jill und Linda wurden weniger, wobei ich der Fairness halber erwähnen sollte, dass die kleinen Spitzen und Gemeingeiten meistens von Jill ausgegangen waren. Ich, wir, hatten eben eine heftig liebende Frau verletzt mit unsrem Ausrutscher. Jedenfalls begann das ganze Team wieder besser zu harmonisieren. Wir verbrachten die Tage mit dem durchkämen verschiedener in der Landschaft weitverstreuter Farm-Gebäude oder kleinen Siedlungen. Sehr routiniert sicherten wir uns gegenseitig wenn wir ein Gebäude betraten und wir hatten auch ein paar Techniken entwickeln wie man vorher rausbekam ob Donalds im Gebäude sein würden. Wirkliche brenzlige Situationen haben wir daher selten erlebt. Die Gegend in der wir umherstreiften war auch schon vor der Apokalypse dünn besiedelt gewesen, daher hatten wir es auch nicht mit Unmengen von Donalds zu tun.
Trafen wir an anderen Stellen auf noch hier lebende Menschen handelten wir mit Ihnen. Dankbar schauten sie sich unser Sortiment an und tauschten meistens gegen von ihnen angebaute bzw. erzeugte Lebensmittel, Eier, Kartoffeln, auch mal ein Huhn oder selbstgeräucherte Würste. Wohl dem der sich in diesen Zeiten zu helfen wusste.
Wenn meine Frauen die anderen Frauen ablenkten und ihnen etwas frauenspezifisches wie Tampons oder ein paar schöne Schlüppies anboten, kam meine große Stunde! Dann lockte ich die Herren in eine uneinsehbare Ecke und bot ihnen ein paar schöne Hefte mit Dänischen Western an, die auch nicht selten gerne „gekauft“ wurden. Wo sollten sie hier im Mittleren Westen auch sonst Hefte bekommen mit Abbildungen von Frauen, die so arm waren dass sie nichts anzuziehen hatten. In Tankstellen gab es die schon lange nicht mehr, es gab ja nicht mal mehr Tankstellen!
So tingelten wir also durch die Provinz und hatten Davidson und die texanische Grenze schon eine Weile hinter uns gelassen, als etwas wirklich Schreckliches passierte, etwas das alles verändern sollte.
Wie immer hatten wir uns abends einen geeigneten Lagerplatz gesucht, weitab der Durchgangsstraßen. Das war sinnvoll um vor Outlaws sicher zu sein. Auch die waren nachts nicht unterwegs, aber man wusste nie!
Der heutige Platz war gut, mit Wasser in der Nähe und das Terrain so übersichtlich, dass wir sich annähernde Donalds frühzeitig bemerken würden. Natürlich hielten wir dennoch in 4 Stunden-Schichten Wache. Es war einfach zu riskant wenn alle zugleich schliefen. Aber nun zu viert konnten wir es ja erträglich gestalten, denn eine Nacht waren Jill und ich dran, die nächste Nacht Linda und Ellen. Diese Nacht schien eine Nacht wie jede andere zu werden. Jill übernahm die erste Wache und wir anderen fielen schnell in den Schlaf. Nur jede zweite Nacht durchschlafen zu können forderte von unseren Körpern seinen Tribut.
Es hatte viel zu lange gedauert, bis ich realisierte das die Schreie und Schüsse, die Rufe nach mir, nicht Teil meines Traumes waren. Der Überfall durch eine Herde Donalds hatte mich in einer absoluten Tiefschlafphase überrascht.
Während ich mich noch benommen aus meinem Schlafsack schälte und nach meinen Waffen griff, hatten Ellen und Linda schon ihr Abteil im Zelt geöffnet und stürmten mit schussbereiter Pistole aus dem Zelt. Ellen voran. Dabei war sie einem Donald, der vor dem Zelt herumtorkelte, direkt in die Arme gelaufen. Sie hatte keine Chance!
Er hatte sich in ihrer Halsschlagader verbissen. Als Linda ihm die fauligen Reste seines Schädels wegschoss, spritzte Ellens Blut schon in Massen. Linda brach neben ihrer zu Boden gehenden Schwester zusammen. Erfolglos versuchte sie die Wunde abzudrücken, die heftige Blutung zu stoppen. Ich hielt mich nicht lange bei den Beiden auf, denn ich wusste, dass hier sowieso nichts mehr zu retten war.
Ich konzentrierte mich lieber darauf uns anderen zu retten. Neben dem Zelt versuchten zwei weitere Donalds nun auch Linda zu töten und auszuweiden. Mein Colt sorgte für klare Verhältnisse. Ekelhaft! Das einem aber auch jedes Mal irgendwelche fauligen Reste um die Ohren fliegen mussten, während man die Figuren im Nahkampf erledigte!
Nachdem diese unmittelbare Gefahr gebannt war, versuchte ich im Dunkeln auszumachen wo Jill war. Sie war ein ganzes Stück vom Lagerfeuer abgedrängt und von einer größeren Gruppe eingekreist worden. Zwar hatte sie schon ein halbes Dutzend von den Kreaturen erledigt, aber etwa die gleiche Anzahl hatte sie jetzt umringt und kam immer näher. Sie wechselte gerade das Magazin und dieser wehrlose Moment wäre ihr ohne meine Hilfe vermutlich zum Verhängnis geworden. Ich schoss den mir nächststehenden zwei Zombies von hinten in den Kopf und schaffte damit eine Lücke durch die Jill entweichen konnte. Als sie neben mir stand und ein frisches Magazin in der Pistole hatte, war der Rest ein Kinderspiel. Rücken an Rücken gaben wir noch eine Reihe Schüsse auf die aus der Dunkelheit aus allen Richtungen auf uns zu torkelnden Untoten ab, die Folge waren eine Reihe weiterer platzender Köpfe. Es war als ob man in überreife Wassermelonen schießt. Dann herrschte Ruhe.
Die Stille wurde nur durchbrochen durch die Weinkrämpfe von Linda. Sie kniete neben ihrer sterbenden Schwester. Sie hatte die Blutungen natürlich nicht stoppen können, aber selbst wenn es ihr gelungen wäre, wäre Ellen sicher an den folgenden medizinischen Komplikationen gestorben. Als wir bei Linda ankamen, hatte Ellen schon das Bewusstsein verloren. Wenige Minuten später starb sie in den Armen ihrer Schwester. Wir ließen Linda eine Weile bei ihrer toten Schwester. Aber ich schaute immer wieder auf die Uhr. Ich wusste das Ellen sich binnen kurzer Zeit verwandeln und rast- und ruhelos durch die Gegend ziehen würde, bis sie endlich Erlösung finden würde. Und bei manchen dauerte die Verwandlung nicht lange. Ich hatte schon erlebt, dass Tote nach 20 Minuten die Augen wieder aufschlugen und einen mit ihren grässlichen weißen verdrehten Augäpfeln anschauten. Dann dauerte es nur noch wenige Minuten bis sie auf den Beinen waren und nach Beute suchten.
Auch Jill weinte jetzt und drängte sich zitternd an mich. Nach etwa 15 Minuten ging ich zu Linda. „Du weißt, was ich jetzt tun muss!“
„Nein, bitte, noch einen Moment.“ Ich machte Jill ein Zeichen, dass sie Linda von ihrer toten Schwester wegziehen sollte.
„Glaub mir, die Verwandlung möchtest du nicht sehen. Du willst deine Schwester so in Erinnerung behalten wie sie war.“
Während Jill Linda von hinten sanft umfasste und festhielt nahm ich Ellen auf meine Arme und ging mit ihr etwa 20 Meter in die Dunkelheit. Mit einem auf die Stirn aufgesetzten Schuss ersparte ich ihr das Schicksal eines Donalds. Dann holte ich aus dem Lager eine Decke in die ich sie einwickelte und zum Lager zurücktrug. Dort legte ich sie vorsichtig ab, nahm die immer noch heftig schluchzende Linda in den Arm und sagte: „Morgen früh werden wir deine Schwester beerdigen.“
In aller Frühe, der Bodennebel hatte die Sichtweite unter 10 m fallen lassen, hob ich in dem taudurchfeuchteten Boden neben unserem Zelt eine ausreichend große Grube aus. Als beide Mädels soweit waren, legte ich Ellen hinein. Dann sprachen wir das Vaterunser und ich schaufelte das Grab wieder zu. In der Umgebung suchte ich schwere Steine und deckte damit das Grab ab, denn ich wollte nicht, dass Tiere oder Donalds die Tote wieder ausbuddelten. Ich würde später auch noch ein kleines Kreuz bauen und aufstellen.
Jetzt, am Tag, schien mir Linda gefasster zu sein als Jill und ich sollte auch bald erfahren warum. Linda ging Wasser an dem nahgelegenen Bach holen. Da das Gelände bretteben und gut einsehbar war, drohte dabei keine Gefahr. Sie konnte alleine gehen.
Kaum war sie außer Hörweite brach Jill schluchzend zusammen: „Ich … ich … bin Schuld ... Ich bin eingeschlafen.“
Ich nahm sie in den Arm. „Sch ... Sch ... Sch ... beruhige dich Kleines. Ich bin bei dir.“ Ich hatte mir das schon gedacht, denn anders war es nicht zu erklären, dass eine Herde von so vielen Donalds – 18 hatten wir heute Morgen gezählt – plötzlich überraschend im Lager standen. „Es ist passiert, deine Selbstanklage macht Ellen nicht wieder lebendig. Behalte das bitte für Dich. Mache es Linda nicht noch schwerer als es schon ist.“
Sie hielt sich daran, aber ich sah, dass es gewaltig an ihr nagte!
Da wir keine Lust hatten die Überreste von 18 zum zweiten Mal Verstorbenen zu beerdigen, gaben wir lieber unseren Lagerplatz auf und zogen weiter.
Sühne
Über diese Nacht in der sich alles änderte sprachen wir in den nächsten Tagen nicht mehr, bis zu jenem Abend ein paar Tage später. Linda saß am Lagerfeuer und hielt Wache. Jill weckte mich, nach dem ich gerade eingeschlafen war. „Ich kann nicht schlafen!“ flüsterte sie.
„Ja, das merke ich,“ entgegnete ich leicht genervt und ebenso leise, „und was soll ich machen, dich bewusstlos schlagen?“
„Ich habe nachgedacht…“
Oha, ich war gespannt. Was kam jetzt? Wenn Frauen ein Gespräch schon so eröffnen.
„Linda hat jetzt keine Familie mehr, ... und … und ... ich habe die Schuld daran ...“
“Jill, …“, fiel ich ihr ins Wort, wollte diese Selbstanklage unterbinden.
„Lass mich aussprechen! Ich habe Schuld und das macht mich fertig. Ich würde mich besser fühlen, wenn wir jetzt ihre Familie wären…“
„Wie jetzt, Familie?“, ich war verwirrt.
„Na, so mit allem halt. Du und ich und Linda.“
Im Schein der Gaslampe sah ich, dass sie mich mit ihren großen Kulleraugen anguckte. Meine Güte! Die meinte das Ernst! … Diese Entwicklung überraschte mich total. Innerlich rührten sich natürlich sofort meine niedersten Instinkte: ‚Geil! Sag Jaaaa!‘
Äußerlich gab ich mich zugeknöpft: „Ich weiß nicht … ob das eine gute Idee ist? …, lass mich eine Nacht drüber schlafen, dann sehen wir weiter.“ Damit drehte ich mich auf die Seite. Das Gespräch war beendet. Meine Gedanken fuhren noch lange Karussell, bis ich endlich einschlief.
Das erste was ich morgens sah, als ich die Augen aufschlug war Jill, die sich über mich beugte.
„Und?“ Erwartungsvoll schaute sich mich mit ihren großen braunen Augen an, wie ein angefahrenes Reh.
„Was und? … Ach das… Wenn du das so willst, …. versuchen wir‘s Hase.“
„Danke“, sie küsste mich bestimmt 10 Mal auf Mund, Nase, Stirn, einfach überall hin. „Ich spreche nachher mit Linda.“
Schuld und Sühne
Nach dem großen Sterben – Teil 15
44 11-18 Minuten 0 Kommentare
Zugriffe gesamt: 4683
Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.