Quasi als Träger des goldenen Bahnsteigknigge höre ich sie immer schon weitem: klickerdi-klackerdi-klack-klick-klack-klick-klicker-klack. Ein paar Schritte vor, die Fahrplanaushänge suchend. Leicht lächelnd den Blick in die Ferne schweifend, ein paar Schritte zurück: klick-klack-klicker-klack. Sie bleibt stehen. Die schwarz umrandete Brille wie das Klischee aus jedem Strumpfhosenfetischcartoon auf die Nase rutschen lassen. Über den Rand hinweg mustert sie.
„Eine Zigarette - eine Zigarette - eine Zigarette!“, denkt sie.
„Feuer - Feuer - Feuer!“, denkt sie: klick-klack-klick-klack. Auf Pumps vollzieht sie eine Halse, in Höhe der Waden überkreuz, Kostüm stramm gezurrt, elegant am Rock entlang gestrichen: klick-klick. Standposition kurzer Hand korrigiert. Schmollwinkel, die kleine Melancholie - kein Strichlippenabschluss.
„Der Mund - der Schlund - der Mund - der Schlund!“, denke ich. Dieses Ende des Bahnsteigs ist leer wie immer um diese Zeit. Am anderen Ende bereiten Jugendliche einen organisierten Faustkampf vor. Es wird ein Kreis gebildet. Die Sekundanten nehmen beiden Kämpfern Schultaschen und Jacken ab. Die Mädchen im Kreis feilen ihre Fingernägel oder rufen laut den Namen ihres Favoriten, dabei auf den Schultern von Knaben thronend:
Klick. Ein kurzer Blick von ihr zu der Szene im Hintergrund, welche beinahe verwischt. Sie wendet sich ab, desinteressiert, ablehnend, sensibel.
„Schnell - schnell - schnell - schnell - keine Zeit - keine Zeit - keine Zeit!“, denke ich. Ich schaue auf Hüften und Taille. Auf die Stelle, an der kurz die Hand eines guten Freundes ruht. Eine kleine Aufmerksamkeit sozusagen. Mann berührt Mann an der Schulter, Frau dort, nicht tiefer, nicht höher - ganz diskret aber eindeutig. So wie Ärzte ihre MTA’s berühren - mit der Bemerkung: „Darf ich mal durch? Danke!“ Je nach Art der Kombination aus Hüft - Taillenberührung und Betonung des: „Darf ich mal durch? Danke!“, besteht zwischen MTA und Arzt eine intime Beziehung oder nicht.
Der eine der beiden jugendlichen Gladiatoren ist ein geistig hoch trainierter Mathematiker mit Messerschnittfrisur und einem elektronischen Planer ausgestattet, welcher ihm mit Sicherheit helfen soll seinem Gegner strategisch den Garaus zu machen. Sein Gegenüber ist ein schmieriger Straßenbube aus dem Viertel der Currywurstexperten. Hochgepeppt hat dieser sich weniger mit Mathematik, alsdann mittels eines Boxstudios und im Angesicht der Anfeuerungsrufe seiner Fangemeinde: hopp - hopp - hopp!“ Während der eine mit seinen Beratern noch einmal seine Vorgehensweise bespricht, übt der andere auf der Stelle hüpfend Luftschläge. Die Stimmen der jungen Menschen werden lauter.
Ihre schmerzverzerrte Sehnsucht über den Schmolllippen spiegelt sich zunehmend in grünen Augen, diese scheinen dem grau des Winters wie strahlende Seen trotzen zu wollen. Ihre dunkelblaue Uniform aus der sie als Gefährtin der Straße zu platzen scheint, in der sie sich gefangen fühlt also, glänzt oberhalb ihrer schwarzen, transparenten Strümpfe.
Ich gehe auf sie zu und sage: „Ich bin Arzt, fehlt ihnen was - kann ich helfen?“ Sie heißt Helene, fühlt sich verspannt und gar nicht so locker wie sie gerne möchte. Das erfahre ich - der Jonathan - sofort von ihr.
Mit einem Schlag versetzt der schmierige Bube den Mathematiker ins Koma. Ein paar Fans des Geschlagenen fliehen in Panik, da sie eine ausgewachsene Schlägerei befürchten, andere greifen zu ihren Handys um einen Rettungswagen zu alarmieren. Der Sieger lässt sich feiern, während er die Sekundanten des Mathematikers verprügelt.
Helene lässt ihr Jacke zu Boden sinken, gleitet etwas in die Knie und öffnet ihre Bluse bis zum Bauch. Ich massiere ihre arg verspannten Schultern. Hügellandschaften quellen leicht gebräunt nach vorne, während ich über ihrer Schulterwaage nach unten sehe und als sie etwas Probleme beim Handhaben hat, bin ich ihr gleichzeitig behilflich den Reißverschluss ihres Rockes zu öffnen.
„Ist dir warm?“, flüstert sie. Das kann ich nicht gerade behaupten, während ich mit meiner Behandlung fortfahre und stark angestrengt nach einer Diagnose Ausschau halte. Das ist auch insofern sehr schwierig, denn ich bin gar kein Arzt. Obwohl es also eher immer kühler wird, trotzdem Helenes Körper sich mit meinem geradezu Haut auf Haut andockend vereinigt, entschließe ich mich fortwährend Ballast abzuwerfen. Das macht sportlichere Bewegungen und lässt mir die Möglichkeit die freiwillig frei gegebenen Körperzonen Helenes noch vor Ankunft eines Nahverkehrszuges therapeutisch zu besuchen.
Polizei und Rettungskräfte treiben die tumultartig verhakte Menge am anderen Ende des Bahnsteigs auseinander, während Helene und ich nackt und bloß mal auf dem Pflaster liegend, mal stehend an der Haltestellenanzeige agierend Wölkchen vor dem Mund in die kalte Luft aushauchen. Als der Zug kommt sind wir freilich wieder fast ordentlich bekleidet und alle Jugendlichen festgenommen. Wir suchen den Zug auf mit dem Ziel ein einsames Abteil zu finden um dort weiterzumachen.
Nahverkehrszugprobleme
Schon oft stellte meine Freundin Käthe folgendes fest: Diese modernen Züge ohne rechte Abteilkultur haben eine intimfeindliche Transparenz. Sie kennt diese Strecke und so ist mir etwas mulmig, als ich mit Helene den Zug besteige, bzw. ihr beim Einstieg behilflich bin, schließlich muss ich von mir selbst annehmen, dass ich weiß, was sich gehört. Nicht auszudenken, wenn mir jetzt Käthe begegnen würde und aus den grünen Augen Helenes und den meinigen das spräche, was zu vermuten ist. Helene tippelt hochhackig durch die glasigen Ausweichecken, die jedem der Unziemliches annimmt vollen Einblick gewähren. Ich zögere ein wenig meiner Eroberung mit der bislang an den Tag gelegten Gier zu folgen.
„Reiß dich zusammen Jonathan!“, sage ich zu mir. Sie soll schließlich nichts von meinem inneren Kampf bemerken. Sie ist die Vorlage noch nicht entschwundener einfacher Männerträume, die leicht handhabbar umzusetzen sind. Ihre aus der Ruhe gebrachte, nun wieder angelegte Kleidung ist so zu positionieren, dass mit der Geschwindigkeit des Zuges auch die Geschwindigkeit des Sexes einhergeht. Sie ist eine Frau die keine Unterwäsche trägt, wenn es drauf ankommt. So ein Reißverschluss ist schnell geöffnet, eine Bluse flugs nicht mehr an ihrem alten Platz.
Käthe wird doch nicht? Andererseits, was hätte sie dagegen, wenn ich mit einer Dame, die an und für sich doch gar nichts billiges an sich hat ein Gespräch führe und mir durch ihr Gegenüber gewisse Anregungen für die Beziehung hole. Die bisherige kurze Fleischlichkeit?: Schwamm drüber. Feucht und kalt und mitten ins Gesicht. Dennoch wollte ich nicht um jeden Preis auffallen, dem Schaffner nicht und auch nicht der Sittenpolizei und von unauffällig angebrachten Überwachungskameras hat mensch viel gehört. Keine guten Zeiten für Menschen die sich spontan in die Klamotten gehen.
Als wir endlich so einen halb offenen Sitzfünfer finden, fordert mich Helene mit gefährlich rauchiger Stimme auf, doch Jacke, Pullover und so abzulegen, mir es also gemütlich zu machen und zu entspannen. Also sieht Frau es mir an. Das ist nicht gut. Schneller als erwartet habe ich meine Hand wieder an ihrem Rockreißverschluss, aber nur weil Helene sie dahin geführt hat, ich schwöre. Prächtig prächtig, was sich mir unter dem Reißverschluss bietet. Und der Reißverschluss ist natürlich hinten, muss ich dazu sagen. Das einfallende Seitenlicht vom Zugfenster ins Dunkel des Wagens hinein, dieser harte Schatten und diese weiche Haut auf der sie normalerweise Platz nimmt und wie gesagt ohne Unterwäsche, dass hat schon was. Und diese beiden Halbmonde, um das auch mal erfrischend offen zu sagen: nicht zu groß und nicht so klein für meinen engumschlungenen mikrokosmischen Geschmack. Das lässt dann leider oder wie auch immer diese Bedenken, die ein vorsichtiger Mensch hat verfliegen. So ist es dann auch im Verlauf der Szene, welche mich immer mehr entzückt und überzeugt.
Die Argumente sind wieder einmal ausgetauscht. Helene legt ihre Brille ab, ihr Putz ist noch sehr hübsch, aber bereits verwüstet. Ihre Lippen sind seelsorgerisch warm und ich erkenne in der spiegelnden Scheibe, dass ich auch dementsprechend aussehe. In schweinchenrosa durchgebusselt. Aber die Klebe riecht gut, wie die ganze Frau. Wir kommen also zum Zug.
Ich verzögere nicht mein Tun, komme aber schon seit Minuten mit dem Denken nicht mehr mit. Das Leben holt einen manchmal halt ein. Ich hätte auch gerade jetzt keine gute Erklärung für meine Käthe parat. Das gebe ich unumwunden zu. Ich hätte sie genau betrachtet für niemanden parat.
„Was habe ich also am entblößten Hinterteil dieser freundlichen jungen Dame a: zu schaffen und b: zu rechtfertigen?“ Da geht einem der Latz auf vor Verwirrung. Da entsteht eine eigene Küche für eine neue Alltagspsychologe. Zu beichten: „es ist einfach über mich gekommen - also die nette Dame ist über mich gekommen“, hat selbst für mich einen Grad der Peinlichkeit, den ich mir gerne ersparen will.
Bevor ich einen Teil dieser Überlegungen wieder einsammeln kann und Helenes stramme Oberweite vor meinem offen staunenden Mund links und rechts in rhythmischer Abwechslung auf und nieder hüpft, bin ich auch schon des zornigen Blickes eines Bahnbeamten fragwürdigster Sorte ausgesetzt. Ich mag nicht, wenn ich so böse angesehen werde von einer Mützenautorität, noch dazu in einer Situation für die ich meines Wissens nur bedingt etwas kann.
Wir haben nun wirklich noch etwas Fahrtweg vor uns und haben uns scheinbar auch versprochen uns mal wieder voneinander leiblich zu trennen. Den grollenden Moralwächter interessiert das nicht. Wir fliegen also bei der nächsten Station raus. Der Beamte ergreift uns wie eine Katzenmutter ihr Junges und setzt uns in einer vereinsamten Gegend aus. Mürrisch wandern wir über Schotter mit zerknautschtem Zwirn und staubigen Schuhen. Wir bestellen zwei Taxis. Wir müssen voneinander gehen, uns entgleiten und nach Hause. Wir tun uns keinen Gefallen mehr. Als mein Taxi anfährt glaube ich Helene nie wiederzusehen.
Wie ich Birgitta kennen lerne
Die Schwierigkeit eine Art Reflex bei Käthe zu beichten, liegt zu einem Teil sicher an dem Männerproblem auf die eigenen Seitensprünge zurück zu kommen, zum anderen Teil an Käthe. In meiner baldigen Erinnerung nach besagten Vorfällen ist für mich der Reflex so ein Impuls. Das ist ja nicht böse gemeint. Doch die Begegnung mit Helene hat ja nur einen kurzen Moment stattgefunden. Wenn ich mich aber entschuldige, ohne jetzt auf Einzelheiten unnötiger Belastung zurückzugreifen, dann behandelt mich Käthe stets so, als hätte ich mir einen Schnupfen geholt. Auch die Erklärung, die kurze Begegnung mit einer Helene sei aus einem Tumult entstanden und wäre auch sehr schnell in einem solchen gemündet, ändert da nichts dran. Dabei bin ich wirklich sehr gut im entschuldigen. Der Fehler liegt allem Anschein nach im Grundsätzlichen.
Meine Entschuldigung kommt mehr einer eigenen Aufforderung des schlechten Gewissens nach, als meinem Bedürfnis Käthe um etwas zu bitten, nämlich um Verzeihung. So gesehen erlebe ich meine Entschuldigung als das Kleinreden des sexuellen Reflexes des Mannes in mir und nicht als die Bitte: „Verzeih mir!“ Dummerweise erlebt das Käthe genauso.
Ich stehe eine Zeit ganz schön im Regen ohne richtig nass zu werden und Käthe erforscht derweil ausgiebig meine Persönlichkeitsentwicklung. Mehr noch beschäftigt mich in dieser Phase die Frage, ob ein paar Arschlöcher der Bahn unseren Akt über Steig und Zug auf Film haben und ihn bei monatlichen Überwachungskamerafeten als Brüller des Tages anbieten. Vermutlich kursieren in diesen Kreisen - wie ich fürchte - längst höchst bietend Videokopien. Damit nicht genug. Ich nehme auch an, dass da noch eine Anzeige folgen wird, wenn eine Kamera tatsächlich unsere Gesichter ohne Balken aufgefasst haben sollte. Das sind nun die Sorgen, die ich aus gutem Grund mit Käthe nicht teilen kann. In der Beziehung besteht eher der Drang zu
privaten-, als der Wunsch zum öffentlichen Ärgernis.
Ich wäre aber ein Untiger, würde ich mich selbst nicht vor mir brüsten, nach diesem spontanen Luftsex. Die Bilder von Helenes Eleganz und Ergebenheit bekomme ich so schnell nicht aus meinem Kopf. Dennoch will ich die Sache nicht unnötig aufbauschen. Es war nur ein Vorfall kleinerer Art. Es war nur eine kurze Begegnung.
Sicher ist sicher! Ich begebe mich nachsuchend an die Stelle auf dem betreffenden Bahnsteig, an der ich immer noch glaube Helenes Schuhklacken zu hören. Die Angst davor, eine von mir damals nicht bemerkte Kamera zu finden drängt mich, mehr noch die Ungewissheit. Aber so weit und lang ich auch schaue: keine Kamera, keine Faustkampfveranstaltung und keine Helene. Das beruhigt mich nicht.
Ich stehe auf dem Kopf meiner Gedankenbrände, welche tief im Herbst lodern. Mit der Erklärung: „Ich kann doch schließlich nichts dafür!“, komme ich schon lange nicht mehr weiter. Aber die Zeit vergeht ohne das etwas geschieht. Käthe lässt mich in Gnade ausleiden, gönnt mir den Prozess der Bauchschmerzen auf das ausgiebigste und verabredet sich eines Tages in einem Café mit mir und ihre neuerdings besten Freundin Birgitta. Sie steht wegen geistiger Klarheit bei meiner Käthe hoch im Kurs und warum soll ich dann nicht einmal an dieser Frauenfreundschaft schnuppern? Neue Luft und unbeschwerte Gespräche - auch mit Frauen - können ja nur gut tun.
Ich schwinge mich in der Frühdämmerung durch den Frühjahrsmond, sitze noch einen tiefen Windseufzer auf der Parkbank, denn sonst komme ich zu früh und erleide in Frauengespräche eindringend die bösen Blicke aufbauend auf der Masse versiegelter gut gehorteter Geheimnisse aus der Welt des weiblichen „Messer-Blut-Schlitz - Theorems“. Es gibt Dinge die ein Jonathan dann doch zu vermeiden weiß.
So bin ich erstklassig gelaunt und habe nichts zu befürchten. Vor der Abendterrasse fragt mich ein stark behaarter Ober mit roter Weste nach meinem grundsätzlichen Begehr. Ich entgegne ihm nicht, ob er die Pfanne heiß hat? und das mich rhetorische Höflichkeiten auf die Palme bringen, aber denke solches ziemlich intensiv. Mit ein paar Wortstolperern beim gleichzeitig angewidert faszinierten Blick auf die schwarze Wolle die links und rechts neben seinem Krawattenknoten quillt, werde ich zum entsprechenden Tisch geleitet. Käthe winkt mir von weitem höchstgelaunt zu und mir stockt der Atem angesichts ihrer Tischnachbarin.
Die Frau neben ihr, die Birgitta heißt, hatte sich damals auf dem Bahnsteig noch als Helene ausgegeben. Ich frage mich kurz ob das zu kompensieren ist: Von der Hölle in ein leichtes Hoch und dann wieder in die Hölle zurück? Ich schicke das haarige Tier an meiner Seite forsch weg. Die beiden Weiber sehen sich amüsiert erregt über meine unverhohlene Männlichkeit an, bis auch Birgitta mich als ihre Nahverkehrszugbekanntschaft erkennt und augenblicklich erstarrt ihr schönes Gesicht zu einer Oase der Ruhe. Sie fängt sich scheinbar, es folgt eine sanfte Errötung.
Ihre Haare leicht gebleicht und das offene ein wenig vollerer Gesicht steht ihr. Ohne Brille spielt sie nicht die Vorzimmerdamenhafte und dennoch bin ich davon überzeugt das dieser Körperschlauch für alle Etwaigkeiten gewappnet ist. Ich gebe Käthe einen überlangen provozierenden Begrüßungskuss und zische leise mit Hand reichen zu Birgitta: „Birgitta, auch ein schöner Name!“ Sie grinst wie ein enttarntes Mädchen. Ich versuche bei dem auf Pfiff heraneilenden behaarten Arsch einen Cappuccino zu bestellen, bringe aber nur: „Wkrgsstfff!“ heraus. Drum entschließe ich mich die nächste Zeit zu schweigen.
Das veranlasst Käthe zu der freundlich trockenen Bemerkung: „Jonathan ist eher von der ruhigeren Sorte!“ Ich grinse unoffen und bereite mich seelisch auf die Möglichkeit vor während eines hysterischen Lachkrampfes in Ohnmacht zu fallen.
Während ich verliebt an Käthes gut gebauter Hüfte rumfummle fällt mir die sonnig glänzende Kette auf, die goldgelb über Birgittas pompösen Ausschnitt funkelt. „Schöne Kette!“, denke ich so vor mich hin sabbernd. Von der Frau uns gegenüber riecht es wie damals und mit der scheinbar gleichen Geschwindigkeit rasen wir Gleisschwelle über Gleisschwelle. Schließlich muss auch Birgitta Luft holen was bei Frauen bedeutet kurz auf die Toilette zu gehen und die Tinktur nachzubessern. Als unsere Begleiterscheinung Birgitta im engen rottönenden und donnernden Minikleid an uns vorbei huscht bin ich fest davon überzeugt gesehen zu haben, dass sie kein Höschen drunter trägt. Und vollkommen unbeherrscht aus mir rausschallend sage ich das auch noch zu meiner Käthe.
„Du Schatz, die hat kein Höschen an!“, sage ich und beiß mir auf die fast abgemalmten Kronen, dass es wehtut. Unter Käthes Rock ist es warm und sie ist durchaus angenehm überrascht das ich auf absurde Weise komplett durchdrehe und versuche sie hier gleich auf dem Gartenmöbel des Kaffees zu nehmen. Ich stöhne, dass sich ja die Reihen um uns bereits empfindlich lichten und stoße dabei versehentlich meinen Ellenbogen dem Herrn vom Nachbartisch ins Auge.
„Warte doch bis wir zuhause sind!“, schnurrt Käthe kichernd, während ich ihren zerrissenen Slip in meiner verkrampften Faust anstarre.
„Sorry!“, sage ich hastig zum Mann am Nebentisch, der androht sofort die Polizei zu holen und stöhne tief atmend: „Ich muss dringend aufs Klo Schatz!“ Ich muss die aufklärerische Gelegenheit wahrnehmen Birgitta im Flur zur WC Seperation zu treffen und sie zu unterrichten das es kein Nachspiel rechtlicher Art gegeben hat nach unserem menschlich feuchten Pausenfüller. Als sie mich sieht verwandeln sich ihre Augen sofort zu fauchend katzenartigen Nachtlampen. Ich stammle verdattert: „Ich bin gar kein Arzt Birgitta, es ist über uns gekommen, ich wollte das nicht!“
Sie drückt mich mit bebenden Busen an die Wand und landet watteweich an meinem Brustkorb.
„Was machst du hier - bist du von allen guten Geistern verlassen?“, fragt sie. Ich nicke zögerlich und schlängle meine Zunge meisterhaft in ihren gekonnt bereitwillig offenstehenden Rachen. Ich kremple dabei gerührt ihr Kleidchen ins Kreuz und tätschle freundlich wahnsinnig auf ihre fehlende Unterwäsche. Das Ganze ist zwangsläufig eine Sache von Sekunden.
Beim Abendspaziergang heim mit diesen zwei reizenden Damen drücke ich Käthe rechtseitig fest an mich, während meine Linke unbemerkt in das luftige Textil ihrer besten Freundin in Sitzhöckerhöhe greift und ich bei dieser törichten Geste fortwährend vor mir erschrecke und sage: „Du böser böser Jonathan du!“
Wir verabschieden Birgitta auf einer buchstäblichen Gabelung unserer Wege. Mit kaum abgeregten allseits erhitzen Wangenküssen wünschen wir ihr einen angenehmen Nachhauseweg. Sofort nachdem Birgitta außer Sichtweite ist mache ich es mit Käthe im nächsten wie dafür gepflanzten Buschwerk.
„Du magst sie wohl, die Birgitta?“, fragt mich Käthe anschließend mit leichtem Argwohn in der Stimme.
„Ja, ich mag sie!“, murmle ich.
Erotisches Frühstück
Ein paar Tage vergehen, bis ich nach langer im durchstobenen Wust meiner Gedanken verbrachten Nacht erwache und ein bekannter, wenn auch nicht allzu gewohnter Geruch in meine Nase steigt. Am Bett sitzt Birgitta im Sommerrock und mit tief dekolletierter Seidenbluse, praktisch über dem Reiznabel geknotet. Die Haare diesmal zusammengebunden, die Kontaktlinsen leicht blond eingefärbt. In der Tiefe des Raumes hinter ihr bündeln sich unscharf Morgensonnenstrahlen. Käthe bereitet uns im Hintergrund ein Frühstück.
„Guten Morgen!“, säuselt der sanfte Rauch in Birgittas Stimme, als sie unter dem Beinkleidbund damenhaft über ihre nackten Beine fährt. Ich geleite innerlich mit kurzem Aufenthalt zu der Frage: „Wo (nicht was) bin ich?“ Aber ich bin bei Käthe in der Wohnung in dem gewohnt zerwühlten Bett mit der immer noch zerzausten Tapete an der Schlafzimmerwand an der eine einsame Katze schreiend vor Sehnsucht gekratzt haben muss.
„Käthe hat mich gebeten dich zu wecken!“, lächelt Birgitta, „ich hab Brötchen, Croissants und Champagner mitgebracht.“ Birgittas nicht neutrales Kneifwangenrouge erinnert mich mehr an O Saft mit Schuss, dafür aber nicht in den Ofen, sondern in meine offenstehende nicht Zähne geputzte Visage. Birgittas ausgestreckte Beine enden zwar am Boden, aber so wie sie sich geben, wollen sie scheinbar nicht enden. Die Zehen spielen Schuh- und Strumpflos ein leises Kontaktspiel. Beim Blick auf die violett und silbern lackierten Nägel denke ich daran, dass ich unter dieser dünnen Frühjahrsdecke nackt schlafe und Birgitta, die geheimnisvolle Helene vom Bahnsteig diesen Antiunterwäschetick hat. Birgitta erhebt sich schwungvoll, kitzelt grinsend mit dem großen rechten Zeh meine Morgennase ohne das ich ihr unter das Röckchen schauen kann. Sie haucht mir einen zielsicher verdutzt machenden Kuss zu und flüstert: „Komm zu uns rüber Jonathan!“
Nachdem ihr emphatischer Hüftschwung geradezu augenzwinkernd den Raum verlässt, stehe ich senkrecht zwischen den zerwühlten Decken und starre hilflos auf meinen zur Tür zeigenden kleinen Jonathan, der noch ein paar Birgittas weibliche Bewegungen nachahmende Kreisel dreht. Ich stampfe mit gebeugtem Haupt ins Bad und lasse zunächst den kalten Hahn über meinen verkrampften Nacken ergießen. Folgerichtig fülle ich einen 5 Liter Eimer mit Wasser und überwerfe mit dem ebenfalls kalten Inhalt brutal mein Gesicht. Kurz die Haare zusammenbinden - fertig. Käthe steht im kleinen Ganzkörperschwarzen in der Badezimmertür. Ihr Ausschnitt zeigt sich von atemberaubender Schönheit und sie betrachtet grinsend mein entblößtes Hinterteil.
„Na, machst du dich für uns schön mein Ritter!?“, säuselt sie. Sie ist dann schnell wieder in der Küche um sich mit ihrer Freundin um die letzten leckeren Häppchen zu kümmern.
Schnell begebe ich mich mit umschlungenen Handtuch durch den Flur um in den Kampfanzug zu schlüpfen, der mich gegenüber den beiden Damen etwas adäquater aussehen lässt: Jogginghose und T-Shirt.
Die Madonnen wie aus einem italienischen Brustbildfilmchen empfangen mich mit übergeschlagenen Beinen und diesem seltsam weiblich wissenden Instinktlächeln. Und ein Brustbild ist schöner als das andere, kaum zu entscheiden für einen mit purem Fruchtsaft des Morgens überrumpelten Jonathan. Ich nehme einen tiefen Schluck aus dem Sud, dem liebeshungrigen Herz einer Mango entrissen.
„Gefallen wir dir?“, fragt Käthe und ich sage „Ja“ so schnell wie nie und sehe zu Boden, meine Sockenlöcher durchforschend. Birgitta hat einen leichten Beichtblick aufgelegt, streichelt sanft über Käthes Wange und zieht aus ihrem Handtäschchen ein Videoband, welches sie mir entgegenhält.
„Der Preis war hoch!“, haucht es etwas beschämt aus ihr, „aber unsere Gesichter waren darauf wirklich nicht zu erkennen!“ Ich beiße in ein schlampig geschmiertes Brötchen mit einer hauchdünnen Scheibe Parmaschinken drauf. Gleich verfällt Birgittas Gesicht wieder in ein keckes Grinsen: „Ich habe kein Höschen an Jonathan!“ Käthe tippt ermutigt von dieser Aussage mit dem Zeigefinger an meine Nasenspitze und sagt: „Wir beiden haben kein Höschen an.“
Die Darbietung ist rundum gelungen stelle ich fest. Die Freundinnen haben aus der Aussprache und der Beichte Birgittas, dass sie meine Helene war eine Performance wachsen lassen die mich beeindruckt. Ich sehe ihre Schöße vor mir, zwar bedeckt; dürftig zwar, aber ausreichend. Dennoch sehe ich wie durch eine Voyeurbrille die selbstbewussten Formen mit lieblich blinzelnden Bärchen in der Mitte. Dann aber schaue ich beklommen zu der Videokassette der Bahnsteigüberwachung. Mit dem Gedanken, dass ich mich nun endgültig von ihrem Zeitvertreibschoß verabschieden muss, frage ich Birgitta wie schwer es war, der Bundesbahn das Band abzukaufen!?
„Bundesbahn?“, entgegnet mir Käthe, „das Video ist von den Leuten unserer beider Freundin. Darf ich vorstellen: Maria, sie arbeitet bei einer Treuetestagentur!“ Käthe schaut mich mit Endtriumph in ihren wunderbar blauen Augen an. Diese Runde geht an sie.
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