Als Silke durch das kleine Dorf fuhr, waren da erst einmal die Kinder, die ihr schreiend nachrannten und von ihren Müttern davon abgehalten wurden, Alena mit Steinen zu bewerfen. Silke fühlte sich alles andere als willkommen, aber Risiken waren ihrem Forscherinnenwillen geschuldet. Endlich fand sie am äußeren Dorfrand einen kleinen, freundlich wirkenden Gasthof, wo sie aus der Kutsche stieg und sich nach einer Tränke für ihre erschöpft wirkende Stute umsah.
Von einer stämmigen Wirtsfrau wurde Silke ins Innere begleitet, wo ihr der Duft von Schweinebraten entgegenwehte. Alena wurde versorgt; sie senkte ihren Kopf über die Futterkrippe, nachdem sie mit großen Schlucken ihren Wasserdurst gestillt hatte. Der Innenhof war menschenleer, und Silke gelang es, einen Platz zu finden, von dem aus sie ihre Kutsche durch ein kleines Fenster im Blick hatte, denn man wusste ja nie. Was die Wirtin Silke auftischte, hatte diese noch nie gesehen. Pizzoccheri, eine Spezialität aus dem Veltlin, eine Teigwarenart aus Buchweizen- und Weizenmehl, die den Weg ins bündnerische Boschiavo gefunden hatte. Die Teigwaren waren vermischt mit Wirsing und Kartoffeln sowie mit Käse. Es war die einzige Speise, die angeboten wurde. „Der Schweinebraten ist für meinen Mann“, sagte die Wirtin entschuldigend, aber Silke war dermaßen hungrig, dass sie sich ohne ein weiteres Wort über die Spezialität hermachte. Sie war der einzige Gast, außer dem Maunzen einer Katze waren keine Geräusche zu vernehmen. Dann erkundigte sich Silke bei der freundlichen Wirtin nach einer Übernachtungsmöglichkeit. „Wir haben zuhinterst, oben an der Treppe, eine letzte freie Kammer“, sagte sie. „Aber seien Sie auf der Hut“, flüsterte die Wirtin. „Sie sind momentan der einzige weibliche Gast.“
Dankbar erklomm Silke die Treppe, nicht ohne zuerst die beiden Taschen mit ihren Wertsachen und Hygieneartikeln an sich genommen zu haben, nicht ohne sich von Alena für die Nacht zu verabschieden. Silkes Kammer war sehr spärlich eingerichtet, und unter ihrem Bett lugte ein wuchtiger Nachttopf aus weißer Emaille hervor. „Sie können ihn einfach aus dem Fenster schütten“, empfahl die Wirtin. „Eine Waschgelegenheit finden Sie im Innenhof. Ich empfehle Ihnen, Ihre persönliche Wäsche frühzeitig in Angriff zu nehmen, denn ab sieben Uhr in der Früh kommen die Männer.
Silke zuliebe
29 19-30 Minuten 1 Kommentar

Silke zuliebe
Zugriffe gesamt: 5609
Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.
schöne Geschichte
schreibt alak87@gmx.de