Silke zuliebe

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Silke zuliebe

Silke zuliebe

Anita Isiris

Als Silke durch das kleine Dorf fuhr, waren da erst einmal die Kinder, die ihr schreiend nachrannten und von ihren Müttern davon abgehalten wurden, Alena mit Steinen zu bewerfen. Silke fühlte sich alles andere als willkommen, aber Risiken waren ihrem Forscherinnenwillen geschuldet. Endlich fand sie am äußeren Dorfrand einen kleinen, freundlich wirkenden Gasthof, wo sie aus der Kutsche stieg und sich nach einer Tränke für ihre erschöpft wirkende Stute umsah.
Von einer stämmigen Wirtsfrau wurde Silke ins Innere begleitet, wo ihr der Duft von Schweinebraten entgegenwehte. Alena wurde versorgt; sie senkte ihren Kopf über die Futterkrippe, nachdem sie mit großen Schlucken ihren Wasserdurst gestillt hatte. Der Innenhof war menschenleer, und Silke gelang es, einen Platz zu finden, von dem aus sie ihre Kutsche durch ein kleines Fenster im Blick hatte, denn man wusste ja nie. Was die Wirtin Silke auftischte, hatte diese noch nie gesehen. Pizzoccheri, eine Spezialität aus dem Veltlin, eine Teigwarenart aus Buchweizen- und Weizenmehl, die den Weg ins bündnerische Boschiavo gefunden hatte. Die Teigwaren waren vermischt mit Wirsing und Kartoffeln sowie mit Käse. Es war die einzige Speise, die angeboten wurde. „Der Schweinebraten ist für meinen Mann“, sagte die Wirtin entschuldigend, aber Silke war dermaßen hungrig, dass sie sich ohne ein weiteres Wort über die Spezialität hermachte. Sie war der einzige Gast, außer dem Maunzen einer Katze waren keine Geräusche zu vernehmen. Dann erkundigte sich Silke bei der freundlichen Wirtin nach einer Übernachtungsmöglichkeit. „Wir haben zuhinterst, oben an der Treppe, eine letzte freie Kammer“, sagte sie. „Aber seien Sie auf der Hut“, flüsterte die Wirtin. „Sie sind momentan der einzige weibliche Gast.“
Dankbar erklomm Silke die Treppe, nicht ohne zuerst die beiden Taschen mit ihren Wertsachen und Hygieneartikeln an sich genommen zu haben, nicht ohne sich von Alena für die Nacht zu verabschieden. Silkes Kammer war sehr spärlich eingerichtet, und unter ihrem Bett lugte ein wuchtiger Nachttopf aus weißer Emaille hervor. „Sie können ihn einfach aus dem Fenster schütten“, empfahl die Wirtin. „Eine Waschgelegenheit finden Sie im Innenhof. Ich empfehle Ihnen, Ihre persönliche Wäsche frühzeitig in Angriff zu nehmen, denn ab sieben Uhr in der Früh kommen die Männer.

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schöne Geschichte

schreibt alak87@gmx.de

Hi! die geschichte ist schön geschrieben und sehr einfühlsam. Das Einzige, was ich schade finde ist, dass die Männer in dieser geschichte reichlich eindimensional wirken, wie ich finde. es mag nur mein Gedanke sein, aber ich hätte es schöner gefunden, wenn es auf irgend eine Weise auch ein wirklich gutes Ende für flurina und ihren Liebhaber gegeben hätte, und wenn dessen wirklich liebevolle, gute und nicht unangebrachte gefühle deutlicher geworden wären. Er war sich, wie ich die Geschichte Interpretiere, nicht bewusst, dass er die fünf Anderen besser nicht als Zuschauer dazugeholt hätte. wenn ich deine Geschichte richtig interpretiert habe, dann war Ursino ein wirklich einfach nur liebevoller Mann, der für seine Flurina wirkliche, echte Liebe empfunden hat und ich hätte es schön gefunden, wenn dies als gegengewicht zu den anderen Männern ein wenig hervorgehoben worden wäre, z.b. indem Flurina silke sagt, dass er sie und sie ihn wirklich liebt oder dergleichen. es ist ja durchaus nicht so, dass wirklich zärtlich nur frauen miteinander sein können. Trotzdem und teilweise wegen der Unterschiede ist die geschichte gut geschrieben und hat viel atmosphäre. Danke dafür.

Gedichte auf den Leib geschrieben