„Du musst zu Doktor Carigio“, sagte sie am zweiten Tag von Silkes Darniederliegen bestimmt. Dieser ging es zum Glück bereits etwas besser, womöglich kam sie um eine gefürchtete Lungenentzündung herum, die in Zeiten vor der Entdeckung der Antibiotika ein sicheres Todesurteil gewesen wäre. Die Wirtin lieh Silke graue, selbst gestrickte Strümpfe und zeigte ihr aus dem Fenster von Silkes Kammer den Weg zur Praxis von Herrn Doktor Bastian Carigio.
Silke betrat kurz darauf das übervolle Wartezimmer und fand noch knapp Platz zwischen einer schwitzenden Magd mit einem Riesenhintern und einem ausgemergelten Greis, der still vor sich hin röchelte. Bastian Carigio nahm die Patienten persönlich in Empfang, und zwar nicht in der Reihenfolge von ihrem Eintreffen, sondern aufgrund einer kurzen Blickdiagnose. Hatte ein Patient oder eine Patientin etwa Schaum vor dem Mund, konnte sie oder er sicher sein, rasch drangenommen zu werden. Silke hatte keineswegs Schaum vor dem Mund. Aber sie war jung und hübsch. Somit winkte Herr Dr. Bastian Carigio sie als Nächste ins Untersuchungszimmer, nicht, ohne dass dieses Handeln vom Schimpfen der wartenden Patientinnen und Patienten quittiert worden wäre. Dr. Carigio zuckte gleichgültig die Schultern. Er war der einzige Arzt im Dorf, und alle Kranken waren von ihm abhängig. Deshalb hatte er seiner Ansicht nach das Recht, das zu tun oder zu lassen, was ihm beliebte.
„Was führt die Schöne zu uns“, eröffnete er das Gespräch auf anzügliche Weise und nahm hinter seinem Kirschholzpult Platz. „Meine Atmung“, sagte Silke und hustete wie zur Bestätigung. „Ich habe Mühe mit Atmen.“ Der Arzt erfasste Silkes Personalien, ihren Beruf verriet sie ihm allerdings nicht. Dann ließ er sie die Untersuchung im Voraus begleichen. „Ich werde regelmäßig um meine Leistungen betrogen“, meinte er entschuldigend. „Am besten ziehen Sie sich erst einmal ganz aus, damit ich Sie gründlich untersuchen kann.“ „Ganz?“, fragte Silke überrascht. „Ich habe ein Problem mit meiner Atmung. Somit kann ich den Schlüpfer doch anbehalten.“ „Ganz“, beharrte der Arzt auf seiner Aufforderung. „Ich behandle meine Patientinnen ganzheitlich, holistisch, sozusagen, und um mir ein Gesamtbild machen zu können, brauche ich einen Blick auf den Gesamtkörper. Hinter der Spanischen Wand wusste Silke gerade nicht, was sie jetzt tun sollte. Da war schon wieder ein Charakter-Thema. Warum war dieser Bastian Carigio überhaupt Arzt geworden? Er bekam bestimmt nicht nur Schönes zu sehen, wie sie sich, in Erinnerung an die Patientinnen und Patienten im Wartebereich von soeben, eingestehen musste. Aber gab ihm dies das Recht, Frauen, womöglich auch nur für einen Sehtest, zum Ausziehen aufzufordern? Silke fasste sich aber ein Herz und leistete der Aufforderung des Arztes Folge. Splitternackt trat sie ihm kurz darauf entgegen. Bastian Carigio konnte kaum den Blick von ihr lösen. Besonders lange ruhten seine Augen auf ihren hübschen Brüsten, dann glitt sein Blick hinunter zu ihrem Nabel und von dort zu ihrer dicht behaarten Vulva. „Mhm“, sagte er anerkennend. Dann bat er die nackte Silke, tief einzuatmen … auszuatmen … und hörte sie mit seinem Stethoskop fachgerecht ab, Lunge für Lunge, Quadrant für Quadrant. Beim Abhören des Herzspitzenstosses berührte er ihre linke Brust, wie es Silke schien, einen Tick zu lange. Aber sie schwieg geflissentlich und ließ den Arzt seine Untersuchung abschließen. Er atmete schwerer als sie selbst, und Silke schien es, dass er sich ein hohes Maß an Selbstbeherrschung abverlangte. Nicht jeden Tag betrat eine Frau höheren Standes, geschweige denn eine Charakterforscherin, seine kleine Praxis.
Silke zuliebe
29 19-30 Minuten 1 Kommentar
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Silke zuliebe
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schöne Geschichte
schreibt alak87@gmx.de