Silke zuliebe

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Silke zuliebe

Silke zuliebe

Anita Isiris

Der Arzt griff nach einem Tiegel mit Balsam. Dann schmierte er Silkes Rücken und ihre Brust genussvoll ein. „Bald wird’s warm“, sagte er. „Kommen Sie doch in zwei Tagen nochmals vorbei.“ Silke würde diese Praxis mit Bestimmtheit niemals mehr betreten, musste sich aber eingestehen, dass die kurze Massage des Arztes mit seinem zweifelhaften Verhalten ihr gutgetan hatte.
Auf dem Rückweg zur Gaststube rekapitulierte Silke das bisher Erlebte: die kleine Fickorgie mit der Gastwirtin. Das Intermezzo mit dem analfreudigen Bäckermeister. Die Untersuchung und Behandlung des Herrn Doktor Bastian Carigio von soeben. Als Ausgangslage für Interpretationen und Analysen, die Silke formulieren würde, sobald sie wieder zu Hause war, waren ihre bisherigen Notizen mehr als nur nahrhaft.
Wieder zogen ein paar Tage ereignislos ins Land, und Silke hatte ihren Eltern einen langen Brief geschrieben mit der Kernaussage, dass sich ihr Leben als Charakterforscherin einwandfrei anließ.
Sie machte, unterdessen völlig genesen, kleine Ausritte mit Alena, ihrer Stute, damit diese sich nicht langweilte. Das Tier wurde ausgesprochen gut versorgt, und Alenas Fell und ihre Mähne glänzten matt, als Silke sie, wie jeden Morgen, striegelte. Dann kratzte sie ihr die Hufe aus, schüttete frisches Wasser nach und begegnete kurz darauf Flurina, die gerade dabei war, Abfall wegzuschütten. Flurinas Antlitz nahm Silke sofort gefangen. Sie bewegte sich derart anmutig, dass es Silke schien, die junge Frau komme nicht von dieser Welt. Silkes sexuelle Erfahrungen hielten sich bis dahin in Grenzen, es sei denn, Erfahrungen mit sich selbst. Sie wuchs sehr behütet auf, und bestimmt hatten schon zahlreiche Männer ein Auge auf sie geworfen. Sie aber morgen für morgen bei der Körperwäsche im Innenhof zu beobachten, das war nur den Gästen des kleinen Gasthofs vorbehalten, in dem Silke noch immer nächtigte. Silke fasste sich ein Herz und sprach Flurina an. Sie wollte nicht nur auf Beobachtungen bauen, wie sie sie bisher gemacht hatte. Sie wollte auch den Blick in eine Frauenseele tätigen, und hierzu schien ihr die anmutige Flurina mehr als geeignet. Zuerst senkte Flurina scheu den Blick. Ihr war bereits zu Ohren gekommen, dass eine Fremde im Dorf logierte, aber nun, da Silke vor ihr stand, war sie überfordert. Silke war bewusst, dass sie nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen und sich als Charakterforscherin vorstellen konnte. Also sagte sie einfach „mich interessieren die Menschen hier, und mich interessiert Dein Leben. Ich schreibe Geschichten“.

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schöne Geschichte

schreibt alak87@gmx.de

Hi! die geschichte ist schön geschrieben und sehr einfühlsam. Das Einzige, was ich schade finde ist, dass die Männer in dieser geschichte reichlich eindimensional wirken, wie ich finde. es mag nur mein Gedanke sein, aber ich hätte es schöner gefunden, wenn es auf irgend eine Weise auch ein wirklich gutes Ende für flurina und ihren Liebhaber gegeben hätte, und wenn dessen wirklich liebevolle, gute und nicht unangebrachte gefühle deutlicher geworden wären. Er war sich, wie ich die Geschichte Interpretiere, nicht bewusst, dass er die fünf Anderen besser nicht als Zuschauer dazugeholt hätte. wenn ich deine Geschichte richtig interpretiert habe, dann war Ursino ein wirklich einfach nur liebevoller Mann, der für seine Flurina wirkliche, echte Liebe empfunden hat und ich hätte es schön gefunden, wenn dies als gegengewicht zu den anderen Männern ein wenig hervorgehoben worden wäre, z.b. indem Flurina silke sagt, dass er sie und sie ihn wirklich liebt oder dergleichen. es ist ja durchaus nicht so, dass wirklich zärtlich nur frauen miteinander sein können. Trotzdem und teilweise wegen der Unterschiede ist die geschichte gut geschrieben und hat viel atmosphäre. Danke dafür.

Gedichte auf den Leib geschrieben