Flieht! Flieht aus diesem verfluchten Tal! Eine große Flut wird kommen und euch alle mit sich reißen! Fliegt, so lange ihr noch könnt! Sonst werdet ihr alle sterben! Gegen den fast vollen Mond zeichnete sich auf einem Felsen über dem nördlichen Schutzwall der Siedlung die Figur einer alten Frau in Lumpen mit wirrem Haar und einem verkrüppelten Ast als Stütze ab. Der Schein der flackernden Feuer warf spärlich tanzendes Licht auf das verschmutzte Gesicht des gebeugten Weibleins, das ihre Unheil verheißende Prophezeiung wieder und wieder in die Nacht kreischte. Schnell hatten die Wachen sie erblickt, doch waren sie verwirrt, unschlüssig wie auf diese übernatürliche Erscheinung zu reagieren sei. Von den trunken feiernden Soldaten fingen einige zu lachen an, andere erstarrten in abergläubischer Angst und einige Wachen entschlossen sich nach ratlosem Zögern, Pfeile auf die Hexe abzuschießen – die war aber wie von Zauberhand gelenkt verschwunden. Aus dem Dunkel über dem Dorf kreischte ihre wütende Stimme noch: Das werdet ihr bereuen! Ich wollte euch warnen! Ihr werdet alle sterben!
Elian empfing Emet leise lachend auf dem Wachposten im Bergwald, von wo aus sie gutes Schussfeld gehabt hatte, um ihr bei ihrer Vorstellung Feuerschutz zu geben. Wäre die Sache nicht so ernst, ich hätte mich weggeschmissen vor Lachen – eine junge Schönheit wie du als verhutzelte Waldhexe! Zwei Affenmenschen geleiteten sie lautlos zurück in das Lager der Lapari, wo Gal und ihre Soldaten auf ihren Einsatz warteten. Fast zwei Wochen lang hatten sie ihren Einsatz vorbereitet und nun war es so weit. Emet und Elian hatten darauf bestanden, die Eindringlinge zu warnen. Sie wollten sich nicht des heimtückischen Mordes an Ahnungslosen schuldig machen. Nur war Elians klassischer Auftritt ausgeschlossen, denn so könnte die Kunde von ihr hier in diesem Winkel der Welt nach Arrnos dringen. Zu fragen war, ob Emets skurriler Auftritt einer ehrlichen Warnung gleichkam, aber mehr konnten die Amazonen nicht für ihre Gegner tun.
Zunächst hatten die Lapari mit Hilfe der Elefanten ein Stauwehr aus Baumstämmen am Felsdurchbruch des Flusses Tiker errichtet, zu dem die Invasoren noch nicht gelangt waren. Von Lapar aus floss der Tiker in den Urwald und stürzte dann in Kaskaden in eine enge Schlucht, an deren Ende der Talkessel des Sumpflandes lag. Langsam errichteten sie ihr Bauwerk nach oben, so dass das zurückgehaltene Wasser sich aufstaute zu einem See. Durch die Ritzen zwischen den Baumstämmen drang zwar Wasser in kleinen Bächlein, aber das meiste wurde zurückgehalten. Der Pegel des Flusses senkte sich dadurch und das wurde auch im Lager der Soldaten erkannt, war aber bei vielleicht mangelndem Regen in den Bergen nicht besonders auffällig. Am anderen Felsdurchbruch, dort, wo die Eindringlinge ihre Schneise in den Wald geschlagen hatten, befand sich hoch oben auf dem südlichen Gipfel eine alte verfallene Wachanlage. Die Ruine war von unten aus nicht zu erkennen, bot aber große Mengen an Felsen und Geröll, die die Lapari mit den Elefanten auf einer stabilen Stützkonstruktion aufgerichtet hatten.
Nachdem die Invasoren am nächsten Tag zwar heftig über die Prophezeiung debattierten, dann aber den Befehlen zur Fortsetzung des Holzeinschlages folgten, also der Aufforderung zum Verlassen des Tals nicht nachkamen, zogen die Elefanten auf der Berghöhe die Sperrriegel aus der Stützkonstruktion. Die aufgerichteten Steinmassen kamen ins Rutschen und stürzten zu Tal. Diese allein hätten den Durchbruch des Tiker wohl nicht versperrt, aber eine Lawine wird erst mit dem Abgang zu einer anwachsenden Katastrophe. Mehr und mehr Gestein riss sie aus seiner ruhigen Lage und binnen kurzer Zeit füllte sich das Bett des Tiker. Ein Damm entstand und im Tal stieg das Wasser. Der Donnerhall des Lawinenabgangs war das Zeichen für die Lapari am anderen Ende des Talkessels, die Sperren der Tore des Wehrs von den Elefanten aus der Verankerung ziehen zu lassen und jetzt ergossen sich die aufgestauten Wassermassen in einer Sintflut in den Talkessel. Das Wasser stieg jetzt sehr schnell, angestaut vom Bergrutsch und
verstärkt durch die plötzliche Flut, als die Palisadenschleuse abrupt geöffnet wurde.
Ein Rückzug war den Pionieren von Arrnos nicht möglich. Die Felsen konnten sie nicht mit ihrem Gerät und ihren Tieren überwinden. Einzelne versuchten kletternd, die Geröllmauer zu überwinden. Die einen starben unter dem Beschuss der eigenen Leute, die Fahnenflucht verhindern wollten, andere ertranken im unaufhaltsam steigenden Wasser. Die, die schwimmen konnten oder sich an treibendem Holz oder im Bewuchs des Sumpflandes Halt verschaffen konnten, wurden zum Festschmaus für die Krokodile, die mit dem steigenden Wasserspiegel in jeden unzugänglichen Winkel' fanden. Einige wenige schafften aus dem Tal heraus, aus dem die verzweifelten Schreie der Sterbenden hallten. Sie würden die Kunde dieses entsetzlichen Unglücks bis nach Arrnos tragen. Gewarnt von einer Hexe hatten sie die Prophezeiung missachtet! Ein Fluch lag über dieser Gegend, und es würde wohl lange dauern, bis sich wieder jemand hierher wagen würde – um nichts vorzufinden als einen von Krokodilen und Mücken verseuchten Sumpf. Die Krieger dieser aus vielen Wesen bestehenden Armee im Verborgenen hatte keiner zu Gesicht bekommen, wiewohl diese ihren Sieg aufmerksam und mit Genugtuung beobachtet hatten.
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Emet saß zum ersten Mal in ihrem Leben im Nacken eines Elefanten, hinter einem Affenmenschen, der diesen sanften Riesen lenkte, und so wie sie ritten auch Elian und Gal und ihre Garde. Sie zogen die alte von Geröll übersäte Militärstraße in den Bergen hinunter nach Lapar, wohin die Kunde von der Rettung durch die leichtfüßigen Waldläufer schon gedrungen war. Längst war ein freudiger Taumel ausgebrochen, die Bewohner feierten auf den Straßen und Plätzen und bereiteten den siegreichen Verteidigern einen triumphalen Empfang. In diesem Freudenfest wurde getanzt und gesungen, gespeist und reichlich getrunken. Wer dem Untergang entronnen ist, liebt das Leben und lebt die Liebe!
Gal ließ sich nicht feiern, als hätte sie den Sieg errungen. Sie feierte Seite an Seite mit den Menschen und Affenmenschen, eine Herrscherin ohne Untertanen, eine Königin der Herzen mehr denn je. Und im Schein der Vollmondes und der Feuerschalen zum wilden Rhythmus der Trommeln fühlte sich Emet bald wie in der Trance des Fruchtbarkeitsfestes der Cimbar. Die ausgelassene Freude der Menschen mündete vielfach schon in Liebesakten. Die Affenmenschen, die monogam lebten und nur zu festen Paarungszeiten drollig wurden, amüsierten sich wieder einmal köstlich über die Triebhaftigkeit ihrer Menschen, allen voran ihrer Königin. Gal ließ sich wieder und wieder in allen Löchern lustvoll begatten. Doch dieses Mal erwuchs ihre Wollust nicht dem Wunsch, den unendlichen Spannungen in ihrem Herzen für kurze Zeit zu entrinnen. Jetzt gab sie sich vollkommen unbeschwert der Lust am Leben hin. Emet, die Gals Glück wie das ihre empfand und deren Lachen als Balsam auf ihrer Seele, erging es längst wie ihr. Geschüttelt in heftiger Begattung trafen ihre Blicke sich, Blicke die verhießen: ich weiß, dass du weißt, dass ich weiß! Dann verloren sich ihre Augen im Gewühl der Leiber.
Jetzt fiel Emets Blick auf Arisia, die junge blonde Kriegerin aus Gals Garde. Sie lachte Emet an, während sie den Mann ritt, dem sie Po und Rücken zuwandte. Ein Goldkettchen trug sie um den Bauch mit einem kleinen Anhänger, dem Wappen von Lapar. Ihre Lippen waren rasiert und feucht von der Erregung, so wie der Schwanz, über den ihr Becken sich hob und senkte. Der Mann wurde schneller, krallte sich fester in ihre Lenden. Lachend fragte sie Emet: er spritzt gleich ab! Magst du mich dann lecken? Natürlich, gerne! rief Emet, die fasziniert den strammen Riemen und die willige Vulva betrachtete, während in ihr selbst ein durchaus vergleichbarer Kerl von hinten seinem eigenen Höhepunkt entgegen rammelte. Emets unbekannte Schöne sprang schnell ab von ihrem Hengst und schob ihr Becken unter Emets Gesicht, deren Lippen lüstern die außerordentliche Feuchte dieser Grotte aufnahmen. Emets Zunge pflügte durch diese wohlschmeckende Spalte und der Dame Höhepunkt war ihr mehr Genuss als die Ekstase ihres Liebhabers. Fast etwas unhöflich ignorierte Emet dessen liebe Zuwendungen und umschlang die junge Schönheit, mit der sie in wohliger Entspannung nach dem Akt zärtlich schmuste. Nur kurz, dann schoben sich wieder sehnsüchtige Männer in die beiden und wurden nicht abgewiesen. Erst früh in den Morgenstunden kehrte Ruhe ein in diesem Spektakel.
Elian hielt sich diskret zurück in dieser fröhlichen Orgie. Sie hatte zwar versucht, mit dem einen oder anderen trunkenen Menschen oder Affenmenschen eine Rauferei anzufangen, war dabei aber nicht sehr erfolgreich. Ihr als Retterin von Lapar wurde jetzt einfach alles verziehen.
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Emet erwachte in Gals Armen, die Sonne stand schon hoch am Himmel. Magst nicht bleiben bei uns? fragte Gal, melancholisch nach dem zärtlichen Ausklingen dieser Lebens- und Liebesfeier mit ihr. Hier könnte eure Heimat sein. Emet bedauerte lächelnd. Auch wenn ich freudig ins Abenteuer gezogen bin, als ich die Reise der Fruchtbarkeit begann – in meiner Heimat wartet jemand auf mich, der mich liebt. Und du ihn! ergänzte Gal. Es erschütterte sie nicht, wohl aber bedauerte sie Emets Entschluss.
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Ihr seid in Lapar immer willkommen, auch um zu bleiben! verabschiedete Gal die Amazonen. Emet umarmte sie innig. Es war schön, mit dir die Liebe zu feiern, flüsterte sie zu ihrem Abschiedskuss. Komm wieder! Elian reichte sie respektvoll die Hand. Du wärst eine geborene Königin! Meine Völker würden dich als meine Nachfolgerin freudig empfangen! Ich bin sicher, dir ist ein langes Leben beschieden, so dass es dessen nicht bedarf, erwiderte Elian. Und die Stärke der Amazonen erwächst aus ihrer Freiheit, sie sind nicht geboren um zu herrschen! Gal lächelte. Auch ich habe meine Aufgabe nicht gesucht, sie hat mich gefunden. Meine Völker werden jedenfalls nicht zögern, euch zu rufen, wenn es an der Zeit ist!
Elian und Emet versprachen, über Lapar und alles Geschehene zu schweigen, und kletterten auf die Rücken der Affenmenschen. Im Flug durch die Baumkronen erreichten sie binnen eines Tages das Ende des Sumpflands, von wo aus sie nach gewohnt herziger Verabschiedung von den Affenmenschen in Elians Dorf zurückkehrten.
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Emets Blick war ernst, doch ihre Augen strahlten, als sie am Morgen aus ihrer Hütte kroch. Ich bin schwanger! Ich muss zurück in die Stadt der Isati. Elian lächelte und sagte kein Wort. Nach kurzem Zögern fragte Emet: Kommst du mit? Hier ist mein Leben, hier werde ich gebraucht und ich brauche diese Menschen, antwortete Elian bedauernd. Geh du zurück in die Stadt der Isati und schenke neues Leben. Sei gewiss, ich werde eines Tages zu dir kommen, so wie ich dich in Saternia gefunden habe!
Emet umarmte sie und anders als bei allen Abschieden mit lieben Menschen, wurden ihre Augen tatsächlich feucht. Wir werden uns wiedersehen! versprach sie, drehte sich um und lief los, hinein in den Wald, den Beginn eines langen Weges voller Gefahren – und sie hatte keine Angst.
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Wird Emet in die Stadt der Isati zurückkehren? Wird sie ihren Gefährten Hartil wiederfinden und wird sie Elian und Gal wiedersehen?
Das alles sind Geschichten, die – vielleicht – ein andermal zu erzählen sind.
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Die Geschichte der Amazone Emet ist gewidmet dem phantasievollen Edgar Rice Burroughs, der bezaubernden Gal Gadot und der atemberaubenden Daria Zaritskaya
sowie Amanda Gorman und Alexandra Orcasio-Cortez stellvertretend für alle Visionärinnen einer Zukunft, in der Niedertracht nicht die treibende Kraft ist.
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