SMACK! Ihre flache Hand erwischte seine glattrasierte Wange, noch bevor er sich wegducken konnte. Seine Haut stand in Flammen.
"Arschloch", schrie sie. Sie stieß ihren Stuhl nach hinten und stand auf. Pfennigabsätze drehten sich wütend in den Teppich. Sie stürmte davon. Aus der Tür des Cafes, über die Straße und aus seinem Leben. Er sah sie nie wieder.
Dumpf saß er da und starrte auf seine Kaffeetasse.
Dabei hatte alles so gut angefangen.
Er hatte sie auf einer Party kennengelernt. Eine dieser zahllosen Parties, zu denen man geht, weil andere auch gehen, und die man schnell vergißt, so wie man die anderen auch schnell vergaß. Und trotzdem: Etwas war anders gewesen an diesem Abend. Vielleicht war es die schwüle, drückende Hitze gewesen, die über der Stadt lag wie ein warmes, weiches, unsichtbares Kissen. Oder war es ihr Kleid gewesen? Nein. Es war ja nur ein typisches, unauffälliges Sommerkleidchen. Heller Stoff, das übliche Blümchenmuster in Pastell. Spaghettiträger. Nein. Ihr Kleid war es sicher nicht. Ihr Körper. Das war es, was ihn an diesem schwül-warmen Abend so angezogen hatte. Unter dem Kleid war sie nämlich nackt. Kein Slip, kein BH, kein garnichts. Man konnte ihr fein getrimmtes Schamhaar im Gegenlicht sehen. Alle sahen es. Die Blicke der Männer blieben auf ihr kleben wie Honig im Flokati, und das Spiel begann. Männer umschwirrten sie wie Kolibris eine tropische Blüte, angelockt vom betörenden Duft und gierig nach ihrem Nektar. Er gewann das Spiel. Satz und Sieg. Als sie zusammen die Party verließen, spürte er förmlich die neidischen Blicke der anderen Männer, die sich in seinen Rücken bohrten. Noch vor dem Haus des Gastgebers, in seinem Auto, öffnete sie ihm die Hose. Er startete den Wagen und fuhr los. An der dritten Ampel spritzte er ihr in den Mund.
Die erste Phase ihrer Beziehung war angefüllt mit Sex. Sie trieben es in allen Positionen, überall. Bei ihr. Bei ihm. Im Bett. Im Park. In der Tiefgarage. Auf dem Küchentisch. Vor dem Frühstück und nach dem Frühstück. Sie redeten nicht viel miteinander. Sie brauchten auch nicht viel miteinander zu reden, denn ihre Körper hatten diese wundervolle Art der Kommunikation gefunden, die keine Worte brauchte.
Wenn sie sich liebten, sprangen Funken von Haut zu Haut. Dennoch: er war nicht verliebt. Keine Rede davon, bei ihr einzuziehen. Er führte keine Gespräche über Gefühle. Er hatte keine Gefühle. Sie verhütete, und er war froh, daß sie es tat. Sex war das, was ihn mit ihr verband, und solange dieser Sex in Ordnung war, war auch das in Ordnung, was er fast eine Beziehung nennen würde.
Sie trafen sich den ganzen Sommer lang, erst häufig, dann in immer unregelmäßigeren Abständen. Der Sommer ging zu Ende, und beide spürten es. Keiner wollte ernsthaft den Lauf der Zeit aufhalten, dafür waren sie beide noch zu jung, zu hungrig auf ein Leben, das ihnen noch viele Abenteuer versprach.
Dann wurde sie schwanger.
Dieses Kartenhaus aus Unverbindlichkeit, das bislang Basis ihrer Beziehung gewesen war, brach plötzlich in sich zusammen. Sie
veränderte sich. Sie wurde sich bewußt, daß ihr Körper nun eine andere Funktion angenommen hatte. Er war nicht mehr einfach nur Instrument kurzlebiger Lust und Objekt einer Begierde, die sie nach Kräften geschürt hatte. Sie fühlte sich reifer, denn sie würde neues Leben schenken. Nichts Kurzlebiges mehr, keine Strohfeuer und vor allem keine Unverbindlichkeiten. Verantwortung. Sie wollte etwas Neues. Etwas für die Zukunft.
Im Cafe fragte sie ihn, ob er sie heiraten wolle.
Smack
3 1-3 Minuten 0 Kommentare
Zugriffe gesamt: 4799
Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.