Sperrangelweit

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Madam Lasterhaft

Die letzte Show des Tages war beendet. Das Zelt atmete das Publikum aus und schloss sich für diesen Tag. Ruhe war eingekehrt. In Zeitlupe zog die Reifentänzerin sich langsam die klebrigen, künstlichen Wimpern von den Lidkränzen und legte die langen schwarzen künstlichen Spinnenbeine mit spitzen Fingern auf der Ablagefläche des weißen Kunststoffwaschbeckens ab. Sie beobachtete Markus genau. Neben dem Spiegel war ein alter Zeitungsausschnitt aus dem Jahre 1902 befestigt. So lange hing er schon, dass die transparenten Klebestreifen auch schon vergilbt waren und an manchen Stellen wie übergroße Fliegenflügel abstanden, weil der Kleber sich zersetzte. Er sah seinem Urgroßvater, der noch unter dem damals geläufigen Begriff Feuerfresser Schlagzeilen gemacht hatte, zum Verwechseln ähnlich. Routiniert drückte sie eine Cremewurst aus der Tube in Markus bereits wartende Hand und ließ sich die Flanke einsalben. Keiner sah den anderen an. Der Schaustellerwagen wackelte kaum merklich als sie nach draußen ging und sich mit einem kurzen Nicken verabschiedete. Große Gesten erwartete heute niemand mehr.

Markus Finger umfassten seine Flasche, er spülte sorgsam seinen Mund aus. Spuckte immer wieder das Zeug in das Becken. Bitter schmeckte sein Tribut trotz des Applauses, der noch in seinen Ohren nachhallte. Das waren noch Zeiten, in denen er als junger Mann mit Wasser geübt hatte, bis ihm kein einziger Tropfen mehr ins Gesicht gekommen war. Gnadenlos blieb sein Vater und Urgroßvater, der noch in seinem Rollstuhl dabei zugesehen hatte, wie der Nachwuchs gedieh und sich die ersten Lorbeeren erarbeiten musste, um die Familientradition zu sichern. Mit erhobener Hand hatte er aus einem fast zahnlosen Mund Instruktionen gebrüllt, dass die Spucke nur so flog und auf dem unebenen Rasen der Weiden landete. Das Glück war auf Markus Seite, sodass es sich noch nie in einer Vorführung oder im Training verschluckt hatte mit dem ekligen Zeug, das seinen Schleimhäuten ganz und gar unangenehm werden konnte und dem ein oder anderen um die Funktion seiner Lunge gebracht hatte. Er strebte nach Vollendung. Es lag in seinem Blut.

Für den Moment war er etwas geschafft. Drei, vier Shows am Tag waren mehr als viel. Doch sprach eine kleine Stimme in ihm in einer Penetranz einmal lauter einmal leiser und doch immer da. Sie verlange danach, die Verschlüsse und Nähte die Sandras Kleidung zusammenhielten zu ignorieren, sie zu zerstören. Funktionsunfähig zu machen. Zu ruinieren. Nur um sie nackt zu sehen. Sie dann mit seiner mit von seinem Duft getränkten Kleidung zu versorgen. Ihren tief befriedigten Augen Aufmerksamkeit zu schenken. Doch zuerst musste er ihre Begierde entzünden. Ihren Willen ihn haben zu wollen antreiben. Das mit sich gerne machen zu lassen. Das ungute Gefühl machte sich in seinem Bauch breit nicht ganz die hundert Prozent Zustimmung und Erregung eines Vorspiels bekommen zu haben für seine digitale Offenbarung. Er musste seine maßlose Gier bändigen wie die Tiere in seiner Manege. Seinen Prügel im Zaum halten, mäßigen und nicht darauf hoffen, dass sein geschlossener Hosenstall das für ihn übernahm.

Mit metallischem Ton glitten die Kleiderbügel auf der Kleiderstange hin und her. Umpositionierung. Geklapper. Die Fingerkuppen gruben sich in das kugelige Endstück der Aufhängung. Sandra stellte sich die Frage aller Fragen. Wie viele Menschen wohl in diesem Moment weltweit rätselten, in welchem Outfit sie ausgehen sollten? Der Sandboden würde bestimmt schön kühl werden, wenn Markus für sie eine Show geplant hatte. Sie sah sich schon mit den angezogenen Füßen in ihren Händen in der Zuschauertribüne sitzen. Das kleine Schwämmchen ebnete die Unregelmäßigkeit der Sommersprossen aus ihrem Gesicht. Planänderung. Vielleicht würden sie auch in seinen Schaustellerwagen gehen, um nach einem Sekt zusammen etwas anzusehen, wie es gewöhnliche Dates taten und dann letztendlich unter den Laken zu landen. Sandra schloss die Haken des schwarzen Büstenhalters. Die farbigen Strasssteinchen tanzten um ihre Ohren an feingliedrigen, schwarzen Kettchen.

Ihre Füße drückten das feuchte Gras unter sich nieder. Erwischten ein paar Halme, die sich über ihre Sandalen zogen und den kleinen runden Schnallen verfingen. Im Schein des an einer Stelle aufgeschlagenen Zeltes zog sie ein paar Halme aus den Riemchen wie die Grashalme aus dem Mund einer Kuh. Oder eines Kamels. Die waren hier eher zu finden. Sandra war sehr aufgewühlt. In ihrem Inneren sah sie sich und Markus an der Stange durch die Luft segeln. Der warme Duft des schützenden Zeltes empfing sie wie ein gemütliches, übergroßes Wohnzimmer, in dem es nach Einstreu und Heu roch. Wie das wohl war in vergangener Zeit in denen die Menschen noch neben und mit den Tieren gesiedelt hatten? Das hatte etwas Bodenständiges und Erdiges. Sandras Puls klopfte bis zum Hals. Mit vorsichtigem Griff fasste sie an die Rückenlehne einer Zuschauerbank in der letzten Reihe. In der Mitte der Manege war ein Holztisch aufgestellt, auf dem ein weißes Tischtuch lag. Zwei Stühle standen sich gegenüber. Bevor sie den Tisch näher in Augenschein nehmen konnte, wurde mit einem Schlag das Licht gedimmt. Das regelmäßige Knistern einer Schallplatte bereitete eine warme Behaglichkeit neben der eingeschränkten Sicht. „Für heute Abend bleibt die moderne Zeit außen vor. Bitte schalte dein Handy aus.“ Flüsterte es in ihr Ohr. Sandra zuckte instinktiv zusammen und verkleinerte den Abstand in ihrer Halsbeuge in derer sie den warmen Luftzug gespürt hatte. Sie traute sich nicht sich zu rühren. Ganz nah war Markus hinter ihr. Bestimmt passte kein Papier zwischen sie. Wie sehr wollte sie von ihm berührt werden. Beinahe wie von fremden Mächten gelenkt lehnte sie sich nach hinten. Nahm seinen herb samtigen Geruch in sich auf. Für einen Sekundenbruchteil beschlich sie die Angst, dieser Mensch könnte zu sehr in einer Parallelwelt wohnen und sie in den unumkehrbaren Strudel hineinziehen.

Seine warmen Hände umschlossen sie. Eine löste sich und strich die schwarz eingefassten Strasssteinchen des Ohrringes beiseite. Die frei gewordene Haut wurde mit einem gefühlvollen Kuss bedacht. Sandras Atem ging tiefer. Ihre vorher mental den Tag über aufgebauten Luftschlösser wurden zu dunkelroten, pulsierenden Lustschlössern. Wie einfach sie von den fantasievollsten Ideen dieses Abends zu dem simplen Gedanken kam die Nähe zu Markus nicht aufzugeben, ganz gleich was kam. „Komm mit.“, sagte er aus einem Meter Entfernung den nächsten Wimpernschlag später. Seine Hand hatte die ihre nicht eine Sekunde losgelassen. Die Sehnen seiner Arme waren angespannt und doch war sein Griff sanft. Er trug einen Justaucorps und hatte seine Beine in helle Strümpfe gesteckt. Mit einem ruckenden Griff brachte er den Holzstuhl ein gutes Stück weiter hinter, sodass die moosgrüne Samtbespannung zum Vorschein kam. Für Sandra war es als würde sie sich auf ein gemütliches Stück trockenen Mooses setzen ohne ihr knielanges, am Dekolleté von einem Metallring zusammengehaltenes Kleid zu beschmutzen. Sie kam sich neben dem gut gekleideten Mann etwas zu schlicht und modern gekleidet vor. Für sie war es als wäre ihr Gegenüber in einer Zeitreise zu ihr katapultiert worden. Die Schnallen an seinen Schuhen blitzten sie an, während er seinen Stuhl neben den ihrigen setzte. „Etwas Wein?“ fragte er und entkorkte die dunkelgrüne Flasche mit der schwarz schimmernden matten und zugleich glänzenden Flüssigkeit. Die ganze Situation war für Sandra aus der Vogelperspektive betrachtet so absurd, dass ein gewöhnliches Glas Wein sie wieder besänftigen konnte. Messerspielerei oder Trapezkünste wären ihr zu viel geworden.
„Du fragst dich bestimmt, warum ich diesen Aufzug gewählt habe.“ ergriff Markus das Wort während Sandra sich den herb-süßlichen Geschmack des Weines auf der Zunge zergehen ließ und die Flüssigkeit unmerklich in ihrem Gaumen herumwandern ließ. Sandra hob die feinen Augenbrauen und nickte. „Ich denke du bist bereit dafür.“ antwortete er nichtssagend. „Ja? Wie meinst du das? Bereit für was? Deine Geschichte?“, fragte Sandra mit hochgezogener Augenbraue und trockener Kehle, in der sie einen weiteren Schluck Wein nachtrank, um wegen ihrem trocken gewordenen Hals nicht zu husten. Ihre Zehen spannten sich etwas an. „Ich habe heute etwas Großes mit dir vor. Vertraust du mir?“, fragte er. „Ich denke schon.“ erwiderte Sandra knapp. „Du wirst nicht enttäuscht sein. Wir haben das Zelt für uns allein.“, brachte Markus ihr entgegen, während er zum Schallplattenspieler schlich. Eine andere Platte auflegte, den Tisch samt Flasche und Gläsern beiseite hob und Sandra mit einer würdevollen Geste zum aufforderte sich zu erheben. Die Berührung ihrer Finger genügte, um im nächsten Moment ganz ihrer gewahr zu werden. Sie in seine Aura hin einzusaugen. Sandra war sein Gast. Aus der Nähe betrachtete sie die fein gearbeiteten Knöpfe seines Spenzers. „Schließ die Augen. Wir sind heute ganz für uns. Das Zelt gehört dir und mir, alleine heute Abend.“ forderte seine dunkle und zugleich angenehm klingende Stimme auf. Sandra fühlte sich durch seine Worte wie in einem warmen Sommerregen umschmeichelt.

„Darf ich?“, fragte er während er seine Hände, die auf ihren Hüften ruhten, abwärts zu den Fesseln wandern ließ, um die Riemen ihrer Sandalen zu lösen und aus seinen Strümpfen und dem Justaucorps zu schlüpfen, um sie sorgfältig abzulegen. „Folge mir.“, flüsterte er ihr zu, während er ihre Hand nicht losließ, bis sie inmitten der Manege waren. Hier knöpfte er seine Hemdsärmel auf und krempelte sie nach oben. Er hob Sandra an als wäre sie leicht wie eine aus Papier gefaltete Figur. Trug sie in den Armen und wiegte sie. „Lass deine Hand in meinem Nacken und halte dich fest.“ Mit einer sehr eleganten Bewegung drehte er sie, sodass ihr Körper in Richtung menschenleere Tribüne zeigte und schwebte. Sein Arm hielt ihren Oberschenkel. Mit der anderen umfasste Markus Sandras Flanke. Er ließ sie sachte auf den Boden ab und murmelte „Das hat schon gut geklappt.“ Die Ader an seinem Kopf war etwas hervorgetreten, das tat seiner Attraktivität keinen Abbruch. Er war gerade dabei einen Kopfstand vorzubereiten, um sich über Sandras Kopf hinweg abzuseilen, als die zarten Finger ihn festhielten. Mit Freude ließ er sich ein Stück neben Sandra nieder und streichelte sie wie ein braves Kätzchen mit Berührungen, die eher ihre Muschi zum Glühen brachten als ein Kätzchen zum Schnurren. „Eine sehr gelungene Idee.“ wisperte sie noch ehe ihre neugierige Zunge den begierigen Mund von Markus erkundete und ihre Blöße frei präsentiert den streifenden Bewegungen seiner Finger entgegenrückte. Als sie die Knöpfe seines Hemdes öffnete trat ihr seine männliche Brust entgegen an die sie sich so harmonisch anschmiegen konnte. Sie fühlte sich wie ein Teil eines höheren Planes und gab sich dieser Rolle hin. Für heute war sie darauf reduziert Markus in sich zu spüren. Sein olivfarbener Johnny drückte gegen ihre feuchte, man kann sagen sperrangelweite Öffnung. Sandras Becken wand sich ihm entgegen und gab ihm freudigen Einlass. Er ruckte ordentlich nach, sodass sie für einen Moment still dalagen und nur fühlten. Sandra schloss ihre Beine um Markus Hüfte und drehte seinen Männerhintern in Richtung Boden. Das gefiel ihm sichtlich gut ihre Oberschenkel auf sich zu haben und sich wie ein berittener Mann zu fühlen. „Halt still. Ich werde dich jetzt nehmen.“ sagte sie und setzte an.

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