Stadtvoyeur, Lisa scheint keine Hemmungen zu kennen. Lange musste ich darben, bis ich sie entdeckt habe, auf dem Waisenhausplatz an einem Treppenrand sitzend, im kurzen Rock und mit angezogenen Beinen. Männerfantasie? Keineswegs. Lisa trägt ein weisses Baumwollhöschen. Klaro. Welche Frau trägt denn schon Reizwäsche, wenn sie arbeiten geht? Lisa ist Bürokauffrau und arbeitet in der Reisebranche. Die Länder und Locations, die sie den Sonnesuchenden empfiehlt, kennen natürlich nicht nur Frauen in Reizwäsche, die sich entspannt auf Hotelbetten räkeln, sondern auch splitternackte weibliche Schönheit am Strand – oh ja, ich war auch schon da!
Als Stadtvoyeur ist mein Leben aber nicht mehr so einfach wie auch schon. Ich werde nicht mehr fündig! Vorbei die Zeiten, an denen im Berner Bahnhof, am zweitberühmtesten Treffpunkt der Stadt, Röcke verkauft wurden. Frau bekam eine improvisierte Garderobe aus kobaltblauem Stoff zur Verfügung gestellt, hinter der sie die reizvollen Kleider anprobieren konnte. Die Garderobe hatte kein Dach! Stellte man sich im richtigen Moment auf die Rolltreppe, gab’s niedliche BHs zu sehen, oder gar einen nackten Busen, während man beteiligt-unbeteiligt ins obere Stockwerk glitt. Der Kick waren nicht die Brustwarzen, die im Frontalblick eh mehr hergeben als „von oben“ betrachtet. Der Kick waren die total ahnungslosen Frauen, die sich rührend aufs Anprobieren konzentrierten. Es war ein Glücksfall, dass ich damals, vor vielen, vielen Jahren, Claudia, die Physiotherapeutin, beim Ausziehen ihres T-Shirts beobachten konnte. Kennt man eine Frau persönlich, die sich ahnungslos entkleidet, vervielfacht das den Kick noch – die wahre Explosion im Voyeursgehirn.
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