Sternaugen

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Sternaugen

Sternaugen

Matthias von Schramm

Die junge Frau nahm einen Schluck aus der Wasserflasche. Sie hatte tänzelnd den Weg dorthin gesucht, sich dabei zwei Mal mit dem linken Zeigefinger am Hals gejuckt und in sich hinein gelächelt. Wie immer war sie eher langsam, ja gemessen geschritten, kontrolliert und beinahe scheu. Ihre dunkle Leinenhose schlenderte luftig um ihre zierlichen Beine. Ihre Freundin Mona, eine große brünette Frau hatte sie dabei immer im Augenwinkel behalten.
Sie war abgelenkt, dachte an zu Hause, ihren kleinen Sohn, ihren Mann und sie war kaum verblüfft als sie von der Seite erst ein Arm und dann eine Hand berührte. Sie reagierte kaum, nahm erst in Ruhe einen weiteren Schluck aus der Selterflasche und merkte erst dann, wie ihr die Männerhand einen zusammengefalteten Zettel zuschob. An ihr ruhte für einen Moment seine eher runde Schulter.
Sie ergriff den Zettel, sah nun zur Seite und wollte das Papier auffalten. Sie sah ihn in seine nervösen zusammengekniffenen Augen. Er schien sehr aufgeregt. Das gefiel ihr nicht. Er schüttelte mit dem Kopf und
drückte noch einmal seine Hand auf ihr zartes Armschanier. Nicht hier, schnalzte er flüsternd. Manon runzelte die Stirn.
Der langhaarige Jonathan drehte sich ab und ging ein paar Schritte auf seinen Freund Dr. Schneider zu, der sich wohl bemüht hatte, aber die kurze Szenerie zwischen der schwebenden Manon und dem dazu tretenden Jo nicht verfolgen konnte. Jo sah sich um. Alle waren mit sich selbst beschäftigt, niemand hatte die Situation verfolgen können. Dr. Schneider machte ein paar Fratzen, Jo grinste teilnahmslos syphisant zurück und zog sich an. Der stets schwarz gekleidete Nick, ein groß gewachsener Grufty brach seine Handfläche tosend auf Jonathans Schulter und fragte, ob er ihn zur Bahn im Auto mitnehmen könne.
Abwesend bejahte dies Jo. Das fand der junge Mann in schwarz, der so auf Anfang zwanzig geschätzt werden durfte, ultimativ cool. Manon hatte den Raum verlassen und in gesteigerter Neugier auf Jonathans Zettelinhalt verschwand sie in der Damentoilette. Ein Geruch aus Parfüm, Spülstein und feuchter Luft trieb ihr durch die sich öffnenden Nasenlöcher. Sie nahm einen Schwall von dieser unangenehmen Mischung auf und begann leicht zu schwitzen. Der Film, der sich auf ihre Stirne legte, kam aber von der Aufregung, die der Zusteckbrief bei ihr
verursachte.

Manon wunderte sich über sich selbst. Deshalb mußte sie lächeln. Neben den goldgelben Wandfliesen der Toilette fixierten ihre großen, runden Pupillen den Spiegel. Sie preßte ihre vollen, scharf geschnittenen
Lippen zusammen und sagte zu sich: Okay Manon, Du kannst Dich sehen lassen! Das eitle Wesen setzte sich gesammelt auf einen kleinen Stuhl neben dem Waschbecken, welches aus der Tiefe seines Rachen nach Chlor roch. Sie klappte die Beine übereinander und faltete den Brief auf. Sie sah auf das handgeschriebene Stück Papier und hielt den Atem an. Der Brief erschien ihr mit bemühter Hand geschrieben, geschrieben von einem, der es nicht gewohnt ist mit der Hand zu schreiben. Er hatte sich aber zusammengenommen, damit Manon auch
jedes Wort entziffern konnte. Manchmal löst so etwas Rührung aus bei Frauen.
Jede Minute, die Manon noch nicht wieder erschien war für den wartenden Jonathan schwer auszuhalten. Dennoch bewegte er sich kaum. Es war die Bannung, auf das was passieren würde wenn sie zurück käme, was ihn so starr machte. Die Probe der Theatergruppe zu der Mona, Manon, Nick, Dr. Schneider und Jonathan Krawittel gehörten war unbefriedigend verlaufen. Jedenfalls für Krawittel. Manon hatte ihn in ihrer Rolle geschnitten, gemieden beinahe und zum ersten Mal seit Wochen nicht geflirtet. Er hatte sich die Woche damit
rumgeschlagen und durchgerungen und alles auf einmal im Kopf gehabt, was sein Herz bewegte, einen Brief an die junge, verheiratete Frau zu schreiben, der Aufklärung über die Gefühlslage beider bringen sollte.
Der ebenfalls verheiratete Jonathan K. war sich nicht sicher, daß die schöne Manon etwas für ihn empfand, aber hatte bei sich bemerkt, dass er es verstärkt hoffte. Gerade als er sich nun dazu entschlossen hatte diesen Brief zu schreiben, den er in der Endfassung mit seiner Freundin Cher am Telefon besprochen hatte, zeigte das anvisierte Ziel seiner Emotionen eine kalte Schulter.
Jonathan war sich sicher, daß es falsch war, diesen Brief Manon in dieser Situation zugesteckt zu haben. Er offenbarte ihr Privates. Das ging die Frau doch gar nichts an. Statt über sich den Kopf zu schütteln blieb er immer noch sitzen. Blamage des Intellektualismus, gestelzte Formulierungen der Liebe, die doch recht fleischlich im Endeffekt zu denken sich vollzog. Eigentlich war doch jedem klar, daß dieses eitle Wesen mit den verrückten Augen, diesem süßen Mund und der kleinen Kartoffelnase ein Luder war. Und mit Sicherheit treu bis zum Exzeß. Jo hätte jetzt am liebsten über sich gelacht und sich anschließend mit einer entsprechenden Tablette ruhig gestellt. Er hatte Angst, daß Muskelfasern explodieren, wenn er seine Spannung untersuchte. Er bewegte seinen Kopf, sah zur Tür, wo doch Manon fast unmerklich jeden Moment eintreten würde. Sie würde ein vielsagendes Gesicht machen und ihn nicht ansehen.
Sie rutschte auf der unbequemen Sitzfläche des unbequemen Stuhles hin und her. Strich die letzten Zeilen des Zettels vor ihr glatt. Stand wieder auf und sah in den Spiegel. Fahlblass war sie. Schlecht war ihr. Sie drückte den Zettel an ihr Gesicht. Sie spürte ihren Körper nicht mehr, ihren leichten Körper, der so geschunden das Unrecht der Welt aushielt und der seit einigen Wochen ein Kind in sich trug. Die glückliche Familie hatte es ihr angetan, daß war Bedingung zum Leben. Mit Frank hatte sie das letzte Mal geschlafen um ein Kind zu zeugen. Als ihr das gewahr wurde, durchzuckte es sie wie ein Blitz. Manon bist Du verliebt?, fragte sie sich leise. Sie drückte die Lippen auf den Spiegel und die hinterlassenen Dampfspuren waren der undeutlichste Nebel seit
Wochen. Sie hätte gern genauer gewußt, was sie denken soll. Natürlich schmeichelte ihr Jonathans Brief. Natürlich träumte sie von ihm. Aber es war fast so etwas wie eine Unverschämtheit, daß er sich mit ihr treffen
wollte. Dazu noch heimlich am U-Bahnhof und dort im Volvo. Er würde doch wohl nicht meinen, daß er bei ihr leichtes Spiel hätte und sie wehrlose Frau schnell flachlegen könne? Sie kannte Jo nun acht Monate, aber eigentlich gar nicht. Sie vertraute ihm dennoch und all ihre Gedanken vergruben sich hinter dem Lippenabdruck auf dem Spiegel.
Das Erstaunliche an Frauen war für Jo die unerreichbare Zerbrechlichkeit hinter ihrer Stirn, aus der Härte und sogar Brutalität erwachsen kann. Hinter Manons Stirn war ein Urwald an wilden Gedanken zu vermuten, welche über die übliche Auswahl des passenden Duftes hinausgeht. Sie war ein Weib, welches Jagdfieber auslöste.
Ihr Lächeln war der kontrollierte Einsatz von: Schaut her oder laßt es bleiben, ich bin’s aber trotzdem: Die Frau die ihr interessant findet! DieZeit knabberte an Jonathan mutwillig. Die künstlerische Leiterin der Theatergruppe, eine große Blonde um die Ende zwanzig lächelte ihn offen an. Er vermißte Manons Lächeln und nahm den Stein wahr in seiner Magengrube. Das an den Fingerkuppen knabbernde Wesen, dieses was an ihm fast unmerklich vorbei schwebte und ihm Herzstiche versetzte war Manon. Sie sah nicht nach links, nicht nach rechts, sie sah zu Mona, ihrer Freundin und lächelte. Jens, ein kleiner gedrungener Mann so Mitte vierzig ging auf die beiden zu und verabschiedete sich mit freundschaftlichen Wangenküssen von ihnen. Er hätte weinen können, der Jo. Zum verkriechen war es nun zu spät. Geschlagene acht Minuten hatte dieses herzzerreißende Frauenmensch auf der Toilette verbracht und an seinem Brief gerochen, oder einen feurigen Tötungsplan seiner
Seele entwickelt. Aber, das konnte auch nicht sein, denn sie war doch gut, oder?
Die Welt mußte doch denken, wenn Mann sie so sah und wenn sie so war, daß sie mit ihrer Dose Anschluß suchte und das ihr Armschanier sich in den warmen Klauen z.B. eines Intellektuellen verkriechen mochte.
Die acht Minuten waren schlimmer als chinesische Folter. Das wollte er ihr heimzahlen. Irgendwann würde er ihr Blut trinken und in einen Fluß aus Milch speien. Er verkroch sich wie ein Schatz im Silbersee. Manon
war echt entsetzt. Diese gestelzten Worte. Er wollte doch sagen, daß er sie liebt, warum hat er das nicht getan? Er hat zwar das Wort sympathisch vermieden, aber er hat auch mit keiner Silbe angedeutet, daß er sie begehrenswert und wunderbar findet und Vergleiche mit Edelgestein umschifft wie ein Beamter aus einem muffigen Amtszimmer.
Wie Herr Dr. Vorzimmer. Der kann was erleben, dieser Phhh .... süße Scheißkerl!, dachte sie.
Die Marter, für das schöne Weibchen, welche sich Jonathan K. ausdachte, die würde furchtbar sein. Dabei stellte er sie sich nackt vor.
Nur noch nackt. Nur noch bloß und dahin gelegt vor ihm. Und er würde sie nicht foltern durch Ketten, Eisenkugeln oder Feuersbrunst. Er würde sie ansehen. Jede kleine Falte ihrer blassen Haut betrachten und hinter
ihre Stirn dringen. Er würde sie nicht schlachten, nicht verbiegen, nicht belehren. Nur begaffen würde er das Geschöpf, wie ein dahergelaufenes ungewaschenes gewaltbereites Schwein von der Straße in einer abgewetzten Uniform aus Biergeruch und Lüge. Männer waren eine einzige Lüge: das wußte Jonathan und damit könnte er sie strafen und darüber würde ihr Leib brennen wie eine ausgehungerte, vornehme Fregatte, die dann danach jammern würde den Lötkolben zwischen den Lenden und die weiche Ausbreitung, breiig und naß im schutzgebenden Bauch zu spüren. Dem Bauche der lasziven Mutti, der Bösen. Was dachte er da eigentlich? Das durfte er doch nicht denken. Er liebte sie doch, auch mit allem was unter ihrem Hals war und unter diesem Kopf
aus dem sie so zärtlich und unbedingt freundlich lächeln konnte. Die kleinen Fältchen um ihre Augen, die sie dabei rührend machten. Die junge Mutti, die Gute.
Er sah aber die Frau, die er lieben wollte. Jetzt sah ihn Manon an. Ein bindender Blick, der ihn ansaugte wie Gumminoppen. Eine Bewegung ihrer Nackenmuskulatur, die ihren Kopf zum nicken brachte. Er hatte nie
etwas Böses über sie gedacht, geschweige denn gesagt. Das mußte er sich jetzt selber glauben. Sie war eine Fee, denn sie hatte ihm zugenickt und alles durfte gut werden. Natürlich hatte sie ein Recht ihn warten zu
lassen. Diese Frage hätte er nie gestellt. Niemals nicht!
Das Nicken bedeutete, daß sie sich am darauffolgenden Tag, an einem Freitag vor einem U-Bahnhof mit ihm treffen würde. 45 Minuten vor der nächsten Theaterprobe. Sie würden reden. Bedeutete es das? Jo durchzuckten Zweifel. Es war ihr zuzutrauen, daß sie nicht kommen würde, machte sie doch darauf aufmerksam, daß sie stets wenig Zeit hätte, wegen Kind und Kegel und dem was sich so Privatleben nennt.
Sie hatte wenig Zeit zu zeigen. Die Königin hat für jeden nur ein paar Minuten. Eine Dreiviertelstunde ist etwas utopisch. Und die stets fünf bis zehn Minuten, welche sie immer zu den Proben zu spät kam, dies hätte doch niemand gewagt anzumahnen. Teufel aber auch, Schweiß unter seinen Augenrändern.
Es gibt Leute, wußte Jo, denen erlaubt mensch das zu spät kommen und anderen nicht, da dies dann als Unpünktlichkeit, oder noch schlimmer: Sabotage an der Harmonie verstanden würde. Das blanke, was er fühlte
war Angst, nämlich davor, daß sie nicht kommen würde und er dann ungeheuer versetzt wäre und sich überschätzt hätte. Sie hätte sich nur wegen eines Nickens nie rechtfertigen müssen. Jetzt stellte sich nur noch
die Frage ob Manon eine gute Frau war? War sie gut, dann würde er künftig ihre Zuverlässigkeit nicht mehr in Frage stellen. Er hatte Kämpfe mit ihr ausgetragen, oh ja. Sie hatte es gewagt gehabt über ihn, der ja eigentlich so klug war und ein denkender Geist dieses schöne Haupt zu schütteln. Das Haupt einer Diva, die noch nicht erwachsen schien unddazu noch näselte. Ja, Manon näselte. Sie hatte eine niedliche, scharfe Stimme, die den letzten Atemzug naiv ausstob und Sätze begann mit:
Kann es sein ...!, oder so. Solche Frauen sind natürlich im Prinzip gefährlich und die könnten z.B. sagen: Kann es sein, daß Du vorhin etwas ganz anderes behauptet hast? Und, verdammt noch mal, sie sagte solche Sätze und brachte damit Jonathan aus dem Tritt. Einen analytisch denkenden Menschen aus dem Tritt zu bekommen mit solchen Sätzen und mit ihren Augen noch dazu, daß ist etwas was an bodenloses Blut erinnert.
Auf solche Sätze antwortete oft der in sich kauernde und nach Sammlung suchende Jonathan K.: Ach die Sprache, ja die Sprache! Wenn Manon so etwas sagte, was seine Ehre zu beschmutzen schien, begann er aber meistens zu stottern. Für den 33jährigen Jonathan war das aber eine unschöne Erfahrung. Schön war nur sie, die ihm manchmal bei einer Partnerübung den Nacken kraulte, oder sich von ihm massieren ließ und ihm genau sagte, wo sie ihre dementsprechenden Zonen hatte.
Von Zonen wollte Jonathan K. aber gar nicht denken, sie war für ihn eine einzige Zone, vielleicht sogar eine Auffahrtszone, was er, wenn er dies dachte ziemlich vulgär von sich fand. Zwischen Haut und Haut, da sollte eben gar nichts sein, nur ein kurzer Atem an seinem Ohr, der ihm Geschichten zuflüsterte. In seiner Vorstellung machten ihn diese Geschichten zum Hero. Zu einem mit Degen Kämpfenden, der beim weiblichen Geschlecht aus nur einem simplen Grund auf so viel Gegenliebe stieß. Er war besser als die anderen. Besser als Frank und
Jens und die anderen Vorgartenzwerge aus seinen Comicheften, die sich selbst beim pimpern von Daisy Duck was weg holten. Jonathan wußte, daß er manchmal doch ganz im ernst wollte, daß die Welt so wäre.
Frank hatte am Morgen zu düster geschaut aus seinem hageren, so trocken blickenden Gesicht. Irgendwie sah er auch blonder aus wie sonst, so verändert. Und das Kind, dieser ulkige Racker, der schaute mißmutig, als Manon ihn ihrer Schwester überließ. Aber Manon war sich sicher, daß sie sich alles nur einbildete und es hatte ja seinen Grund an diesem Nachmittag Schattenbilder der Wirklichkeit zu sehen und fahrig zu sein. Schließlich würde sie ihn heute zum ersten Mal alleine treffen, um ihm zu sagen, daß ...! Ja, was eigentlich ...? Sie sah noch diesen Brief vor sich. Sie sah ihn vom gestrigen Abend und sie nahm ihn auch jetzt
wieder in die Hand. Ungelenk war das nicht, was da stand, aber dafür immerhin so, als ob sich ein Mensch alle Türen offen ließ.
Liebe Manon,
ich weiß nicht welches der beste Weg ist, mich an Dich zu wenden. Ich versuche es auf diese Weise. Ich habe diesen Weg gewählt, da ich es für kompliziert halte private Dinge im Rahmen der Theatergruppe zu verabreden oder gar zu besprechen.
Seit dem ich in der Gruppe bin (und in letzter Zeit verstärkt) empfange ich Signale von Dir, die mich berühren. Genau aus diesem Grund habe ich auf diese Zeichen reagiert. Ich nehme unsere geheimen "Spielchen" durchaus als positiv wahr, dennoch setzen sie mich unter Druck. Ich mag Dich und ich möchte Dir und mir (und anderen) nicht dadurch weh tun, daß ich etwas falsches im falschen Moment mache. Ich empfinde Dich als eine Art Herausforderung für mich und das wird allmählich zum Problem. Ich vermute, daß Du Dir auch schon Gedanken gemacht hast über unser "Zwiegespräch" auch außerhalb der Theaterproben. Ich empfinde es so, daß die Initiative dafür von Dir ausgegangen ist.
Deswegen möchte ich Dich gerne einmal in Ruhe zwecks Klärung der Lage (das ist nicht dramatisch gemeint) sprechen. Ich schlage vor, daß ich morgen um 16.15 Uhr am Ausgang Bahnhof Kiwittsmoor warte. Vielleicht können wir die Zeit vor dem Workshop nutzen um eine paar Dinge zu klären. Ich würde mich freuen, wenn es klappen würde.
Jonathan
Da gab es so viele Vielleichts, Durchaus und ich weiß nicht in diesen energischen Zeilen. Da flog einem so richtig der Wind um die Ohren. Was für ein Casanova. Aber die Welt war ein Sumpf sozialer Intelligenz
und männlicher Rücksichtnahme auf die Zartheit weiblicher Gemüte. Und weil das so war, hatte die liebe Manon nichts von den Männern zu befürchten, als den Hauch von schlechten Atem, den Jo manchmal
produzierte, wenn er aufgeregt war. Er stank dann manchmal aus allen Poren und Manon wußte, daß der Kerl geil war, bis unter die Schädeldecke. Bisher hatte er immer die Zähne zusammen gebissen und sich nicht auf sie gestürzt und sie vor laufender Videokamera verspeist, welche Nana, die Leiterin laufen ließ. Ein paar Mal hatte sie ihn in den Szenen so heftig angestöhnt, daß sie eine Körperstarre bei ihm bemerkt hatte. Dann war aber wie immer nichts passiert. Und jetzt aber dieser Brief. Niedergeschrieben, so fest auf die Leber drauf und beschissener Weise mußte sie ihm natürlich nun auch Mut zugestehen. Toller Kerl, loderndes Feuer, eine echte Stimmungskanone. Ob der auch im Bett so war?
Was meinte er mit Signalen? Sie liebte ihn, und? Ist doch was schönes, wenn mensch sagt, daß mensch sich liebt, oder nicht? Aber sie hatte es auch nicht gesagt und sie wollte es auch nicht! Müssen denn die Dinge
ausgesprochen werden, die alles so schwierig machen? Das Leben z.B. so schwierig machen? Was konnte Manon dagegen machen, daß sie sich als ein scharfes Ding fühlte? Eben! Und der alles schwierig machende Jonathan redet auch noch drüber ohne das Wort Liebe oder Titten zu benutzen. Manon saß hinterm Steuer ihres matt schimmernden, grauen Volvo Kombi. Der Wagen war unauffällig, aber so etwas wie ein Schiff, was da durch die Landschaft rollte. Der Lack war nicht stumpf, er war halt matt und dennoch war es ein Auto, welches mensch aus der Entfernung schon erkannte. Manon war schrecklich nervös, noch eine Ecke und sie war an der U-Bahnstation. Sie fuhr an den Straßenrand, sie versuchte noch einmal tief durchzuatmen, sie würde sich eh ein paar Minuten verspäten. Sie wußte, daß sie zu schön dafür war, als das er ihr
das übel nehmen würde.
Es war fünf vor vier Uhr Nachmittags gewesen, als Jonathan Krawittel aus der Bahn gekommen war, die Treppe zur Straße hinab stieg und im Schatten eines Tunneleingangs auf diese Frau wartete. Er war zwanzig Minuten zu früh. Er wußte das, doch seine Nerven hatten es nicht mehr mitgemacht später loszufahren. Er war frisch gewaschen und roch gut, hatte sich irgendwie auf dem Weg dahin einen anderen, einen Liebhabergeruch zugelegt, denn er sollte eine fremde Frau treffen. Eine Frau, deren Gesicht sich bei ihm eingebrannt hatte, insbesondere in den letzten Stunden war das geschehen. Seiner Frau Laura hatte er noch nichts gesagt, aber für das Wochenende war das fest vorgenommen. Manon sah in den Innenspiegel ihres Autos. Ihr Hals hatte rote Flecken, daß war der pure Wahnsinn, daß durchrüttelte und durchschüttelte den Kopf, den Armen. Ich werde kein Wort heraus bekommen, sagte sie sich und gab Gas.
Um viertel nach vier wußte Jo, daß Manon sich verspäten würde. Die Angst, sie würde nicht kommen, stieg. Sehr schemenhaft gingen Leute an ihm vorbei, U-Bahnen später und sowas ist ein frustrierendes Gefühl. Die Welt ist getaucht in Leben und er begann stehen zu bleiben, in kompletter Lethargie zu verharren, dabei hatte er an diesem Freitag so viel vorgehabt. Der Volvo bog um die Ecke, in dem nur eine Frau saß und das war Manon und gerade das kam ihm nun auf einmal wie selbstverständlich vor. Auch das öffnen der Beifahrertür, wie er es
vornahm, auch eben so, als würde das künftig öfter geschehen. Kaum saß er, kaum schnallte er sich an und kaum hatte er Manon begrüßt, schon war ihr Fuß wieder auf dem Gas und sie sagte: Laß uns hier weg, hier gibt es zuviel neugieriges Volk! Die Kupplung krachte, sie verschaltete sich und ohnehin machte sie einen zittrigen Eindruck. Sie hatte rote Flecken am Hals. Pure Angst, durchschüttelter Kopf. Das machte Jo auf einmal ganz ruhig, etwas sonderbar gelassenes spürte er an sich. Er glaubte eigentlich nicht, was er da sagte, aber er sagte
tatsächlich zu der fahrigen Frau: Ganz ruhig, es passiert Dir doch nichts. Ich bin doch bei Dir! Hatte es das jetzt im ernst gemeint? Ja vermutlich, er juckte sich am Bart. Manon hielt an einem Feldweg, der zu einem
Waldstück führte.
Wie immer begann es, und es war auch diesmal so, mit einer schicksalhaften Begegnung, welches die erste war. Komisch, oft sind es Titten und Popos, die den fixierenden Männeraugen sich als erste Beute bieten. Und von dem, woran dabei männlich nicht gedacht wird, möchte in diesem Zusammenhang nicht die Rede sein. Lieber nicht, oder so. Schuld an der ersten Begegnung zwischen Manon und Jo war Freund Dr. Schneider. Damals noch ein breitschädliger Kommilitone von Jonathan K. mit einem ewig sturen Lächeln im Gesicht. Groß, Ende zwanzig und blond wie eine schwedische Fischerin. Er hatte Jo zum teilnehmen an der Theatergruppe überredet. Dies lag lange zurück, so um die acht Monate, bis Jo sich ans Telefon setzte, mit seiner Freundin Cher sprach und einen Zettel beschrieb. Manon trug an diesem Tag, denn es war recht warm draußen, eine abgeschnittene kurze Jeanshose. Sie wirkte damit sehr jung. Mit ihren nackten Beinen tollte sie umher, spielte mit den anderen zufrieden, ohne den Neuen auch nur mit einem Blick zu beachten. Ihre Haare waren praktisch hochgesteckt und in ihrem wilden Getue lösten sich Strähnen die an den Seiten ihres erregten Gesichtes hinabfielen. Sie hatte schon damals eine etwa halblange Frisur. Sie befeuchtete die Lippen, kratzte sich an ihren Knöcheln.
Jo fragte immer wieder, wer diese Frau sei. Dr. Schneider mußte es ihm oft erklären. Jo konnte sich ihren Namen zuerst nicht merken, er kam ihm so ungewöhnlich vor. Aus ihrem schlanken, geradezu dünnen Körper stach in den Höschen ihr Hintern hervor. Das wirkte sehr weiblich, beinahe mädchenhaft, wenn sie sich bewegte. Nicht besonders, denn Jonathan guckte Frauen oft auf den Hintern, so wie er es halt tat und sie hatte eben einen schönen. Erst später spürte er, was sie mit ihren Augen anstellen konnte. Aber eines hatte dieser Hintern bewirkt, der sich so stramm und fest aus ihrem bewegten Leib heraus streckte: sie war gleich das erste an Frauenerscheinung, was er da aufnahm. Nur wo er sie bei sich hin tun wollte, daß hatte er mit sich noch lange nicht ausgemacht.
Die letzten Bewegungen der Karosserie schwangen aus, das summen um seine Ohren verschwand. Manon drehte den Zündschlüssel um. Sie atmete tief aus, löste ihren Gurt und lehnte sich zurück, ihren Rücken halb gegen Sitzlehne, halb gegen FahrerInnentür stützend. Er schnaubte, sah kurz aus der Beifahrerscheibe, nahm seine Brille ab und legte sie in seinen Schoß. Er rieb sich die Augen. Sie faltete die Hände vor ihrem Bauch. Sie sah ihn nicht an, sie funkelte, sie stach ihn, sie erstach ihn fast mit dem Blick, kniff dabei die Augen zusammen. Diese Frau sah sehr böse aus. Auch sie schnaubte. Jonathan rollte mit Zeigefinger und Daumen an seinen Bartzipfeln rum. Bitte tu mir nichts!, schien er zu denken. Sie war ja verheiratet und könnte ja nun sehr moralisch reagieren. Hör zu, ich ...!, begann er um wieder abzubrechen. Kein Kissen in der Nähe, in das er hätte Kuhlen bilden können, mit dem Kopf z.B. Der ist niedlich, wenn er vor mir Angst hat, dachte sich Manon. Du
bist sauer auf mich stimmt’s?, fragte er und traute ihr bei ihrem Blicken,dem ausmustern von ihm selbst zuzusehen. Dann schüttelte sie aber mit dem Kopf auf seine Frage.
Schauen tat sie aber noch giftiger als zuvor und vor allem schwieg sie weiter. Er suchte nach wohl ausgewogenen Worten. Eine wütende Manon, daß hätte er jetzt wenig gebrauchen können. Er wollte Lächeln,
oder irgendwas ruhiges sagen, statt dessen erwischte er sich, wie er ihrem Blick für einen Moment auswich. Sie stöhnte genervt, ließ ihre Hand niederfallen und erhob mit dem niederfallen der Hand, des Armes
und der wieder gewonnenen Energie ihre helle Stimme. Sag mal Mensch, hättest Du Dich nicht ein bißchen klarer ausdrücken können?
Kaum dies ausgesprochen, blitzschnell sah sie dann nach unten, ihr Blick traf seine Knie, die er irgendwie krampfhaft zusammendrückte. Er hob die Hand und versuchte sie anzusehen, doch sein Blick wurde gerade
jetzt natürlich nicht erwidert. Keep cool, meinte er und dann fragte er noch was sie von ihm wissen wolle und ergänzte das sie das ja dann auch erfahren könne. Sein männlicher Stolz schwand dahin und hatte er bisher noch beruhigend auf sie eingewirkt, so bekam er jetzt wieder Angst stottern zu müssen. Kann es sein, daß Du weißt was läuft?, fragte Manon.
So eine Frage mußte sie stellen, damit brachte sie ihn an den Rand der Offenbarung, forderte sie Muster offenherziger Erklärungen von einem, dem sie die Konfrontation ihres ganzen Leibes sehr unmittelbar zumutete. Willst Du mit mir nicht darüber reden?, fragte Jo verzweifelt die nun schon fast lässig zurück gelehnte Frau neben ihm. Jetzt schon!, war ihre Antwort. Ihre Gesichtszüge entspannten sich:
Kannst Du Dir vorstellen, wie eine Frau das aufwühlt? Ich habe Deinen Brief wieder und wieder gelesen. Und weißt Du was? Es hat mich gefreut diesen Brief zu bekommen, ja es hat mich gefreut. Ich suche beim Theater spielen etwas, ja... aber ich frage mich, ob es jemand ist der ... kann es sein, daß Du Dich nicht getraut hast mir ganz offen zu sagen, was Du fühlst? Jonathan, ich bekomme ein Kind und in drei Monaten ziehen wir nach Bremen. Weißt Du, wie ich sowas jetzt gebrauchen kann ...?
Mir ist es nicht leicht gefallen, diesen Brief zu schreiben!, sagte Jonathan Krawittel. Sie bäumte sich auf, sie sah ihm in die Augen. Sie begann mit ihrem Blick etwas zu ändern. Kurz drückte sie ihre Lippen aufeinander
und wie als wäre da noch etwas anderes geschehen lächelten sich beide an. Da drückte sich Jo ganz verstohlen an die Kopfstütze seines Sitzes und er schien doch einige Zentimeter zu weit weg von ihr, um ausdrücken zu können, was ihm ihr Lächeln sagen würde. Was willst Du jetzt von mir wissen?, fragte sie ihn. Ihr Lächeln wurde stärker und fast schien sie mit dem Kopf zu Schütteln, weil sie die Situation so in Richtung aberwitzig fand vielleicht. Ich will wissen, was Du für mich empfindest?, schluckte er. Manon grinste sehr frech. Und sie dachte sich, daß der ja nun auf einmal richtig davon reden konnte, was er dachte und fühlte und das er sie als Frau mal sehen würde, so ganz richtig als Frau, die ihm da nah, hübsch, sexy und wohlriechend
gegenüber saß. Sie fand auch, daß dies das Mindeste wäre, was sie von ihm verlangen konnte. Sie betrachtete einen Ausschnitt ihres Gesichtes im Innenspiegel und fühlte sich bestätigt, was da das Mindeste war. Du
willst hören, daß ich mich in Dich verknallt habe, stimmt’s? Kann es sein, daß Du das hören willst? Jonathan wollte hören, was sie wirklich empfindet, für ihn nämlich, dem bei dem es zu fragen war, wie viel Zentimeter es nun waren, die er, der mit dem ausgefransten Bart und den langen Haaren von ihr weg saß.
Die erste Zeit waren Manon und Jo umeinander geschlichen, wie TigerInnen in fremden Revieren. Es dauerte lange, bis mal miteinander gesprochen wurde, oder ein Blick gehalten. Manon fand bei den ersten Begegnungen diesen Typ unheimlich nervtötend. Sie fand ihn soweit ganz hübsch, immerhin. Aber er flüchtete so vielseitig und außerdem verhieße ihr die ständige Nähe mit seinem Freund Dr. Schneider nichts gutes. Manon glaubte diesen blonden Breitkopf nicht zu mögen. Ein arroganter Spinner und Dauergrinser und dieser aufgedrehte Intellektuelle dazu. Sie tat Jo unter der Rubrik Interessant ab. Das war Manons beliebteste Menschenrubrik. Viele Nichtfreunde und Dummköpfe fleuchten da umher und einige hatten eine erotische Ausstrahlung auf sie. Die hatte Jo. Wie er seine Hände bewegte, wie er vom Leben sprach, aber meistens mit Nana, dieser großen klugen Frau und Dr. Schneider, diesem aufgedrehten Affen. Jo sagte manchmal Sachen über die sie Schmunzeln mußte, wenn andere bereits darüber lachten. Einen Spruch von Tomi Ungerer, diesem großen Elsässer hatte er mal angebracht, als er darauf angesprochen wurde, wohl von Gisela, daß mensch nicht wüßte wie er das nun gerade gemeint habe. Ungerer hatte damals gesagt und Jo zitierte ihn: Wir haben eine linke Hand, eine rechte Hand und irgend etwas in der Mitte.
An seiner Mitte war Manon schon sehr interessiert. Sie lebte sehr aus ihrer Mitte und diese war ihr wichtig, damit sie nicht ungleichgewichtig daher käme. Er sprach nie aus was er zu denken schien. Er begann zu
stottern, wenn er mit ihr zu reden begann. Manon konnte darüber nur den Kopf schütteln. Und sie fand, daß er Quatsch erzählte. Sie war in ihrer Jugend ein schüchternes Mädchen gewesen. Sie hatte eine schöne Freundin gehabt und sich neben ihr immer klein und unbedeutend gefühlt. Und über diese Tatsache schienen die Männer, inklusive Jo hinweg zu gehen, selbst wenn sie davon erfuhren, wie da auf Dr. Schneiders Party. Irgendwann begann die Zeit, daß Jo ein paar vernünftige Sachen vor der Gruppe formulierte und auch zu ihr selbst und dabei sah sie ihn dann immer sehr nett an, so nett sie konnte jedenfalls. Und sie gab auch vor der Gruppe zu, daß Jo sich einbrachte und das es gut war so im wesentlichen und für alle und für sie selbst. Also, sie hätte sich da
bestimmt nicht ausgenommen, keineswegs, dieses wäre ja auch das Letzte gewesen. Sie hatte irgendwann gedacht, sie müsse fair sein.
Außer Jens, war schließlich Jo der einzige Mann in der Gruppe. Nick und Dr. Schneider waren kleine Klugscheißerchen. Das hieß aber nicht, den Blick an ihm zu lange haften zu lassen und somit dafür zu sorgen,
daß er sich was einbilden würde. Sie bildete sich schließlich auch nichts ein.
Die amputierten im Kopf, mit denen wollte sie eigentlich gar nicht reden. Ihre Freundin Mona fand, es gäbe da nicht wirklich welche unter denen in der Gruppe. Manon fand das ja auch nicht. Und trotzdem, zum Zeit
verschwenden war sie eigentlich nicht hier. Mona war ja immer schon der Meinung gewesen, daß Jonathan auf sie abfahren würde und zwar gar nicht so versteckt, wie es Manon fühlte. Manon hatte das wichtige Gefühl, daß Mona die Wahrheit sagte, aber sie wollte davon nicht immer etwas wissen. Der spinnt doch, oder?, oder so! Und Mona musste manchmal ihre schlanken Schultern zucken lassen, ihre Stirn runzeln und dafür sorgen, daß solche Dinge dann stehen gelassen würden. Naja gut, damit konnte sie umgehen, die eitle Manon. Sie redeten nicht viel davon, die beiden Freundinnen. In der Hauptsache ging es um Monas Beziehung. Sie hatte seit Jahren mit einer Frau zusammen gelebt und geliebt und jetzt war alles vorbei. Manon hatte sogar Übernachtungsmöglichkeiten angeboten, falls es Mona zu Hause nicht mehr aushalten würde.
Eigentlich schien den Beobachtern diese solidarische Vorgehensweise des Luders Manon nicht in den ideologischen Kram zu passen. Aber, so jemand wie Jo hatte das durchaus positiv registrieren dürfen. Dr. Schneider war ja der Auffassung, Manon habe etwas gegen Lesben.
Allerdings wußte Dr. Schneider nicht genau, was damit gemeint ist: Eine nicht heterosexuell lebende Frau mit intakter Psychologie und dem Reiz einer Ausstrahlung auf Männer. Dr. Schneider war ja mal ganz schön verknallt gewesen in die große Mona, mit den braunen kurzen Haaren. Ihre Haut errötete sich wieder und sie sah ihn an, wie sie das bestimmt noch nie getan hatte. Dieser Blick war auf einmal enorm privat. Sie rückte näher, ihre Lippen bekamen in diesem Moment so eine scharfe klare Form wie nie. Alles in ihrem Gesicht war auf einmal so klar und scharf und Jonathan hatte das Gefühl, als wäre ihm das vertraut. Es war so, als wäre ihm eine Privatheit vertraut, die er mit dem sensiblen Gesicht der zierlichen, wunderschönen, bleichen, verletzlichen, starken Frau natürlich noch nie gehabt hatte. Er lächelte hilflos, seine Züge schienen angeschlagen und er sah und spürte, daß ihre schmalen, körperwarmen Beinchen seine Beine berührten. Er sah wie in Zeitlupe, wie sie ihre Hand hob und diese geschmeidig auf seinem Schulterrist niederließ.
Seine Höcker zuckten. Dies angefesselt sein war wie ein bohrender Stab, der in seinen Magen fuhr, der ihn schwer anschlug und in ihm rührte und die Bahnen seines Blutes bestimmte. Ihr Handrücken, der
kühl war und nicht feucht, wie das innere ihrer Hand, streichelte seine behaarte Wange.
Ich bin in Dich verliebt!, sagte sie. Das darauffolgende Schweigen wirkte ein wenig traurig. Er streichelte zum ersten Mal ihr Gesicht. Dieses zu tun war nicht traurig gemeint. Das mußte sie ihm einfach glauben. Manon
war erleichtert. Unheimlich erleichtert war sie. Er hatte gut reagiert, er war nicht in den stürmischen Verlust der Selbstkontrolle geflüchtet und sie wußte das er alles tun wolle um ihr die Geborgenheit zu geben, welche innerhalb eines Volvos möglich war. Das ist jetzt sehr schön!, flüsterte er. Sie nickte vielversprechend und schaute aus dem Fenster in den Himmel hinein. Und als sie so in den Himmel sah und die Zeit verflog und beide zum Workshop mußten, da erschien es ihr so, als ob praktische Fragen abzuklären wären. Willst Du mit mir ficken? Fragte sie.
Ach ja, dieses schöne deutsche Wort. Dieses Wort in dem soviel Menschlichkeit steckte, soviel Freude und Zuversicht und welches auch sagte: Willst Du mit mir gehen, mir zur Seite stehen, willst Du bei mir sein
und in mich hi-nein. Diese verschlüsselte Botschaft: Ficken! Und doch so direkt und unvoreingenommen und wenn es eine Frau zu einem Mann oder ein Mann zu einer Frau sagte; so lieb gemeint. Dieses schöne, romantische, optimistische Wort, was soviel heißt wie: Koitus, Geschlechtsverkehr, Begattung, Beischlaf, Geschlechtsakt, Intimverkehr, Kopulation, Liebesspiel, Liebesvereinigung, Liebesverkehr, Schäferstündchen, Kohabitation. Dieser beseelte Begriff moderner Zeiten, der Dinge besagt wie: einen feudeln, bumsen, poppen, pimpern, eine Alte naß machen (vom Mann aus gesehen), sich dem Manne hingeben (von der Frau ausgesehen), die Möse einer scharfen Braut befeuchten (vom Mann aus gesehen), sich mit ihm beschäftigen (von der Frau ausgesehen), schrabbeln, klampfen, fetzen, nageln, durchficken, bedeutungsvolles Tun, nicht einschlafen. Und auch: einer schlaffen Sau den Rest geben oder sich was verschreiben lassen. Dieser wunde und
wunderbare Begriff, den Manon so gezielt, trocken und liebevoll austat.
Im Zelt der Liebe nicht den Ahnungslosen tun. Jemanden sagen, was mensch für ihn übrig hat. Manons Augen waren gewachsen. Ging das überhaupt? Ja! Das hungrige Biest saß ihm gegenüber, der mordende Pfeil im treffenden Moment im Freund der Liebe. Was sie sich vorstellte, war ihm nicht verborgen geblieben, aber senkte nicht zwingend das Niveau der Unterhaltung. Schließlich durfte sich jeder einmal freuen, wenn er im geeigneten Moment gefragt war seinen Saft abzugeben. Die Frage kann ich Dir nicht so einfach beantworten!, sagte Jo. Willst Du mich noch einmal treffen?, fragte sie. Das bejahte er. Sie verabredeten sich für nächsten Donnerstag um fünf zum spazieren gehen.
Zwischen den beiden löste sich die Stimmung. Sie rollten gelockert in ihren Leibern zum Spielplatzheim, wo diesmal der Workshop stattfand. Sie schwatzten nun im Auto nebeneinander. Es hatte die Ungezwungenheit, die das Wetter und so etwas hergab. .Meinst Du, ja wirklich? Ja, wenn Du meinst!? Achja achso, naja. Das hätte ich ja nun nicht gedacht. Was Du auch nicht? Siehste, habe ich doch gesagt. Ja ja, das glaube ich auch nicht. Naja und wie. Kann es sein, daß die Beifahrertür klemmt? Ja, ein bißchen. Was die anderen sagen werden, wenn die uns jetzt gemeinsam sehen? Die sagen nichts, die sehen nichts.
Ja kann auch sein, hi hi hi. Ist Deine Tür richtig zu? Ja, ich denke schon. Ach ich bin jetzt richtig erleichtert, ich glaube gar, es geht mir richtig gut. Ist das nicht die Hauptsache? Weiß nicht. Ach bloß nicht drüber
nachdenken, der Tag soll schön werden. Er wird schön. Ihr Männer
könnt das immer so leicht sagen. Äh! Naja, denke ich manchmal! Keiner nimmt Dir die Gedanken. (Flüsternd) Keiner Prinzessin! Jonathan? Ja. Ich glaube, Du bist lieb.
Beim hinein gehen in den Vorgarten, in die Union des Schutzraumes der nächsten Übungen heilten die Schürfwunden der Herzensangelegenheiten innerhalb von Bruchteilen von zehntel Sekunden einem medizinischen Wunder als nachahmender Event einer ärztlichen Empfehlung gleich.
Eine Sekunde vor der Tür sahen sich beide an. Tief und schwer und gut, so wie etwa zwei Wochen zuvor. Sie standen damals am Eingang zum Übungsraum. Die Tanzgruppe vorher war noch nicht draußen. Die Stimmung war mürrisch bis zynisch. Jens, der kleine Mann um die Mitte Vierzig quakte eindringlich auf Jo ein. Es ging über Behinderte, die Kuchen backen. Woher sollte Jonathan das wissen, er hörte nicht zu. Er konnte sich nicht erinnern Jens jemals zugehört zu haben. Acht bis zehn Meter davon weg stand Manon, ihre Augen hafteten auf Jo. Nana versuchte auf sie einzureden. Manon hörte nicht zu. Das letzte Mal hatte Manon zu Jonathan gesagt, daß er hübsch sei. Natürlich in ein interkommunikatives Spiel verpackt und sie wurde dabei ein wenig
rätselhaft. Sie starrten sich fünf Minuten an. Solche Blicke hatte Jo, außer mit seiner Frau selten empfehlenswert gefunden. Die eine Sekunde vor dem Spielplatzheim entsprach dem gleichen Blick, wie dem damals, der so lang war und der die ganze Umwelt aus dem aktuellen Leben verbannen sollte. Damals hatte das selbst Dr. Schneider mitbekommen und er kommentierte übermütig: Du bist hübsch. Jonathan überlegte sich, ob er ihm das übel nehmen sollte.
Es hatte draußen geregnet und so und die Frisuren waren wieder einmalnicht die gleichen geblieben, aber das kennen wir ja. Und daraus ergab sich nichts Neues, nur die Wiederbelebung Momente die hätten gesehen
werden können nicht zu erleben. Und das hatte manchmal auch Vorteile. Mona war gut drauf. Die beiden Freundinnen sahen sich ein wenig verlegen an, sprachen miteinander und taten nicht heimlich. Monas Blick
streifte Jo. Fast zufällig, es hätte auch nebenbei sein können und etwas, was nichts auslöste.
Mona machte ein paar gymnastische Übungen mit Jonathan, schnallte ihn sich auf den Rücken und schleuderte ihn halb durch den Raum. Mal lächelte sie, mal lächelte sie nicht. Er machte ein paar Schritte weg von
ihr, sah aus dem Fenster, seine Schritte kreuzten die von Manon, die ebenso nach Verlegenheitswegen suchte. Wie aus dem Nichts tauchte Dr. Schneider auf und brachte die Trümmer seiner spielerischen Arroganz unter die Leute. Er grinste vollmaulig. Nana trat auf die drei zu, die da beieinander standen. Manon sah zu Boden, ihre Finger an ihrer interessant gebogenen Nase, die genau genommen beim Lächeln etwas von ihrer Strenge verlor. Wenn sie ernst war, da machte die Nase, vor allem auf Jo einen weniger niedlichen Eindruck. Bringen wir mal die Männer auseinander! feierte Nana ihren Satz. Gute Sache!
Nana hatte sich Dr. Schneider gepackt, Jo und Manon standen nun beieinander. Unglaublich unverhofft. Sie unterhielten sich, z.B. über die nihilistische ungesund lebende Sonja, die daheim noch etwas Migräne hortete, wie die Frucht aus ihrer Beziehung mit ihrem Scheiß Freund, diesem Wichser. Jo hatte sich bei Dr. Schneiders vorletzten Umzug mit diesem fast geschlagen. Er war rechtzeitig dem entweichend gegangen und Manon erfuhr nun zum ersten Mal von diesen Umständen. Als die Unterhaltung länger wurde, kam die blonde Leiterin wieder zurück. Nana sah beiden tief in die Augen und sagte: Ihr könnt ruhig schon anfangen! Bei ruhiger Musik sollte mensch sich nämlich paarweise zusammentun und massieren. Beinahe schien es so, als konnten Manon
und der Langhaarige ihr Glück gar nicht fassen. Irgendwie flatterte alles vor Nervosität und Vorfreude. Sie legte ihre Hand auf seine Hüfte und führte ihn auf die Couch in der Spielecke. Die Ecke war etwas versteckt und einsehbar nur für die, die unbedingt etwas sehen wollten und Jonathan die alte Sau hatte sich da sofort visuell kundig gemacht. Er hatte aber kein schlechtes Gewissen bei seinen Phantasien, die ihm unwillkürlich kommen mußten, schließlich war er ja nun an der anmutigen Braut so nah dran wie nie. Sie würde ihn zuerst massieren und das kräftig voll geschlagene Roß der dichterisch künstlerischen Sensibilität klatschte wie ein nasser Sack in die Polster. Auf dem Bauch liegend schloß er die Augen. Sie fand das sofort sehr süß, wie er sich mit seinen
Problemzonen ihren gekonnten Händen hingab. Sie kannte diese ganz gut aus vorherigen Massagen. Sie berührte seine angegraute Mähne und fegte sie zärtlich von den Schulterblättern. Sie sah sich vorsichtig um. Sie streichelte seinen Nacken, massierte seine Schultern und flüsterte ihm Zärtlichkeiten in die Stirnrinden der Unvergeßlichkeit. Er atmete tief durch. Sie setzte sich auf ihn, drückte ihre Schenkel an die Seinen,
preßte sich mit aller Kraft in sein Kreuz, bis es weh tat.
Sie bemerkte die Unbeweglichkeit seines Oberkörpers und fragte mit leicht gebrochener, aber wieder an Festigkeit gewinnender Stimme:
Kann es sein, daß Du hier besonders verspannt bist? Da aber verspannte sich bei ihm schon etwas ganz anderes. Okay er mußte erst einmal liegen bleiben, denn einfach aufstehen und dann in der Jogginghose, nö das war ja nun überdeutlich. Sie sah sich noch mal kurz um und drückte ihre Lippen mit heißem Atem und leichter Anstrengung vom Massieren auf seine sich ikonenhaft darbietende Schweinewange. Diese schien zu flattern. Tausend Kolibries flogen von seinem Nacken hinab direkt in seinen Magen. Jede Berührung versuchte er in sich für die Ewigkeit zu registrieren. Sie ließ leicht die Hände über Schultern, Rücken, Po und Beine fliegen, ein paar Mal und immer leichter werdend bis sie ihn nicht mehr berührte. Er drückte seine Fresse fest in die
Polster. Etwas schien in ihm entspannt zu sein, etwas was ihn glücklich grienen ließ.
Manons Rücken lag vor ihm, wie der einer aus Wolkeneinheiten ausgeschnittenen Liebesgöttin, die den Schutz von zarten aber starken und gut meinenden Männerhänden begehrte. Was war sie nur dünn, so zart, so bemerkenswert zart. Mit zwei nebeneinander liegenden Handflächen deckte er ihren Rücken voll ab. Woher hast Du so gut massieren gelernt, Manon? Säuglingsmassage. Ach so! Als er sie jetzt berührte, veränderte sich für ihn eine Welt. Die Welt ihrer Schultern, ihres Rückens, ihrer Arme und Hände fühlte sich jetzt ganz anders an, als
bei den Massagen zuvor. Das Gefühl war neu und dieser Körper war nah, näher und zum Teil gar nicht so entspannt wie sonst. Der Frauenkörper in der weiten Baumwollhose und in einem langen, grünen Sweatshirt schien ihm erregt. Erregt und warm, obwohl er immer noch nach Wärme suchte, ja scheinbar die ganze Zeit gefroren hatte.
Gefroren, bis er seine Hände auf ihren Rücken legte und ihre Sehnsucht zumindest für ein paar Minuten gemildert wurde. Er streichelte sie sehr zart, massierte sie mit intensiven Gedanken. Ihr Gesicht lag da, der
Mund geschlossen, leicht lächelnd und sich vertrauensvoll in seine Hände gebend. Dieses süße Geschöpf, was er nur wärmen wollte so Ende Februar und was mit ihrer verletzlichen Haut ihre Waffen eingeholt hatte, als auch die Lider sich über diese Augen gelegt hatten. Stramm, dieser kleine, süße, niedliche Po in dieser Baumwollhose, die sich um das bißchen an Fleisch legte und von oben hinabfiel. Immer wieder gab es andere Falten, durch die kleinste Bewegung ihres Körpers gezogen, und da gab es ein neues Bild, welches Jo vorher so noch nie gesehen hatte.
Die beiden übten sich zum ersten Mal in einer Selbstdisziplin, die sich fast wie von selbst aufdrängte. Schließlich sollte niemand in der Gruppe mitbekommen, was so alles passieren konnte, zwischen zwei Menschen, die mensch ja anders kannte und die anders gehörten, z.B. auch hingehörten. Mona allerdings, schien gar nicht arglos zu sein und sie mußte wohl ihre Aufmerksamkeit nicht auffällig auf beide richten. Der Freund von Jo allerdings war das krasse Gegenstück dazu. Gab es Momente, die er nicht mitbekam, so wurde er nervös, schürfte mit den Hufen umher und begann sich von aller Welt und vor allem seinem Freund verlassen zu fühlen. Er war wie ein kleiner Junge, der Dr. Schneider, der lange nicht mehr gebeten worden ist seinen Spinat zu
essen, als Zeichen einer brutalen Zuneigung, damit er sagen könne, dass er keinen Spinat essen wolle und dazu heftig mit dem Kopf schütteln.
Die Mutter würde dann sagen: Junge, das brauchst Du nicht essen, wenn Du nicht magst! Jonathan sagte zu ihm so etwas nie und dabei vermisste Dr. Schneider dies doch so sehr.
Am Ende des Workshops hatte sich Manon in ihrer Rolle als Sabrina in einen jungen Blonden verliebt, der neunzehn war. Dr. Schneider hatte das behauptet, was Manon sehr schlimm fand, denn schließlich wurde
sie dieses Jahr dreißig. Und eine Frau um die dreißig verliebt sich nicht eben mal in einen zehn Jahre jüngeren Arsch ohne Grund, zumindest paßte das nicht in Manons Weltbild. Jonathan, der den Filmemacher Ben darstellte, sollte Sabrina zu einer Vermittlung verhelfen. Ben war darüber sehr traurig, daß die junge Psychologin Sabrina ihn verschmähte und dafür einen jungen Soldaten, einen Kollegen von Jochen bevorzugte.
Zum Trost küßte sie Ben verwaschen auf den Mund. War das der erste Kuß?
Es war Sonntag abend so gegen neun Uhr, als Jo mit seiner Frau Laura bei einigen ermutigenden Krügen Wein saß. Das Wochenende hatte einen vollen Plan gehabt. Samstag nach dem Workshop hatte es einen Yoga und Atemtag bei einem befreundeten Yogi gegeben und am Sonntag war so eine Art kleines Familientreffen, da Jonathans Vater seinen Geburtstag nachgefeiert hatte. Laura und Jonathan waren demzufolge froh, hier bei dem Wein zu sitzen und die Aktivitäten des Wochenendes abstreifen zu können. Für Jo war die Zeit gekommen,
seiner Frau die Romanze mit Manon zu beichten. Laura wußte von den Spielchen zwischen Jo und Manon während der Theaterproben. Sie rechnete auch damit, daß sich mehr ergeben konnte, schließlich wollte
sich das Ehepaar in diesen Dingen nicht im Wege sein. Aber, Laura wollte wissen wann etwas passierte und sie mußte auch spüren, ob Jonathan verantwortungsvoll vorginge. In Manon sah sie keine wirkliche Gefahr für sich und ihre Ehe. Sie hielt sie für eine kleine frustrierte Hausfrau und Mutter, die nach einer schillernden Welt schräger Typen suchte und evtl. war Jonathan Krawittel für die kleine frustrierte Hausfrau ja ein schräger Typ.
Als Jo seiner Frau erzählte was vorgefallen war, lächelte sie nur kurz und trocken und meinte, daß er ruhig mit ihr schlafen solle, wenn er es wollte, schließlich würden sich doch beide dieses Abenteuer wünschen und
somit die Gelegenheit ergreifen wollen. Jo war sehr froh über diesen Verlauf des Gesprächs. Er konnte friedlich einschlafen, nachdem er mit Laura friedlich Sex gehabt hatte. Die Tage bis Donnerstag vergingen
nicht. Warum?
Nun so etwas ist meistens sehr logisch zu erklären und diesmal ist es natürlich auch so. Da will mensch jeden Moment nichts anderes Denken, als an diese Eroberung einer Schlüsselreiz artigen Reflexion. Gesichter
nahe vor den Augen, Augen nahe vor den Augen. Manon hatte das Gefühl flötend durch ihr kleines Reihenhaus zu flankieren, in große Lächeleskapaden zu verfallen, immer wieder, Stunde für Stunde. Franks argwöhnischer Blick und seine asexuelle Haltung ihr gegenüber staubte an M ab wie weißes Pulver, welches dann auch wieder in der Luft zerging. Der nach Harmonie bedürftige Geschäftsmann sah sie des öfteren hilflos an. Manon trug den kleinen Hans auf dem Arm, dessen weiße weiche Haut sich in ihre warme Schulter muldete. Kein Bild des
Friedens. Nachts lag sie wach und stellte sich über ihr Jonathans abgrundtief belustigtes Äußeres vor und wie ihm die Haare aus der Stirn wehten und wie sich seine Schlüsselbeine zu ihr nieder senkten und ihr
hungriger Leib beinahe explodiert wäre. Neben ihr lag Frank. Er sah starr an die Schatten der Decke. Sie bemerkte ihn nicht mehr, er löste sich in seiner Hingabe zur Harmonie auf. Sein hagerer Körper existierte
gar nicht für sie. Sie dachte nicht an Frank, ihr Leben, ihr baldig neues Heim in der Nähe Bremens, ihr Kind. Sie hatte Sehnsucht nach Jonathans Spielvorlage.
An diesem Donnerstag fuhren Jonathan und seiner Frau Laura zu ihrem Hifihändler um sich ein Massekabel für den alten Plattenspieler zu besorgen. Zwei Stunden später sollte er M am Bahnhof Ohlsdorf treffen. Manon und Jo fuhren in ein nahe liegendes Waldstück hinter dem Friedhof. Da Manon nicht für schwarzen Humor war, hatte sie diesen Ort zum spazieren gehen dem Friedhof vorgezogen. Gemessenen Schrittes und zum ersten Mal Arm in Arm und dabei nichts zu sagen. Der Flächenbrand über die Leiber ließ die beiden sich doch anständig
verhalten. Dabei sank er in ihren Blick, in diese Glut, die einfach nie zu versiegen schien und fortwährend das Leben dieser Frau in sich trug.
Die Lippen berührten sich, eine Vorstellung die 1000mal vollzogen wurde und der Traum wurde übertroffen. Ihr zierlicher Leib, dieser knappe Zentner auf 168 cm verteilt kuschelte sich in seine Arme. Sie sah dabei niemals weg, immer bannten ihn ihre Augen. Diese erotische Maschine schien ihn für ewig durch die Ohren zu toben. Tosende Stille, wie John Cage bemerkt hätte. In ihrer Ruhe lag wirklich Unruhe, wirklich Kraft, die ihn fordern würde, jeder Zweifel wäre nun begraben gewesen. Einige Male küßten sie sich auf den Mund. Nur die Winde
umher und zwischen dem Fleisch beider Lippen nichts mehr. Mehr passierte nicht, da immer noch im Zögern das Wunderbare lag. Dieser Wunsch nach dem dringlichen ausweiten der Spannung wie in einer Teenagerliebe. Sie drückte ihren Kopf an seine Wange und hauchte fast singend ihre liebkosenden Träume in sein Gesicht. Sie sagte ihm, daß sie sich jede Nacht vorstelle, wie sie mit ihm poppen würde. Und er fühlte sich geehrt, und bekam das Gefühl auf ungeahnte Weise diplomiert zu werden und sich wie der Oberförster dieses Waldes zu fühlen. Meine
liebe Prinzessin, murmelte er nun des öfteren. Er konnte nicht glauben, was für ein liebes Mädchen er in den Armen hatte. So ein liebes Mädchen.
Ein liebes Mädchen welches es ganz offensichtlich faustdick hinter den Ohren hatte. Aber die nun gerne nur mal romantisch sein wollte, für so zweieinhalb Stunden. Sie strahlte dabei, ganz offen, ganz froh und war so schön. Sie legte ihre Hände um seinen Hals und lehnte ihr ganzes Gewicht gegen ihn. Mit den Augen unter ihm sah sie ihn verliebt an, wie ein Menschlein, welche mit siebzehn oder achtzehn Jahren zum ersten Mal ahnen könnte, was das Glück des Liebens mit einem bizarren Kerl bedeuten dürfte. Automatisch wanderten seine Hände für einige Sekunden immerhin auf ihren Popo. Es schien keine Absicht von Jo, er war sich dieser nicht bewußt als ihm dieses kleine geile Bündel mit der kleinen, geilen, knackigen und festen Kiste in den Armen lag. So ein
süßes Gefühl. Diesen kleinen Knackarsch hätte er gerne ein bisschen versohlt. Mann haut aber doch keine lieben, trächtigen Muttis. So etwas tut Mann einfach nicht.

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