stürmischer Abend

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stürmischer Abend

stürmischer Abend

Onyxe

Es war ein stürmischer Abend Anfang März. Die Nacht brach herein. Schwarze und indigofarbene Wolken zogen rasch über den Himmel und verschluckten das letzte Glühen des Abendrots. Elegant gekleidete Menschen strömten die Stufen hinauf zum Theater. Der Wind erfasste die Frisuren der Frauen und fuhr unter die Röcke ihrer weiten Kleider und bauschte sie auf. Ein Auto hupte grell. Eine eigenartige Atmosphäre zwischen einer wild auftrumpfenden Freiheit und einer unterschwelligen Bedrohung lag in der Luft. Die jungen Bäume, die die Allee säumten bogen sich unter den Windböen und einzelne Äste schlugen zu Boden. Gerald war spät dran. Seine Mutter hatte ihm die Karte für die Aufführung des „Fliegenden Holländers“ kurzfristig überlassen. Bis zum letzten Moment schwankte er, ob er überhaupt hingehen sollte. Auf der beleuchteten Steintreppe drehte er sich um und sah zu, wie sich die Nacht über die Stadt senkte. Er sog die Luft ein wie ein berauschendes Parfüm. Das Blut pulsierte in seinen Schläfen. Er strich sich die aschblonden Haare aus dem Gesicht, straffte sich und betrat das Foyer des Theaters, als bereits der Gong erklang.
Er durchquerte mit großen Schritten den Raum und hastete über die mit einem roten Teppich ausgelegten Stufen zu seinem Platz in einer der Logen. Mehrere Personen drehten sich zu ihm um, als er mit der bei ihm üblichen Heftigkeit hindurchdrängte und sich in die kleine Loge zwängte. Als er zur Seite sah, bemerkte er, dass neben ihm eine sehr dünne, fast zerbrechliche Frau in einem Seidenkleid saß, dessen Farbtöne im sinkenden Licht zwischen dunklem Grau und blassem Violett schwammen. Er berührte mit seinem Bein ihren weiten Rock, der leise raschelte. Entschieden zog die junge Frau ihren Rock zur Seite. Trotz ihrer Winzigkeit wirkten ihre Bewegungen entschlossen und geschmeidig, fast eine Spur mutwillig. Lange blonde Haare umrahmten ein fein geschnittenes Gesicht mit einem fast kindlichen Lächeln. Ihr Mund erinnerte ihn an eine kleine rosa Blüte in dem honigweißen Gesicht. Das Licht erlosch, die Ouvertüre erklang. Ein seltsamer Duft hüllte Gerald ein, den er lange nicht enträtseln konnte. Er erinnerte ihn an süßen Tabak vermischt mit Honig, aber das war nicht alles. Während die Aufführung ihren Lauf nahm, beschäftigte ihn ständig der eigenartige Duft, der ihn immer mehr vereinnahmte. Den Aromen war eine scharfe Note beigemischt, die ihn reizte. Immer öfter streifte sein Blick im Schutz der Dunkelheit das Profil der Frau, ihre zierliche, leicht gewölbte Nase und wanderte über ihre entblößte Schulter zu ihrer kleinen festen Brust. Er ertappte sich bei dem Wunsch, mit den Fingern über diese schmale Schulter zu streichen. Sein Denken begann um ihren Schambereich zu kreisen. Er fragte sich ständig, ob sie unten rasiert war oder wie das Haar am Eingang ihrer Spalte beschaffen war. Plötzlich wusste er schlagartig, an was ihn der Duft erinnerte: Es war das kräftige Aroma frisch gemahlener Wacholderbeeren.

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