Sündige Engel

Tinas Geschichte - Teil 24

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Sündige Engel

Sündige Engel

Stayhungry

Nach Agnes Meinung, war es Zeit, den nächsten Schritt zu tun. Sie schickte mich in das Abenteuer. Ich gebe dich in die Arme anderer Menschen, damit ich dich nie ganz verliere, hatte sie in meinen Nacken gehaucht und dies mit dem Liebesbiss gekrönt. Dann ließ sie mich in dem einem Wohnzimmer gleichenden, weitläufigen Raum allein auf dem Sofa sitzend zurück. Ich wartete eine Zeit und studierte den Raum, in dem ich mich erst einmal aufgehalten hatte. Ich war interessiert, aber nicht aufgeregt. Was sie für mich arrangierte, konnte mich nicht ängstigen, jetzt nicht mehr. Andernfalls hätte Panik begonnen, mich zu ergreifen, denn ich hatte schon früher so gewartet und die Erfahrungen waren zunehmend weniger beglückend gewesen, um es vorsichtig auszudrücken. Agnes schützende Hand nahm mir die Angst und ließ mein zartes Pflänzchen Neugier wachsen.

Die Tür rechts vor mir öffnete sich und eine Frau Ende zwanzig betrat den Raum. Sie war stark geschminkt, sehr ansprechend, hatte ein schmales Gesicht und schmale Lippen. Ihr dunkelbraunes, dem Grunde nach schulterlanges Haar war streng nach hinten gebunden zum jugendlich frechen Pferdeschwanz. Sie war wie ich in schwarzes Leder gekleidet. Das Korsett hielt sie eng geschnürt, drückte ihre Brüste nach oben, stützte und rahmte sie von unten und der Seite, sie selbst lagen frei. Schweigend kam sie auf mich zu, die Augen fest auf mich gerichtet, nickte kurz zum Gruß und ging zum Sideboard an der Wand zu meiner Linken. Sie entnahm der obersten Schublage ein Tablett mit silbriger Samteinlage, in dem fünf schwarze Gliedattrappen in aufsteigender Größe ansprechend bereit lagen. Sie bat mich, die von mir bevorzugte Größe zu wählen. Ich entschied mich für das gute Mittelmaß, das mir auch in natura immer am meisten Freude bereitet hatte. Sie stellte das Tablett auf die Anrichte zurück, entnahm das Kunstglied und klickte es in den Bajonettverschluss an dem zwischen ihren Beinen hindurchführenden Ledergurt. Die Szenerie, die Erwartung dieser Verheißung erregte mich und dies wiederum überraschte mich. Die Wochen mit Agnes hatten den Wunsch nach einem Mann in mir sehr abstrakt werden lassen. Die reine Sehnsucht nach Lust hatte das andere Geschlecht nicht einmal in symbolischer Form erforderlich gemacht. Aber mit diesem Angebot jetzt wollte ich mich ganz spüren und diese als Liebhaber auftretende Frau hingebungsvoll empfangen.

Madame hatte gut gewählt, mich zunächst nicht in die Hände eines Mannes zu geben, dessen Auftreten in dieser Umgebung unterschwellig auch Gewalt symbolisieren könnte, der Ängste, Erinnerungen in mir wecken könnte, die der Lust abträglich wären. Mich jedenfalls erregte es, dass sie, eine junge Frau mit einer Aura reiner Lebenskraft, aber ohne jegliche Aggressivität, sich um mich bemühen würde, dass sie mir Lust verschaffen wollte, dass ich mich ganz fallen lassen könnte. Langsam ging sie in ihren waffenscheinpflichtig hohen Stilettos auf mich zu. Ich sank zurück, öffnete meine Schenkel, breitete meine Arme in die Polster, zog sie nicht herab, wartete. Langsam stieg sie über mich, fand ihre Stellung für ihre Knie und Hände, beugte sich auf mein Gesicht, hauchte: Ich werde Dich lieben, und küsste mich ganz zart, vorsichtig, um langsam intensiver, fordernder zu werden. Ihre männliche Applikation kitzelte über meinen Bauch, an meinen Venushügel, zwischen meine feuchten, sehnsüchtigen Schamlippen. Ihre Brustwarzenpiercings irritierten mich. Sie standen für einen Schmerz, den ich nicht spüren wollte. Ich trug zwar selbst Piercings durch die inneren Schamlippen und fand sie sehr ansprechend, aber dies konnte ich mir nicht vorstellen. Doch jeder Mensch hat seine eigenen lustvollen Vorlieben. Vorsichtig liebkoste meine Zunge den Nippel ihrer rechten Brust mit ihrem Ringlein. Sie seufzte, schien Gefallen daran zu haben. Ihre feuchten Küsse bedeckten mich, ihre Zunge eroberte meinen Mund, um mir dann wieder ihre Brüste anzubieten. Ich war hochgradig erregt, stimulierte sie dort, an ihren Brustwarzen, den einzig frei zugänglichen erogenen Zonen, durch vibrierendes Züngeln. Ihr verhaltenes Stöhnen war kraftvoll, energiegeladen, so wie ihr mühelos über mir wie ein Bogen gespannter, athletischer Körper. Meine so weit als möglich geöffneten Schenkel lockten flehentlich, mich männlich zu lieben. Langsam drang sie mit ihrem Kunstglied in mich ein. Ich hauchte mein Stöhnen an ihren Hals, bekräftigte ihren steigernden Rhythmus mit stetig wiederholtem, stöhnendem Ja, als wollte ich der Gefahr begegnen, sie könnte aus irgendeinem Grunde nachlassen oder diese wunderbare Verwöhnung beenden.

In mir wieder etwas zu spüren, das vollkommen synchron mit den Bewegungen des Körpers über mir ging, war doch noch in anderer, einst selbstverständlicher Weise erregend. Das überraschte mich, denn ich hatte in letzter Zeit so gar nichts vermisst. Das irritierend Fremde meiner dominanten Liebhaberin ließ mich Agnes' Vertrautheit missen, aber der alte, offenbar nur verschüttete Drang nach unentdeckten Gefilden rührte sich wieder mit kraftvollem Begehren in mir. Ich weiß nicht, wie viel sie in ihrem Schoß verspürte als Folge ihrer Bewegungen in mir. Ich jedenfalls empfand tiefe Lust und ließ mich fallen. Wieder und wieder liebkoste ich ihre Nippel, um ihr in irgendeiner Weise entgegenzukommen, es ihrem Liebesdienst gleichzutun. Verrenkt lag ich so unter ihr, die sie mich in einem herrlichen Takt tief und wohltuend begattete. Meine Hände waren in ihre Hüften, ihren Hintern verkrallt, zogen sie nach ihrem Rhythmus in mich. Meine Finger bemerkten schließlich, dass der Bereich ihrer Pofalte frei lag, mein suchender Mittelfinger fand ihren Anus. Ich steckte ihr meine Finger in ihren Mund und lüstern befeuchtete sie mich, biss mich sanft in Hand, Arm, Hals. Dicht auf mich gepresst lag sie auf mir, hoch nach oben geschoben, das Glied nur noch tief in mich gedrückt. Ich führte meine feuchten Finger in ihren willigen After ein, versuchte, sie vibrierend zu erregen und gleichzeitig wieder zum Stoßen anzuregen. Sie bewegte sich heftig unter meinem Finger, stieß mich fast schmerzhaft lustvoll. Am Rande rief mein Verstand noch leise die Frage, warum Agnes mir nicht so gegenübergetreten war. Doch dann wurde ich von einer Welle hinweg getragen, die mir fast die Sinne schwinden ließ.

Nachdem auch sie unverkennbar gekommen war, zog sie sich mit weichen Gliedern aus mir zurück. Ich rückte zur Seite und machte ihr auf dem großzügigen Sofa Platz. Sie legte sich an mich, nahm die hilfreiche Attrappe ab und warf sie achtlos zu Boden. Sie war mir sehr angenehm, obwohl wir noch nicht mehr als ein paar Worte gesprochen hatten, und obwohl sie nicht lächelte. Ihr ernster Blick war voller Interesse gewesen, ihr Genießen, ihre Erregung, ihr Orgasmus aufrichtig, aber ohne für mich erkennbare Freude. Ich fragte mich, ob ich auch manchmal so aussah. In ihrem leeren Blick hing nun Melancholie. Ich strich über ihr Haar und wollte ansetzen zu sprechen, irgend etwas Liebes. Sie kam mir zuvor und legte ihren Zeigefinger auf meine Lippen, schüttelte mit weit aufgerissenen Augen den Kopf. Ich war verblüfft, aber ich wollte diesen so angenehmen Moment danach nicht zerstören und respektierte den Wunsch meiner fremden Schönen. Sie drückte sich an mich, und ihre Hände glitten ohne Hast noch einige Male über meinen Körper. Ich tat es ihr gleich, aber mein Streicheln war etwas matt und kraftlos, ich war irritiert. Plötzlich löste sie sich aus meiner Umarmung, sank zu Boden auf die Knie, zog mich vor sich, drückte meine Schenkel nach oben und pflügte küssend durch meine befriedigte Spalte hinunter zu meinem Anus, in den sie mit spitzer Zunge ein wenig drang. Dann stand sie abrupt auf, warf mir mit der Hand einen Kuss zu, verbeugte sich kurz und schritt erhobenen Hauptes, einem erotischen Ereignis gleich, zur Tür und verließ mich.

Das Fragen in Agnes' Augen erkannte ich nur in ihren Augenwinkeln, ihr Gesichtsausdruck gab ihre Zufriedenheit wieder, noch bevor ich mich geäußert hatte. Ja, sagte ich, es war wunderschön, aber … sie spricht fast nicht, vollendete sie das Bekenntnis meiner Verwirrung. Natürlich waren ihr die Besonderheiten anderer Gäste, Clubmitglieder oder was immer diese auch darstellen mochten, bekannt. Ich wartete also einfach, ob sie noch etwas erklären würde. Sie will sich nicht verlieben, sagte sie nach kurzem Überlegen, und das Liebesgeflüster ist für sie die größte Gefahr. Lass sie einfach, dann wird sie dir nie unangenehm sein. Ich ließ sie daher, in Abwesenheit, für den Fall, dass wir uns wieder sehen. Wir sahen uns wieder, allerdings nicht allein.

*

Saisonal bedingt war Hochkonjunktur in Agnes' Etablissement, die Sommerferien waren zu Ende und jegliche Geschäftigkeit vermehrte sich wieder. Mit ihr kehrten die angestammten Interessenten zurück und neue kamen hinzu. Agnes hatte bedauerlicherweise wenig Zeit, bemühte sich aber, mir so weit als möglich entgegenzukommen. Petra, die Steinerne, so hatte Agnes meine unbekannte Liebhaberin genannt, damit ich mit ihr einen Namen verbinden konnte. Sie hatte mein Erleben erweitert und ein wenig wäre mir daran gelegen gewesen, auch Agnes so zu erfahren. Doch ich fragte sie nicht und von ihrer Seite kam dergleichen nicht, obwohl sie doch sicherlich wusste, was in etwa geschehen war. Ich war ein wenig verstimmt, auch wenn ich mich wirklich nicht beschweren konnte. Sogar in diese exotische erotische Beziehung zogen also ein wenig Alltag und Abweichen der Interessen ein. Aber Agnes war liebevoll wie bisher und schließlich erklärte sie mir in Ahnung meiner Empfindungen, dass dies alles erwartungsgemäß so verlaufe, ich müsse nicht traurig sein. Aus ihrem Mund waren das keine banalen Worte, sondern echter Trost, denn ihr Einfühlungsvermögen war unvergleichlich. Auch mich erfasste wieder der Trubel beruflicher und familiärer Arbeitsmehrung, so dass sich längere Pausen in meinem Umgang mit Agnes und ihrem Reich der Lust ergaben. Nach einigen unspektakulären Zusammenkünften mit ihr, die in meinem Empfinden sehr zufriedenstellend verlaufen waren, ließen sie doch keinen Zweifel an ihrer liebevollen Zuneigung aufkommen, hielt Madame die Zeit für gekommen, mich meiner wahren Bestimmung zuzuführen. Das verhieß Spannung, Kribbeln, Kurzweil und lustvolle Erfüllung. Ich war gespannt.

Petra und eine mir namentlich noch unbekannte Schöne hatten mich in dem mir zunächst zugewiesenen Appartement abgeholt und durch mit Marmor geflieste Gänge mit erotischen Skulpturen und Grafiken in ein Zimmer mit der üblichen gehobenen Sitz- und Liegelandschaft und Ianggezogenem Bartresen geleitet. Ich hatte mich gefreut, Petra wiederzusehen, wollte aber nicht aufdringlich wirken und versuchte daher nicht, sie in ein Gespräch zu verwickeln. Ich sagte nur, schön dich zu sehen. Sie begrüßte mich im Vergleich zu ihrer sehr ernsten Stimmung bei unserem Zusammensein unbeschwert, erwiderte mein Kompliment mit einem angedeuteten Lächeln und lud mich in einer reserviert lasziven Art ein, ihnen zu folgen. Sie war genauso gekleidet wie das erste Mal und genauso reizvoll anzusehen. Wieder einmal stellte ich fest, dass mein Blick auf Frauen sich verändert hatte. Petras heiter entspanntes Auftreten ließ mich ahnen, dass sie nicht meine Geliebte sein würde heute Nacht.

Die andere junge Frau trug einen Büstenhalter mit silbernen Brustschalen, dazu einen kleinen V-förmigen hüpfenden Vorhang aus Perlen vor ihrer Scham, gehalten von einem Slip aus Silberkettchen und kleinen runden Silberplättchen. Vermutlich war ihr Schritt offen. Sie hatte eine sehr herzliche, offene Art und strahlte mich an aus ihrem von wilden schwarzen Locken umrahmten Gesicht. Diese Mähne glich ein wenig meiner, doch ihre war echt. Haarpracht, dunkler Teint und Gesichtszüge deuteten auf einen afrikanischen Einschlag irgendwo vor Generationen, eine wirkliche Schönheit in gelungener Mischung der menschlichen Möglichkeiten. Ich phantasierte sie als eine jener milden wilden Dschungelköniginnen, wie sie K. so gefallen hatten. Meine Königin wurde sie zwar nicht, aber meine Gespielin. Zunächst jedoch folgte ich ihr und Petra durch die ein wenig geheimnisvollen Gänge ins Innere des verborgenen Reichs, wo ich bisher noch nicht gewesen war. Ihre Rückansicht war mindestens so ansprechend, wie die Petras und die beiden bewegten sich wirklich Göttinnen gleich. Ich hatte eigentlich nie Komplexe in dieser Hinsicht gehabt. Nun merkte ich, wie ich mich bemühte, ihnen gegenüber in Eleganz und Sinnlichkeit der Bewegungen nicht abzufallen. Und dass, obwohl uns niemand begegnete und niemand folgte. Wir waren allein unterwegs im Labyrinth der Lüste.

Sie hieß Corinne und stammte von Mauritius. Eine wilde, nachhaltige Liebe zu einem beruflich dort weilenden Bauingenieur hatte sie hierher und in eine nach ein paar Jahren leider gescheiterte Ehe getragen. Nach ihrer Scheidung suchte sie nun einen neuen Anfang, ohne sich zu schnell festzulegen. So unvermittelt und unverkrampft kam ich mit ihr ins Gespräch, als wir auf den Barhockern saßen und warteten. Worauf? Ich fragte nicht, wollte die Überraschung für mich nicht schmälern durch Andeutungen oder Auskünfte, die ich ihr vielleicht entlocken konnte. Irgendwann neigte sie ihren Kopf zur Seite und fragte mich nachdenklich: Hat ein Mann Dich verletzt? Ich zögerte einen Moment, empfand plötzlich Misstrauen. Was hatte Agnes offenbart? Aber ich besann mich schnell, dass sie gewisse Vorgaben gemacht hatte, hatte ich ja erwartet. Denn wie sonst hätte es bereits zu diesem Erlebnis mit Petra kommen können, und worüber eigentlich sollte ich mich aufregen? Ich empfand unbeschwerte Lust, wenn ich hierherkam, fühlte Spannung, Neugier, Abenteuerlust und war doch geborgen.

Zwei Männer, antwortete ich. Der mich ins Reich der unendlichen Lüste trug, hat mich erniedrigt, und das ist tief verletzend, anders als das, was man gern Erniedrigung nennt, womit man aber eigentlich ein umfassendes Umfangensein, einen vorbehaltlosen Halt meint. Und der, der mich achtete, solange er mich begehrte, hat sich an eine andere verloren, mich hat er verlassen. Sie nickte, schien mit dieser kurzen Beschreibung Vorstellung genug von meinen Erfahrungen zu haben. Nun schwiegen wir, so wie es Petra im Zuhören die ganze Zeit schon getan hatte. Still war es und wir alle hörten, wie sich die Tür öffnete. Petras Augen weiteten sich und Corinnes Gesicht bekam einen so sinnlichen Ausdruck, so als habe der Genuss schon begonnen. Fast gleichzeitig drehten wir uns um auf unseren Barhockern.

Da stand er.

Ich konnte mich nicht erinnern, dass ich schon einmal so unvermittelt erregt war.

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