Wir tanzen Tango Argentino. Es ist ein Abend, an dem der Funke überspringt und eine Glut entfacht, die sich steigert mit jeder Bewegung, jeder Berührung. Das Begehren, das Verlangen, die Energie erschöpfen sich nicht, sondern nähren sich aus sich selbst. Dies bleibt niemanden verborgen, die Tanzfläche leert sich und manche der anderen Paare sehen einfach nur noch zu, genießen diesen Akt, an dem sie teilhaben dürfen, der intim und doch öffentlich ist, Andeutung und Vollzug in einem — zwei brodelnde Vulkane, deren Ausbruch sich unabwendbar anbahnt.
Irgendwann entfliehen wir dem Ort, an dem wir uns zur Schau stellen, wo wir uns doch nur wahrhaft begegnen. Die Fahrt im Taxi führt nicht zur Abkühlung, die Berührungen werden anzüglicher, direkter, meine Hand wandert in ihren feuchten Schritt, mein Mund liebkost wild ihre bebenden Brüste. Wir atmen schwer und wären ein öffentliches Ärgernis, wenn es den Fahrer denn stören würde. Der aber rückt nur den Spiegel zu Recht, obwohl der Verkehr außerhalb des Taxis hierfür keine plötzliche Notwendigkeit ergeben hat.
Als wir aussteigen und bezahlen, zieht sie den Rock nach unten und ihre geöffnete Bluse nur pro forma über ihre Brüste, ohne sich die Mühe zu machen, sie zu schließen. Wie Trunkene umklammern wir einander auf dem Weg die Treppe hinauf und sind doch wach wie nie und ungeschwächt von Alkohol, nur vollkommen in Bann geschlagen von unserer Erregung.
Kaum durch die Tür getreten, fällt schon im Flur jeder Rest von Zurückhaltung ab. Wir umschlingen, küssen uns in wildem Verlangen, das entgegen seinem Erscheinungsbild nicht eilig der Erfüllung zustrebt, sondern sie hinausschiebt und sie dennoch verheißt, vorwegnimmt, zelebriert, wenn sich unsere Körper aneinander drängen.
Haut, viel Haut, Zunge, Lippen, Küsse, Bisse, der Weg ist das Ziel, mit all den Liebkosungen rückt es näher und unklar ist, ob man, frau es überhaupt erreichen wollen, so Iustvoll ist dieser Sinnestaumel und so lieben wir uns durch die Wohnung, machen uns im Privaten öffentlich, denn diese ausufernde sinnliche Liebe braucht eine angemessene Bühne, auf der sie sich entfalten kann zu unserem Gefallen.
Der kleine Tod der Ekstase reicht nicht, um uns wirklich zu ermatten, er gibt uns nur Raum, um endlich zart miteinander sein zu können. Haut an Haut, die nicht mehr über hartem, kraftgeladenem, hitzigem Fleisch spannt, schenken sanfte Berührungen, gehauchte Liebkosungen. Umarmungen ohne jeden Willen zur Eroberung, wozu auch, einem zweiten Verlangen Leben, das kraftvoll, aber sanfter, ausdauernder, zeitlos ist. Die Gier hat sich davon gemacht und den Seelen Raum gegeben für das Begehren, die aufrichtigste Verehrung der Liebenden.
Dieser zweite Akt braucht das Feld des Schlafgemachs, denn hier findet die Vereinigung ihr wahres Ziel, dem sie nicht mehr in einem wilden Ritt zustrebt, sondern sie will sich selbst Ewigkeit schenken, einander zu spüren, ineinander, eins. Mit wachen Sinnen schlafen wir miteinander und unsere Körper und Seelen kennen keine Grenzen.
Irgendwann, nach vielen Ewigkeiten, schlafen wir nackt aneinander geschmiegt, nicht voneinander lassend.
Dieser Nacht ist nur angemessen, auf dem Balkon in der Morgensonne zusammen zu frühstücken ….
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