„Zuletzt ging es um die Eigenschaften der Röntgenstrahlung, ihre Entdeckung, und wie und zu welchem Zweck sie eingesetzt werden können. Davor haben wir über Kernspaltung gesprochen.“
Stefan nickte zufrieden. Er erklärte den Mädchen, wann und wo sie entdeckt wurden, erklärte es ihnen sehr detailliert. Käthe konnte indes ihre Augen nicht von dem neuen Lehrer abwenden. Sie war in gänzlich anderen Sphären zugange. Sie fiel Herrn Bühler gleich auf, weil sie auch optisch herausstach. Käthe wirkte älter, was an ihren fraulichen Rundungen lag. Er rief das Mädchen auf, fragte sie, was sie über den Einsatz der Röntgenstrahlung in der Medizin wusste. Käthe stand auf.
„Ich bin erst vor ein paar Monaten hierhergekommen. In meiner alten Schule hatten wir das Thema noch nicht. Physik liegt mir sowieso nicht so sehr, aber in Biologie bin ich ziemlich gut…“
Stefan stutzte! Was hatte das Mädel vor? Sie sah ihn frech an, beugte sich über ihren Tisch, indem sie die Hände aufstützte. Er wusste, dass sie log, da er ja den Bildungsplan kannte. Stefan warnte Käthe.
„Hör mir gut zu, Fräulein! Wenn du mich veralbern willst, bist du bei mir an der falschen Adresse!
Entweder du benimmst dich so, wie ich es von einer Schülerin der Oberstufe erwarte, oder ich nehme an, dass du noch ein kleines Mädchen bist. Sollte das der Fall sein, wäre das eher schlecht.“
Käthe grinste ihn an. Sie begriff nicht, dass ihre Provokation unangenehme Folgen nach sich ziehen könnte. Käthe trieb es auf die Spitze, weil sie es einfach wissen wollte. Ihre Antwort war zu viel.
„Man sieht doch wohl, dass ich kein kleines Mädchen mehr bin. Oder wollen sie das bestreiten?“
Stefan entgegnete ruhig: „Gut, da du es unbedingt so haben willst. Komm mal zu mir nach vorne.“
Käthe freute sich, dachte sie hätte ihn so weit. Obwohl sie erst vor kurzem die Rohrstockstrafe bezogen hatte, fürchtete sie sich kaum. Bühler war ein Mann, und ein Mann sah die Vorzüge eines hübschen Mädchens. Davon war Käthe fest überzeugt. Dass Herr Bühler integer war, und an feste Grundsätze glaubte, kam ihr nicht in den Sinn. Mit kokettem Poposchwung lief sie nach vorne, setzte dabei alles auf eine Karte. Eine nervenzerfetzende Stille zog sich durch das Klassenzimmer. Alle blickten gebannt auf den Lehrer und Käthe. Wie würde er auf ihre frontale Provokation reagieren?
Charlotte fand die Situation wahnsinnig aufregend, fühlte sich unheimlich aufgewühlt. Charlie bemerkte sofort, dass Käthes Rock nicht so ganz die vorgeschriebene Länge aufwies. Ihre Freundin musste das biedere Kleidungsstück umgenäht haben, das stand fest. Käthe wirkte richtig verrucht fand sie, wie dieses Mädchen aus dem Roman, den sie heimlich gelesen hatte. Vielleicht verfiel ihr Herr Bühler ja auch, wie der Erzähler der jungen Lolita? Charlotte wartete gespannt, was nun kam.
Käthe stellte sich vor Herrn Bühler in Positur, lächelte ihn aufreizend an. Stefan gingen viele Dinge durch den Kopf in diesem Moment, aber eines war ihm sofort bewusst. Er kam nicht darum herum, Käthe die Grenze aufzuzeigen. Die anderen Mädchen würden ihrem Beispiel folgen, wenn er es nicht tat. Ihm war klar, dass Käthe einen Povoll erwartete. Daher musste er Käthe so bestrafen, dass ihr ein für alle Mal die Lust auf solche Spiele verging. Stefan rückte den Stuhl vor die Tafel, setzte sich wieder. Käthe sah ihn neugierig an, wippte dabei abwechselnd mit ihren Fußspitzen. Stefan sagte:
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