Tres minutos con la realidad

5 2-5 Minuten 0 Kommentare
Tres minutos con la realidad

Tres minutos con la realidad

Tanguera

Deine Hand legt sich mir auf die Schulter, und ihre plötzliche Wärme auf meiner nackten Haut lässt mich zusammenzucken. Ich dreh mich dir zu, du lächelst – ein kurzes Nicken, schon sind wir zusammen auf der Tanzfläche. Du bietest mir die Umarmung an, ich geh auf dich zu. Lege meinen Arm um deinen Nacken, gerade so, dass meine Fingerspitzen deinen Hals berühren, und lehne mich an dich. Meine Stirn legt sich an deine Brust, meine Rechte schmiegt sich in deine, und dein Arm umfasst meinen Rücken. Leicht streifen deine Finger meine rechte Brust, wenn du mich enger an dich ziehst. Ich spüre die Wärme deines Körpers, deinen Atem, dein Duft umgibt mich. Entregarse, sich hingeben… jetzt bin ich ganz bei dir, schließe meine Augen und schwinge mich in deinen Rhythmus ein.

Die Musik beginnt, vals criollo, dein Lieblingstanz. Ich bin dein, vertrau mich deiner Führung an, schwebe an deine Brust gedrückt über die Tanzfläche, streichle bei jedem meiner Schritte deinen Fuß. Liebkose dein Bein, wenn du mir Zeit gibst, eine Firulete anzubringen. Du lachst, leise, glücklich. Wir drehen uns umeinander, völlig versunken in uns und den Tanz, bis die Musik endet. Du löst unsere Umarmung, stellst mich sacht wieder auf meine eigenen Füße, behältst meine Hand in deiner, wir warten auf das nächste Stück.

Ob du merkst, wenn mein Blick auf deinem geöffneten Hemd hängen bleibt, und dein Brusthaar streichelt? Wie gerne würde meine Hand darüberfahren, deine Haut entdecken und liebkosen. Deinen Duft, von dem ich mich wie berauscht fühle, von ganz nah entdecken, nicht nur mit meiner Nase, sondern auch mit meinen Lippen in mich aufsaugen.
Wie schön es sich anfühlt, wenn sich bei einer Drehung unsere beiden Körper aneinander reiben. Meine Brüste, voll und schwer in meinem Seidentop, drehen sich an deiner Brust vorbei, liebkosen dich, genießen deinen Blick, der meine aufgerichteten Nippel betrachtet. Ich weiß, was in dir vorgeht, du.

Obwohl es dunkel ist, mehr können wir uns hier nicht erlauben. Ab und an ein zärtliches, wie unabsichtliches Entlangstreifen meiner Lippen an deinem Hals. Ob jemand merkt, dass deine Hand nicht nur meinen Rücken umfasst, sondern den Rand meiner Brust streichelt? Und dass mein Fuß ganz besonders lange über dein Bein krabbelt, dabei deinen Knöchel massiert, diese unendlich sensible Stelle?

Beim nächsten Tanz spüre ich, wie du – wenn du uns beide um eine einzige Achse drehst – deine Hüften an meine presst. Ich mag deinen Körper, wenn er sich an mich schmiegt, ich mag es, wie meiner dich aufnimmt durch die dünne Lage Stoffs hindurch. Deine Erregung, die mir gilt, meinem Körper, der mit dir tanzt, und die in mir Lust hervorruft. Du… wenn du wüsstest, was du in mir anrichtest, wie mein Körper pulsiert vor versteckter Lust. Wenn du wüsstest, dass du nicht nur meinen Körper, sondern auch mein Herz berührst mit der entschlossenen Sanftheit deiner Schritte, mit der Freiheit, die du meinem Körper gibst, mit der liebevollen Bewunderung, mit der du mich führst. Du würdest erschrecken, wie ähnlich meine Gefühle den deinen sind.

Irgendwann haben wir versucht, darüber zu reden. Das, was unsere Körper empfinden, was unsere Herzen bewegt, in Wort zu fassen, die doch nicht die Hälfte von dem ausdrücken können, was wirklich in uns vorgeht.
Ich, die ich erst neu in dein Land und diese Stadt gekommen bin, voller Heimweh nach dem Mann, den ich liebe, und der mir doch fremd geworden ist durch die Monate der Trennung. Ich habe nichts außer den Tango, der mir die Abende verkürzt, mir die Traurigkeit nimmt und sie mit einer vagen Sehnsucht austauscht.
Du, der du hier aufgewachsen bist und nicht mehr rauskommst aus dem Leben mit einer Frau, die deinen Tanz nicht versteht, der du gefangen bist in der Sehnsucht nach Leben, die allein der Tango stillen kann, für Minuten wenigstens.
Schließlich wir beide, und der Blitz, der uns beim ersten Tanz getroffen hat, das tiefe Verstehen, dass sich unsere Körper aufgebaut haben. Die Nähe ohne Worte, die Sehnsucht nach mehr, das unausgesprochene Wort Liebe zwischen uns, und das Wissen, dass die Realität uns keine Chance gibt.

Ich werde zurückkehren, du wirst hierbleiben. Was uns bleibt, wir die Erinnerung sein aneinander: an das was war, und an das, was hätte sein können.
Die Stunden nach einer durchtanzten Nacht, unsere erhitzen Körper, gekühlt von den suchenden Lippen des anderen. Unsere Körper, die nochmals dieselben Figuren formen, diesmal nackt, einander umarmend, ineinander eindringend. Dein Alter, die Schwere deiner Erfahrung, die Ruhe in deinen Bewegungen und meine jugendlich-weibliche Weichheit, die dich aufnimmt. Die geteilte Erschöpfung und das wohlige Gefühl, dem anderen den eigenen Schlaf anvertrauen zu können.
Es wird nie Realität werden. Aber wir werden es tanzen, alles: Liebe, Lust, Verzweiflung. Tres minutos con la realidad. Die einzige Liebe, die uns möglich ist, und doch unendlich viel.

Klicke auf das Herz, wenn
Dir die Geschichte gefällt
Zugriffe gesamt: 2482

Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.

Gedichte auf den Leib geschrieben