Dann klingelt es.
Was für eine Nacht und was für ein darauffolgender Tag. Was war da los mit uns, dass wir uns rollig wie zwei Katzen unserer Geilheit hingegeben haben? Ob ich Scham empfinde? Mitnichten. Ob es mich Anita näherbringt? Und wie! Kichernd wie zwei Schulmädchen haben wir uns beim Frühstück unsere Fotos angesehen. Meine Wangen pochen dabei heftig, weil es mich wohlig durchfährt. Ach Anita, was bist du nun für mich, da du dich wie eine Liebhaberin an mir gerieben hast und so herrlich gekommen bist? Bist du meine Schwester im Geiste, meine Freundin, meine Geliebte? Und was bin ich für dich? Die Frau, die sich so schamlos vor deinen Augen befriedigt hat? Vielleicht müssen wir dafür auch keine Worte finden. Es ist gut so, wie es ist.
Der Tag rast dahin. Nein, das ist die falsche Formulierung. Der Tag gleitet dahin. Ich fühle mich wohl, und Anita gibt sich so viel Mühe mir Berlin näher zu bringen. Fast schon stört mich der Gedanke, dass Bernd am Abend zu uns stoßen wird. Den ganzen Nachmittag betrachte ich Anita und kann es nicht fassen diesem tollen Menschen begegnet zu sein.
Dann ist der Abend da und meine Stimmung wird etwas schlechter. Keine 24 Stunden zuvor war ich noch ganz heiß darauf gewesen Bernd besser kennen zu lernen. Jetzt wäre ich lieber mit Anita allein und würde gerne weiter erforschen, wie weit unsere Offenheit noch gehen könnte, was wir uns anvertrauen und zeigen könnten…Aber es klingelt und Bernd ist da. Heiter und charmant ist seine Begrüßung und ich versuche mir nicht anmerken zu lassen, dass es mir lieber wäre, wenn er schnell wieder ginge. Irgendwie ist der Reiz an ihm völlig verpufft.
Anita bemerkt meine kühle Reserviertheit. „Was ist mit dir?“, fragt sie mich. „Habe ich etwas falsch gemacht?“
„Ach Quatsch“, entgegne ich im Flüsterton. „Der Tag war herrlich. Ich...ach, weiß auch nicht. Ich wäre gerade einfach lieber mit dir allein.“
Anita lächelt mich an und scheint zu verstehen. „Er wird ja nicht ewig bleiben.“, entgegnet sie ebenso leise, womit sie sich völlig irrt.
Schließlich stellt sich doch noch etwas wie Heiterkeit bei mir ein. Bernd ist schon toll. Witzig, ohne albern zu wirken, charmant, ohne schleimig zu sein. Das muss man(n) erst mal hinbekommen.
Anita ist eine Wucht am Grill. Man merkt, dass sie in ihrer Heimat sehr viel selbst machen muss. Sie vereint weibliche und männliche Fähigkeiten in einem nahezu perfekten Ebenmaß. Ich staune immer wieder über sie. Dazu ist sie eloquent und hinreißend. Ich erwische mich bei einem Gedanken, der mich selbst sehr überrascht. Wenn Bernd sie mit seinen wunderschönen Augen anschmachtet, denke ich „Finger weg. Anita gehört zu mir!“ Was ist nur los mit mir? Ich stelle Besitzansprüche. Wäre mein Inneres ein Emoticon, würde es schmunzeln, dann den Mund erstaunt öffnen, fragend nach links und rechts blicken und dann wieder vor Freude strahlen und so weiter.
Meine Gefühlsachterbahn führt zu einem für mich vollkommen untypischen Alkoholkonsum. Den Aperitif habe ich bereits heruntergestürzt und dafür einen fragenden Seitenblick von Anita geerntet. Mittlerweile bin ich bei meinem vierten Glas Rotwein. Bernd hält allerdings gut mit.
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