Überraschung in Berlin 

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Überraschung in Berlin 

Überraschung in Berlin 

Anita Isiris

Unser prächtiges Essen, ich kann den Themen der Unterhaltungen kaum folgen, endet mit einem Dessert, das Anita in der Küche gezaubert hat.

Dann, als wäre es das einzige Thema, für das ich gerade empfänglich bin, schaltet sich mein Gehirn wieder ins hier und jetzt, als Bernd fragt: „Und wie ist es mit dir? Hattest du denn schon mal Sex mit dem gleichen Geschlecht, Anita?“ Irgendwie gelingt es mir einen Zusammenhang zwischen den vorangegangenen Gesprächen herzustellen. Es ging um Homosexualität und gleichgeschlechtliche Ehen. Ein Thema, das auch in Köln zu fast jedem Gespräch dazugehört.

„Ja, hatte ich.“, gibt Anita zu. „Und du?“, fragt Bernd in meine Richtung.

„Ist das wirklich wichtig?“, gebe ich zurück. „Spielt das denn heute noch so eine große Rolle?“

„Das Thema ist einfach spannend“, gibt Bernd zurück.

„Ja, dann sag´du doch mal.“, springt Anita mir bei. „Hattest du denn schon mal Sex mit einem Mann lieber Bernd?“

„Nein, hatte ich nicht.“, gibt er zu. „Das reizt mich einfach zu wenig. Aber wer weiß, ich würde mich nicht sagen, dass es nie passieren könnte. Es müssten allerdings bestimmte Bedingungen erfüllt sein.“

„Möchte jemand etwas Hasch?“, frage ich unvermittelt. Anita und Bernd schauen gleichzeitig in meine Richtung. Warum hab´ ich das jetzt gesagt? Ist mir das Thema wirklich so unangenehm.

„Nein, vielen Dank!“, sagt Anita. Sie schaut mich an und ich sehe, wie sie innerlich den Kopf schüttelt.

Ja, ich habe ihr nie erzählt, dass ich mir ab und zu etwas Gras gönne. Ich mache das so selten, dass ich es nicht für erwähnenswert halte. Ich hielt es aber für meine Reise nach Berlin für eine nette Idee für den Fall der Fälle etwas einzustecken.

„Ja, warum nicht.“, höre ich Bernd sagen.

Wenig später sitzen wir auf dem großen Balkon. Ich fülle ein kleines Pfeifchen mit dem aromatischen Gewächs. Ich kann Anitas Haltung nicht richtig deuten. Verachtet sie mich oder ist sie einfach nur überrascht? Ich reiche Bernd mein Pfeifchen und ein Feuerzeug. Ich will gerade noch eine Warnung aussprechen, das Zeug stammt von einem Besuch in Holland und ist ziemlich stark, als er das Köpfchen fast in einem Zug geleert hat.

„Oha“, entfährt es mir. „Bernd, ich hoffe du bist daran gewöhnt. Die Portion war eigentlich für uns beide gedacht und nicht für einen Kickstart für eine Person.“.

Bernd grinst mich an. „Nee, eigentlich hab ich das seit dem Studium nicht mehr gemacht.“

Ich pule den kläglichen Rest aus meinem Beutelchen und befülle damit die Pfeife erneut. Es ist kaum mehr ein Zug für mich übrig, der aber ausreicht um mich nach 10 Minuten leicht abheben zu lassen.

„Ich brauch Wasser“, höre ich Bernd sagen. „Ich auch“, antworte ich, „aber ich hab keine Ahnung, wie ich in die Küche kommen soll.“

Wir haben einen Lachflash, der recht lange anhält. Für unsere Wahrnehmung ist Anita urplötzlich mit einer großen Karaffe Wasser zur Stelle. Bei mir stellt sich ein wohliges Gefühl der Entspannung ein. Bernd scheint allerdings zu kämpfen.

„Boah, bin ich breit“, sagt er laut, wobei er das Wort breit in die Länge zieht. „Habe ich übrigens erwähnt, dass ich von Gras total geil werde?“ Er schaut uns mit seinen geröteten Augen und einem Lächeln an, als hätte er einen genialen Beitrag zum Weltgeschehen geleistet.“

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