Die Eintönigkeit der Autobahn ermüdete ihn. Er blickte auf den Tacho. Die Uhr zeigte Viertel vor zwölf. Seit fast vier Stunden war er nun schon unterwegs. Eigentlich Zeit, was zu essen, dachte er.
Bevor er heute Morgen um acht das Haus verließ, hatte er nur zwei Tassen Kaffee getrunken. In aller Eile. Zu mehr war keine Zeit. Den Termin für das Vorstellungsgespräch am Abend in München durfte er keinesfalls verpassen. Dann wäre der ganze Aufwand umsonst gewesen. Umsonst der Briefwechsel. Umsonst das Telefonat vorgestern, bei dem er erfahren hatte, daß sie Interesse an ihm hatten. Umsonst die Annonce in der FAZ, zu der er sich eigentlich nur durchgerungen hatte, weil er keine Lust mehr hatte. Er wollte sich nicht mehr zum Narren machen lassen. Immer nur der Zweite zu sein, hatte ihn mürbe gemacht. Es war genug. Das hier war seine Chance. Er war jetzt am Zug und er war sich ziemlich sicher, daß er diesmal das Spiel gewinnen würde. In Gedanken stellte er sich vor, welche Augen sie in der Firma machen würden. Wenn er zu Wolfrath ins Büro gehen und mit einem Lächeln das Kündigungsschreiben auf seinen ebenholzschwarzen Schreibtisch legen würde. Schach matt, Wolfrath! Nein, er durfte auf keinen Fall zu spät kommen! Allein schon deswegen.
Es begann zu regnen. Er schaltete die Scheibenwischer an.. Ihr quietschendes Hin und Her nervte ihn, so daß er das Radio lauter drehte. Joe Cocker sang gerade Tears to heaven.
„...HR 3 Verkehrsservice. Achtung Autofahrer! Auf der A7 Kassel, Richtung Würzburg kommt es zwischen der Anschlußstelle Homberg und Hersfeld /West aufgrund eines schweren Verkehrsunfalls zu Behinderungen. Die Autobahn ist in diesem Streckenabschnitt total gesperrt.. Umleitung wird empfohlen über ......“
Verdammt, dachte er. Bis jetzt lief alles glatt. Bestimmt wieder irgend so ein Verrückter. Einer dieser Lichthupenmatadore. Kleben einem auf dem Kofferraum und könnens nicht erwarten bis man ihnen Platz macht. Aus lauter Angst. Ja, sie rechnen mit der Angst ihrer Opfer. Sie spielen mit ihr. Und wehe dem, der keine hat! Der nicht klein beigibt. Der sich an die Regeln hält.. Auf den wartet eine gnadenlose Treibjagd. Überholen, ausbremsen, vorbeilassen, überholen...usw. Verbalangriffe der übelsten Sorte. Stumm, unhörbar aus dem gleich auf liegendem Cockpit des Jägers. Begleitet von unmißverständlichen Gesten, damit man zumindest sieht, was man nicht hört. Und plötzlich Stau. Wie aus dem Nichts. Rote Bremslichter direkt vor einem. Das Schreien der Bremsen. Die Welt dreht sich. Aus vorwärts wird rückwärts, aus hinten vorne. Ein Knall, schon wie aus weiter Ferne. Dann nichts mehr.
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