Valerie
Nach dem unangenehmen „Aus“ mit Thasso, war Valerie vorsichtiger geworden. Scheinbar lag es in der Familie, dass die Frauen oft an die falschen Männer gerieten.
Valerie war ja auch die Frucht so einer Beziehung, die ihrer Mutter widerfahren war.
Aber die ganze Vorsicht hatte ihr bei Thasso auch nicht geholfen, der bei ihrem ersten Sex schon einen ´Dreier` mit ihrer Mutter durchziehen wollte. Gut, er wusste zu dem Zeitpunkt nicht, dass Erica Valeries Mutter war, aber nach dem ersten Orgasmus schon die `Schwester´ hinzu ziehen zu wollen, war Valerie dann doch zu viel.
Die Enttäuschung war groß und hatte bewirkt, dass sie gegenüber irgendwelcher Annäherungsversuche männlicher Zeitgenossen, oft zynisch und patzig reagierte. Leider bekamen es anfangs auch die alten Männer im Pflegeheim zu spüren!
War sie früher zu jedem Scherz aufgelegt, auch wenn manche Scherze etwas zotig daher kamen, so reagierte sie jetzt patzig, wenn einer der über 80jährigen mit ihr ins Bett wollte. Natürlich war das nie ernst gemeint, aber ihr Verhalten gegenüber der Männerwelt hatte sich verändert.
Erst ein Verweis der Heimleiterin ließ sie erkennen, dass die alten Herren nichts dafür konnten und sie ihnen Unrecht tat.
Valerie kehrte langsam zu ihrem vorherigen Verhalten zurück, was die alten Herren mit Freude zur Kenntnis nahmen, aber auch einige von ihnen hatten daraus gelernt und hielten sich mit ihren zweideutigen Bemerkungen zurück.
Es dauerte einige Monate, bis Valerie sich wieder etwas öffnete. Es lag zum Teil aber auch daran, dass sie immer noch damit beschäftigt war ihre kleine Wohnung einzurichten.
Erica, ihre Mutter, hatte viel für die Einrichtung beigesteuert, aber sie hatte auch mehrfach versucht, dass sie sich den Auszug noch Mal überlegen solle. Doch dann lernte Erica über eine Dating Plattform Lorenz kennen.
Von da an sprach ihre Mutter nicht mehr davon, ob sie nicht doch lieber in ihrem Haus bleiben wolle, denn schon nach kurzer Zeit zog Lorenz bei ihr ein und ihre Mutter blühte förmlich auf. Und die wenigen Male, die Mutter und Tochter sich trafen, waren angefüllt mit den Schwärmereien von Erica:
„Was Lorenz doch für ein toller Liebhaber sei und er nie von ihr abließ, bevor sie nicht auch ihren Orgasmus durchlebt hatte!“
Valerie war es manches Mal richtig peinlich, wenn ihre Mutter so unverblümt von Lorenz Vorzügen sprach: „Was für ein muskulöser Kerl er doch für sein Alter noch war und wie stark er bestückt wäre.“
Valeries Gedanken waren bei den Erzählungen ihrer Mutter, während sie mit dem sperrigen Einkaufswagen durch den Baummarkt eilte. Sie brauchte dringend noch Raufaser und Kleister, sowie Farbe. Das kleine Zimmer ihrer Wohnung war das einzige, was noch nicht gestrichen war. Da es das Schlafzimmer werden sollte, reichte hier Raufaser und ein Anstrich in mintgrün. Die Raufaser und den Kleister hatte sie schon, nun fehlte nur noch die Farbe. Ein Farbmuster hatte sie sich schon rausgesucht, nun musste sie nur noch einen Verkäufer finden, der ihr die Farbe an mixen könnte.
Mit den Augen auf der Suche nach einem Fachmann in der Farbenabteilung, schob sie ihren Wagen zügig durch die Regale, als sie plötzlich gestoppt wurde, dem ein Aufschrei folgte.
Entsetzt sah Valerie auf den Mann herunter, der gebückt vor ihrem Einkaufswagen hockte und sich die Achillessehne rieb.
-*-
Levi
Levi kochte vor Wut, nur der höllische Schmerz an seiner Achillessehne ließ ihn noch nicht platzen. Er rieb sich die Stelle, wo der Rammschutz des Einkaufwagen ihn getroffen hatte, doch langsam ließ der Schmerz nach.
Dann wollte er der Person seine Meinung sagen, richtete sich etwas auf und begann: „Können sie nicht aufp…..!“, weiter kam er nicht, als er in die wohl schönsten und schuldbewusstesten Augen sah, die er jemals gesehen hatte. Er schluckte alles runter, was er sonst noch hatte sagen wollen, und richtete sich langsam auf.'Seine Gedanken überschlugen sich! Das war sie! Sie, nach der er schon so lange gesucht hatte und nun stand dieses `Traumwesen´ vor ihm und schaute ihn mit ihren wunderschönen Augen mitleidsvoll an.
„Es tut mir unendlich leid!“, sagte dieses Wesen und beugte sich zu ihm runter. Während ihre blonden Haare nach vorne fielen und ihr zauberhaftes Gesicht umrahmten. Wie ein Wirbelsturm sog er alles in sich auf, was diese Frau ausmachte. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals und das kam sicherlich nicht nur von dem Schreck des Zusammenstoßes!
`Es gab sie also doch, die Liebe auf den ersten Blick!´ Schoss es ihm durch den Kopf.
Es dauerte etwas, bis die Worte zu ihm durchdrangen, nur an der Bewegung ihrer schmalen Lippen und dem Blitzen ihrer weißen Zähne erkannte er, dass sie etwas zu ihm sagte:
„Können sie mir meine Unaufmerksamkeit verzeihen? Ich habe nach einem Fachmann für die Farben gesucht und nicht auf den Weg geachtet. Kann ich mir ihre Verletzung mal anschauen? Ich bin ausgebildete Ersthelferin!“, fügte sie noch hinzu und bückte sich zu ihm runter.
Bevor Levi etwas erwidern konnte, hatte sie sein Hosenbein etwas hoch geschoben und befühlte seine Ferse und die Achillessehne.
„Scheint nur eine schmerzhafte Prellung zu sein, an der Sehne ist die Haut etwas Gerötet, aber sonst ist keine weitere Verletzung zu sehen.“
Levi war immer noch wie paralysiert von der Schönheit seines Gegenüber.
Als sie jetzt zu ihm aufschaute viel ihm nur ein dummer Spruch ein: „Und ich habe immer gedacht, dass Engel zärtlicher sind wenn sie jemanden kennen lernen wollen!“
Das heitere Lachen, welches sie jetzt von sich gab, würde er wohl sein ganzes Leben nicht wieder vergessen. „Wenn sie ein Fachmann für Farben sind, habe ich ihn ja gefunden!“, sagte sie mit einem spöttisch verzogen Mund.
Levi hätte sich am liebsten vorgebeugt und diesen süßen Mund geküsst, stattdessen sagte er: „Tatsächlich, du hast ihn gefunden!“
„Wie jetzt? Du bist der für die Farben zuständige Mann hier im Baumarkt?“ Automatisch war Valerie auch zum vertrauten ´Du` übergegangen.
„Nicht im Baumarkt, aber Fachmann für Farben bin ich schon, ich bin Malermeister!“
Das erstaunte Gesicht von Valerie, berührte Levis Herz aufs neue und er nahm sich vor, diese zauberhafte Frau nicht so schnell wieder von der Leine zu lassen.
Er blickte in ihren Einkaufswagen und zählte sechs Rollen Raufaser.
„Wie groß ist denn dein Zimmer?“, fragte er und deutete auf die Rollen in ihrem Einkaufswagen. „Mit der Menge kannst du ja fast deine ganze Wohnung tapezieren.“
Der Engel zuckte etwas ratlos mit den Schultern.
„Wie viel m² hat denn das Zimmer?“ Levi schaute sie fragend an.
„Ungefähr 12 m²?“
„Dann braucht du bei 2,50 Meter Deckenhöhe nur zwei Rollen, oder soll die Decke auch tapeziert werden?“ Als Valerie das verneinte, fragte er noch: „Du hast doch sicher eine Tür und ein Fenster in dem Raum, oder?“
„Ja!“, kam es verlegen zurück.
„Darf ich dir beim Einkaufen etwas helfen?“ Ohne auf eine Antwort zu warten, nahm Levi eine Rolle aus dem Wagen und meinte: „Das ist eine sehr schlechte Qualität, jetzt wo du weniger brauchst, solltest du etwas Besseres nehmen. Er schob den Wagen zurück zu den Kartons mit der Raufaser, stellte die sechs Rollen zurück und lud zwei andere Rollen ein. Auch ein Päckchen Kleister legte er wieder weg. Als er wieder vor ihr stand und ihren hilflosen Gesichtsausdruck wahr nahm, reichte er ihr die Hand und stellte sich vor: „Ich bin Levi und wenn du willst, tapeziere ich dir dein Zimmer! Sagst du mir auch deinen Namen?“
„Ich heiße Valerie und würde mich freuen wenn du mir etwas helfen würdest. Ich habe noch nie tapeziert, weil es meine erste Wohnung ist. Aber ich kann dir nicht viel bezahlen“ Sie reichte ihn die Hand und als Levi sie ergriff, floss so viel Wärme zu ihm rüber, dass er sie etwas länger fest hielt.
„Ich habe nichts von Bezahlung gesagt, würde mich freuen wenn ich dir helfen kann. Dann lasst uns mal nach der Farbe Ausschau halten, was hast du dir denn vorgestellt?“
Valerie zeigte ihm das etwas verknitterte Kärtchen mit ihrem Farbmuster.
„Mintgrün! Eine beruhigende Farbe, perfekt für das Schlafzimmer!“
Als sie sich auf den Weg zu den Farben machten, stoppte Levi plötzlich: „Wann willst du mit dem Tapezieren anfangen?“
„Ich wollte morgen damit anfangen, weil das mein freies Wochenende ist. Die alten Tapeten habe ich schon runter!“ Sie zuckte mit den Schultern, weil es ihr etwas unangenehm war. „Warum fragst du?“
„Was hältst du davon, wenn ich morgen früh zu dir komme und wir machen es zusammen. Ich habe auch frei und es würde dich nichts weiter kosten als das Material! Was hälst du davon?“
-*-
Valerie
„Aber das kann ich doch nicht annehmen!“, hörte sie sich sagen. Wusste aber genau, wie gerne sie das annehmen würde.
„Natürlich kannst du es annehmen. Es sei denn dein Mann oder Freund ist für das Tapezieren schon eingeplant.“, clever schoss es Valerie durch den Kopf, so fragt man Leute aus!
„Nein, weder Mann noch Freund sind vorhanden. Ich wollte mich selber mal versuchen. Ich muss langsam etwas selbständiger werden, will aus dem Haus meiner Mutter raus.“
Valerie schaute Levi offen an und sagte dann freudig zu: „Es wäre mir eine große Hilfe, wenn du es mir wenigstens einmal zeigen könntest.“
Obgleich der Einkaufswagen zwischen ihnen stand, spürte sie seine Wärme. Sie fühlte sich zu ihm hingezogen und wenn der Wagen nicht gewesen sein würde hätte sie ihm wohl impulsiv über die stoppelige Wange gestreichelt.
„Ok, ich bin dann morgen Früh um acht bei dir, vorausgesetzt du verrätst mir noch deine Adresse und Handynummer. Tapeziertisch und Lammfellrollen zum Streichen bringe ich mit, denn ich denke so etwas hast du nicht, oder?“
Er schaute sie so süß, mit einem verschmitzten Lächeln an, dass es Valerie ganz warm ums Herz wurde.
„Nein, habe ich nicht! Wollte die Wand einkleistern und dann die Tapete anbringen. Oder ist das verkehrt?; fragte sie nach, weil sein Lächeln breiter wurde und er einen tiefen Seufzer von sich gab.
„So macht man es nicht, aber ich zeige dir wie es geht und wenn das Zimmer fertig ist, kannst du bei mir anfangen!“
Gib mir mal deine Adresse!
Valerie gab ihm ihre Adresse und Telefonnummer, er notierte sie sich in seinem Handy. Wenig später summte ihr Handy. „Jetzt hast du auch meine Nummer. Dann last uns mal zur Kasse gehen.“
„Aber ich brauche noch Farbe!“, versuchte sie noch einzuwenden.
Doch Levi winkte ab, „die bringe ich mit! Die Farben hier taugen nichts. Deinen Farbton habe ich ja.“ Er wedelte mit dem Farbmuster, das sie ihm gegeben hatte.
„Warum machst du das alles für mich?“, fragte Valerie ihn.
„Weil ich denke, dass du Hilfe gebrauchen kannst und es wohl der schönste Zusammenstoß gewesen ist, den ich mir je hätte wünschen können! Ich finde dich sehr Symphatisch und würde dich gerne näher kennen lernen. Was passt da besser, als gemeinsam etwas zu gestalten! Ich freue mich jedenfalls schon auf morgen früh!“
Valeri bezahlte ihre Sachen erst da bemerkte sie erst, dass Levi gar nichts hatte, was er zu bezahlen hatte.
„Weswegen bist du denn hier gewesen, nur um mir im Weg zu stehen, oder hast du auch etwas gekauft?“
Jetzt musste Levi doch lachen: „Ja, ich habe mich schon auf dem Parkplatz in dich verliebt und wollte herausfinden, wo du hingehst, damit ich dir rechtzeitig im Weg stehen kann. Nur so lernt man hübsche Frauen kennen!“
Bei diesem lustigen Kompliment schaute Valerie ihm direkt ins Gesicht und bemerkte erst jetzt das sinnliche Grübchen an seinem Kinn. Es verlieh ihm etwas schelmisches, doch in seinen Augen konnte sie die Ernsthaftigkeit seines Kompliments erkennen. Ein eigenartiges Gefühl stieg in ihr hoch, welches sie nicht deuten konnte, das aber unglaublich gut tat.
Levi schob ihren Wagen weiter und wandte sich dann zu ihr um: „Ich brauchte zwei Kartuschen Sanitärsilikon in einer bestimmten Farbe, aber die hatten sie hier auch nicht!“ Er zuckte bedauern mit den Schultern und ging weiter.
Irgendwie machte diese Aussage von Levi Valerie traurig, aber sie konnte nicht sagen warum?
Am nächsten Morgen war Valerie schon um halb sieben aufgestanden, weil sie auch die Nacht sehr unruhig geschlafen hatte. Immer wieder tauchte das Gesicht von Levi vor ihr auf und ihr Herz fing heftig an zu schlagen, wenn sie daran dachte, dass er zu ihr kommen würde!
Sie duschte schnell, weil alles noch etwas provisorisch in ihrer Wohnung war und viele Dinge noch nicht an dem Platz waren, wo sie eigentlich hingehörten. Dann zog sie sich ihren weißen Overall über, den sie sich extra für den Umzug gekauft hatte, weil er so unglaublich praktisch war. Das der ihre schlanke Figur und besonders ihren Po hervorragend zur Geltung brachte, war ihr nicht bewusst.
Dann stellte sie sich ans Küchenfenster, dem einzigen Fenster, von dem sie einen Blick auf die Straße hatte und wartete.
Kurz vor acht sah sie einen blauen Lieferwagen vorfahren, mit der Aufschrift L. Kummerfeld, Malermeister.
-*-
Levi
Als Levi seinen Firmenwagen vor dem Haus stoppte, spürte er die leichte Unruhe, die er auch schon am gestrigen Tag im Baumarkt und in der Nacht verspürt hatte. Diese schöne Frau hatte einen tiefen Eindruck bei ihm hinterlassen und ging ihm seitdem nicht mehr aus dem Kopf. Sein Verhältnis zu Frauen war etwas getrübt, da die Firma seine ganze Aufmerksamkeit gebraucht hatte und er bisher kaum Zeit für sich selber fand.
Doch nun, wo er eine gute Auftragslage und er seit einem halben Jahr einen Bautechniker an seiner Seite hatte, der ihn ab und zu vertreten konnte, klinkte er sich öfter mal aus dem Betrieb aus.
Er öffnete die Heckklappe und holte den Tapeziertisch und den Eimer mit den Werkzeugen raus. Kurz bevor er die Tür erreichte ging schon der Summer, Valerie hatte ihn also schon gesehen!
Weil er keine Hand frei hatte, drehte er sich um und drückte die Tür mit dem Rücken auf. Valerie stand in der Tür, als er den ersten Stock erreichte und strahlte ihn an. Und das, was Levi da sah, ließ sein Herz noch schneller schlagen, was es wegen der Treppe sowieso schon tat. Diese schöne Frau in einem weißen Overall, verschlug ihm die Sprache. Der Overall zeichnete ihren schlanken Körper perfekt nach und in Levi erwachte das Bedürfnis, diese Frau in den Arm zu nehmen und vor allen Unbilden der Welt zu beschützen.
„Guten Morgen Levi!“, sagte Valerie, trat einen Schritt beiseite und ließ ihn eintreten.
Levi stellte den Eimer und den Tapeziertisch ab und als er sich umdrehte, stand Valerie dicht hinter ihm und sah ihn ernst an.
Wie unter einem inneren Zwang überbrückten beide den Zwischenraum und prallten schon fast etwas zu heftig mit den Lippen zusammen. Sie zuckten zurück, näherten sich aber erneut, dieses Mal vorsichtiger und mit großer Zärtlichkeit.
Es war für beide wie ein `nach-Hause-kommen´!
Erst nach geraumer Zeit trennten sie sich und sahen sich beide etwas verschämt an. Levi fand zuerst seine Sprache wieder und flüsterte: „Entschuldige, aber ich konnte seit gestern an nichts anderes mehr denken, als an dich und das eben hat sich so gut angefühlt!“
Er wollte noch etwas sagen, aber Valerie verschloss seinen Mund mit einem kurzen Kuss. „Mir geht es doch nicht anders!“, sagte sie, nachdem sie sich von ihm gelöst hatte.
Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.