Vanessa wird geliebt

16 8-13 Minuten 0 Kommentare
Vanessa wird geliebt

Vanessa wird geliebt

Anita Isiris

Die Unterlage war geheizt, und auch sonst war die Raumtemperatur angenehm warm. Dann hörte sie Schabgeräusche auf dem Boden, und Leos Stimme, die überrascht klang.

„Wir sind hier fünf Frauen im Raum, und zehn Männer“, erklärte eine Stimme. Die Männer werden gerade an Stühlen festgebunden, damit sie sich keine Dummheiten erlauben können. Wie Du bereits von Sven weisst, dürfen sie nur zuschauen, Dich aber keinesfalls berühren, geschweige denn, das mit Dir anstellen, was anderen Frauen in anderen Clubs blüht. Hier im Club Venus sind es wir Frauen, die das Sagen haben. Die Männer dürfen wirklich nur zuschauen.“ Jetzt konnte Vanessa  Leos Überraschungslaute einordnen. Er wurde gerade gefesselt. Dann spürte Vanessa warme, kräftige Hände an ihren Füssen. Es waren eindeutig Frauenhände, meinte sie wahrzunehmen, und diese Hände waren geübt. Sie legten sich an ihre Fusssohlen und hielten inne. „Geht es so, Vanessa?“, hörte sie eine weitere Stimme. Vanessa fand allmählich eine innere Ruhe und schloss die Augen, obwohl das wegen der Augenbinde, die sie noch immer trug, gar nicht nötig gewesen wäre. Leise Musik von Vangelis ertönte, während sich die Frau eingehend mit Vanessas Füssen beschäftigte. Vanessa war stolz auf ihre Füsse und verbrachte viele Stunden im Jahr damit, sie zu pflegen und gelegentlich auch, ihre Nägel zu lackieren – vorzugsweise in dunklen Farben, weil sie fand, dass ihr das am Besten stand. Die Fussmassage verursachte bei ihr Wonneschauer, und sie überlegte kurz, ob es tatsächlich so war, dass um sie herum, im Halbkreis, zehn gefesselte Männer sassen und bei der Fussmassage zuschauten. Der Unterhaltungswert einer Fussmassage war doch eher begrenzt, dachte Vanessa, aber sie unterschätzte die Vorfreude der Männer, die fast alle wussten, was nun folgen würde. Die Hände der Frau arbeiteten sich an Vanessa hoch, strichen über ihre Unterschenkel, berührten flüchtig ihre Knie und streichelten dann die Innenseiten von Vanessas Oberschenkeln bis hin zu ihrer Mitte, die noch immer von ihrem Baumwollslip bedeckt wurde. „Vanessa, wir rasieren Dich jetzt“.

Sven! Nun wusste Vanessa, warum er gewünscht hatte, dass sie sich Schamhaar spriessen liess. Sie sollte nun davon befreit werden; eine spezielle Art von Striptease, die Entblössung von Vanessas Vulva als erotischer Kick. Intuitiv öffnete sie ihre Schenkel und hörte ein metallisches Geräusch. Eine der anwesenden Frauen, mit offenem, blondem Haar und in einem langen weissen Kleid, näherte sich Vanessa, als befänden sie sich an einer Prozession. Die Frau tunkte ein Pinselchen in eine goldene Schale und benetzte Vanessas Schamhaar, Vanessas zarten Flaum, der ihre Vulva bedeckte, mit einem gut duftenden Öl. Vanessa bekam sofort Gänsehaut; die Frau ging ausgesprochen zärtlich und behutsam vor. Vanessa drehte den Kopf zur Seite, als sie Lippen auf ihrem Mund spürte. Sie wurde von jemandem geküsst und gab sich der fordernden Zunge hin, während dem sie ihr Geschlecht öffnete. Sie hörte schweres Atmen. Die Männer um sie herum – immerhin zehn an der Zahl, geballte Steroide, und womöglich war es wirklich gut, waren die Typen an Stühle gefesselt. Das sanfte Schaben der Klinge nahm Vanessa kaum wahr. Die Frau, die an ihr zugange war, küsste derart gut, dass Vanessa sich vollkommen hingab und die meditative Musik um sie herum nur noch von Ferne wahrnahm. Sie spürte, wie sie entblösst wurde, was ihr allerdings nicht allzu viel ausmachte. Vanessa hatte ein natürliches Schamgefühl klar, – aber das bezog sich nicht auf ihren nackten Körper. Auf Onlyfans präsentierte sie ihre Vulva ja auch, und fand überhaupt nichts dabei – die Muschi herzuzeigen, tat der Würde einer Frau keinen Abbruch, dachte sie. Dann vernahm sie ein leises Quietschen und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Die Männer um sie herum, gefesselt an ihren Stühlen, wichsten anscheinend, und Vanessas Urteil über Männer bestätigte sich.

„Einfache Gemüter, die sehr, sehr wenig benötigen, um eine Zeitlang glücklich zu sein. Ein Frauenhintern. Titten. Eine verlangende Mumu. Frauenlippen. Langes Haar vielleicht. Ohrläppchen zum Knabbern. Mehr nicht.“ Die Frau schien ihr Werk vollendet zu haben; Vanessas Vulva präsentierte sich den Zuschauern im Mattglanz, beinahe künstlerisch gar. Dann liess ihr die Frau eine zärtliche Vulva-Massage angedeihen – so war Vanessa noch nie berührt worden. Die Frau legte zuerste ihre Fingerspitzen an Vanessas Damm und liess sie dort eine Weile ruhen. Dann übte sie sanften Druck aus und strich mit kreisenden Bewegungen über Vanessas Scham, wieder und wieder. Vanessas hübsche Vulva wurde minutenlang verwöhnt, und sie vermeinte sphärische Klänge zu hören, als sich die Finger der Frau endlich ihrer Clit näherten. Wie Schmetterlinge umkreisten die Fingerbeeren Vanessas Clit, im Moment der Mittelpunkt der Welt. Die Frau schien zu wissen, dass eine Clit nicht einfach ein Druckknopf ist, auf den man, wie bei einem Lichtsignal, drücken kann, und dann wechselt die Ampel von Rot auf Grün. Die Frau schien zu wissen, dass sich auch in der Umgebung der Clit Nervenenden befinden, die eine Frau in den Wahnsinn treiben können. Mit Vanessa war sie nun auf dem Weg dazu und reizte die hübsche Thurgauerin bis zum Gehtnichtmehr.

Dann vernahm Vanessa ein Brummen. „Zieh die Beine an, Vanessa“, hörte sie eine Stimme aus dem Off. „Wir geben Dir jetzt einen Doppelten Tarzan“. Vanessa, die schon mehrmals Liebesspielzeug in den Thurgau hatte kommen lassen, wusste, worum es ging. Ein Doppelter Tarzan ist ein Lustgerät mit zwei Enden, einem breiten für die Vagina, und einem schmalen für den Anus. Vanessa hatte sich das teure Gerät bisher nicht leisten können, weil ein Teil ihrer Einnahmen für Tierfutter draufging, aber nun war sie gespannt, was die Maschine mit ihr anrichten würde. Sie spürte erneut Finger an ihrem Geschlecht, jemand massierte ihren Anus mit einer kühlen Paste. Vanessa stellte sich vor, wie die zehn Männer konzentriert hinschauten, und das machte sie richtig, richtig an. Im Vanessas Innerem verbarg sich ein kleines exhibitionistisches Teufelchen – in der Tat hatte Vanessa in ihrem Profil schon Fotos mit einem blinkenden Analplug veröffentlicht – es machte ihr überhaupt nichts aus, wenn Männer sich an ihren Fotos austobten. Aber live? In einem Berner Altstadtkeller? Gut, waren die Männer gefesselt und hatten im Club Venus nichts, absolut nichts zu sagen.

Vanessa atmete durch, entspannte ihren Beckenboden und harrte der Dinge, die da kommen sollten. Und sie kamen, die Dinge. Sie spürte, wie ihr das sachte rotierende Köpfchen das Analvibrators eingeführt wurde, und in ihrer mittlerweile feuchten Vagina empfing sie den breiten, pulsierenden Teil des doppelten Tarzans. Dann geschah eine Weile lang... nichts. Vanessa atmete ruhig, die dezenten Klänge von Vangelis trugen das Ihrige dazu bei, die Männer um sie herum, die während der öffentlichen Rasur bestimmt schon abgespritzt hatten, befanden sich vermutlich in der Refraktärphase. Dann aber kam Bewegung in Vanessas Hüften. Das Pulsieren und Vibrieren in ihrem Innern machten sie richtig wuschig. Die fünf Frauen um Vanessa herum, alle, wie an einer Prozession in weiss gekleidet, hatten Erfahrung. Zwei von ihnen näherten sich Vanessa, ergriffen je eine ihrer Hände und drückten sie liebevoll. Vanessas Körper bebte. Während der Doppelte Tarzan in ihr arbeitete, wurde sie immer wieder auf den Mund geküsst, zärtlich und innig. Vanessa verlor sich komplett. Die Menschen um sie herum hätten jetzt alles mit ihr tun können. Sie hatte keine Geheimnisse mehr und war nur noch hungrig nach Liebe, Geborgenheit, Erregung, Sex. Hungrig nach Berührung, nach Streicheleinheiten, nach Liebkosungen. Als könnten die fünf anwesenden Frauen Gedanken lesen, gruppierten sie sich um Vanessa herum. Jemand griff erneut nach ihren Füssen und massierte sie gekonnt. Jemand küsste sie. Jemand schob den Vaginalteil des doppelten Tarzans hin und her, hin und her... und jemand bedeckte ihren bebenden Bauch mit kleinen Küssen. Dabei blieb es aber nicht. Vanessa spürte, wie eine Zungenspitze ihren Bauchnabel leckte. Kurz erinnerte sie sich an eine Liebessequenz in der Badewanne bei sich zuhause im Thurgau, als auch Sven mit der Zunge an ihrem Nabel zugange gewesen war. Aber das hier war eine Frauenzunge, und Frauenzungen bedeuten auf dieser Welt das Elysium.

Mit Lippen und Zunge wurde Vanessas Nabel in einer Art liebkost, wie sie es noch nie hatte erfahren dürfen. Ihre Schläfen pulsierten, Vanessa öffnete ihre Lippen, spreizte ihre Schenkel noch ein wenig mehr, gab sich dem Doppelten Tarzan uneingeschränkt hin – und damit auch der Frau, die ihn vorsichtig hin und her bewegte. Vanessa war der Mittelpunkt der Welt, umgeben von zehn komplett hypnotisierten Männern. Zwei von ihnen kannten Vanessas Körper ja – womöglich auch ein paar von den restlichen acht Jungs – sofern sie auf Onlyfans über Vanessas Profil gestolpert waren. Die Wahrscheinlichkeit war allerdings, bei der überwältigen Menge an Videos und Fotos so vieler Frauen, wohl eher klein. Vanessa war das sogar recht – so konnte sie sich zeigen, wie sie war, ging aber in der Menge vielleicht ein wenig unter und konnte sich so zumindest einen Teil ihrer Privatsphäre sichern – sogar dann, wenn sie ihre Vulva, ihren Damm, ihr Poloch herzeigte.

„Wir kommen zum Finale“. Eine flüsternde Frauenstimme, wieder aus dem Off. Jemand zog den Doppelten Tarzan vorsichtig aus Vanessas Vagina und ihrem Anus heraus, jemand half ihr, sich an den Rand der Liege zu setzen. „Atme tief durch, Vanessa, damit Dir nicht schwindlig wird.“ Die Anleitung kam bestimmt von irgendeiner Pflegefachfrau, die in einem der umliegenden Spitäler, mit denen die Stadt Bern reichlich gesegnet ist, arbeitete. „Ich bin Irma“, stellte sich die Frau vor. „Ich begleite Dich jetzt“. Bald darauf, so vermutete Vanessa, wurde sie auf ein Bett mit frisch duftenden Laken gelegt. „Lass Dich einfach gehen“. Wieder Irmas Stimme. Dann schmiegte sich ein Frauenkörper an Vanessa, in einer Weise, die sie noch nie erlebt hatte.

Vanessa ist bekanntlich eine neugierige Frau, und selbstverständlich interessiert sie sich auch für gleichgeschlechtliche Liebe. Als sie mit Leo, ihrem Freund, in Weinfelden in den Zug gestiegen war, hätte sie allerdings noch nicht vermutet, dass dieser heimliche Gedanke so rasch Realität würde. Sex mit einer Frau. Irma und Vanessa.

Dann vernahm Vanessa ein Stühlerücken – womöglich wurden die zehn anwesenden Männer jetzt im Halbkreis um ihr Bett gesetzt, damit ihnen nichts entging. Irmas weiche, warme Brüste an Vanessas rechter Schulter. Sie atmete tief durch. Offenbar verfügte Irma über eine viel grössere Oberweite als Vanessa, und diese beschloss, alles, wirklich alles, zuzulassen. Irma duftete herrlich, Vanessa tippte auf einen Hauch „l'air du temps“. Frauengeheimnisse halt. „Kleines, geiles Luder“, flüsterte Irma in Vanessas Ohr. „Ich habe alle Deine Fotos runtergeladen, mich macht es so an, wie Du dich zeigst – auch dann, wenn Du Kleider anhast.“

Ohne eine Reaktion abzuwarten, verschloss Irma Vanessas Lippen mit einem innigen Zungenkuss. Vanessa spürte Irmas feuchtes, warmes Geschlecht an ihrem eigenen, und es war fast so, als würde Irma vor lauter Hitze dampfen. Dann fanden die beiden Muschis einander, Vanessa-Muschi und Irma-Muschi. Wenn Frauen ihr Geschlecht aneinander reiben, ist das eines der schönsten und eindrücklichsten Naturereignisse, die der Planet zu bieten hat – ganz anders als das ordinäre „rein-raus“, wenn ein Mann eine Frau fickt. Die geballte Energie des weiblichen Geschlechts, weibliche Lust auf höchsten Höhen, ist wirklich ein Privileg nicht nur für jene, die es erleben dürfen, sondern auch für jene, die zuschauen. Wieder war das Quietschen der Stühle zu vernehmen, die Männer schenkten sich einen weiteren Orgasmus. Vanessa hätte einen Moment lang viel darum gegeben, wenn ihr jemand die Augenbinde abgenommen hätte – just in dem Moment, in dem ihre zehn Verehrer, im Halbkreis ums Bett herum sitzend, womöglich synchron abspritzten. Aber dann setzte Irma sich auf Vanessas Bauch. Vanessa legte ihre Hände an Irmas Hüften. Es musste sich um eine sehr junge Frau mit sehr zarter, warmer Haut handeln. Irma beugte sich über Vanessa und entfernte ihr die Augenbinde. In der „unten-nach-oben-Perspektive“ sah Irma umwerfend aus. Schulterlanges, braun gelocktes Haar. Augen zum Ertrinken. Halb geöffnete Lippen. Schwere, volle Brüste, die ein klein wenig der Schwerkraft nachgaben, womit aber ihre überirdische Schönheit noch unterstrichen wurde.

Irmas Bauch. Irmas dunkel behaarte Scham. Irmas kräftige Schenkel, die Vanessa festhielten, als befände sie sich in einem Schraubstock. Als Vanessa den Kopf zur Seite drehte, entdeckte sie aus dem Augenwinkel heraus Leo, nackt an einen Stuhl gefesselt, und er spielte versunken an seiner Eichel. Sven neben ihm tat es ihm gleich – überhaupt waren alle anwesenden Männer sehr mit sich beschäftigt, und im Kopfkino von allen spielte Vanessa die Hauptrolle, Vanessa, die geheimnisvolle Thurgauerin, die tierliebende Vanessa, die Frau, die es schafft, ein normales Leben zu führen, sich mit Tieren zu beschäftigen und sich dann doch als kleine, versaute Hexe ihren Fans zu präsentieren.

Irma, die an Vanessa zugange war, war Hebamme in einem der vielen Berner Spitäler. Auch ihr machte es nichts aus, ihren Körper herzuzeigen – der weibliche Körper war ja gleichsam ihr Beruf. Aber wenn, dann nur im Club Venus mit seinen klaren Bedingungen, was Männer anging. Im Lokal hatte niemand etwas gegen Männer, ganz im Gegenteil. Weil viele von ihnen aber die frühkindliche Entwicklung nie verlassen haben, sind sie einfach unberechenbar, die Typen, kennen oft ihre Grenzen nicht, werden zu Zuhältern, gewalttätig, und die Anzahl an Femiziden auch in der Schweiz steigt, steigt und steigt.

Darum floriert der Club Venus derart, und es braucht hierzu keine Flyer, keine Inserate, kein rein gar nichts. Der Club Venus floriert „aus sich heraus“, via Mund-zu-Mund-Propaganda. Zwanzig Prozent der Einnahmen gehen direkt an eine kleine Tierschutzorganisation in Rumänien, und ins etwas abgelegene, aber sorgfältig geführte Tierheim in Belp, einem Dorf zwischen Bern und Thun.

Irgendwann war es so, dass sich die zehn Männer an Vanessa und ihren Gespielinnen satt gesehen hatten. Sie duschten, gingen zum Tresen, verdrückten Salami- und Laugen-Sandwiches, die sie mit Ginger Beer hinunterspülten. Die erschöpfte Vanessa gesellte sich dazu und freute sich, gemeinsam mit Sven und Leo etwas Besonderes erlebt zu haben.

Am nächsten Morgen verabschiedeten sich Vanessa und Leo von Sven in dessen Wohnung, wo sie im „Gästezimmer für alle Fälle“ übernachtet hatten und spazierten zum 20 Minuten entfernten Bahnhof, um rechtzeitig den Zug Richtung Weinfelden zu erwischen.

Klicke auf das Herz, wenn
Dir die Geschichte gefällt
Zugriffe gesamt: 3942

Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.

Gedichte auf den Leib geschrieben