Vertigo der Sinne

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Vertigo der Sinne

Vertigo der Sinne

Niels Strom

Freitag Abend ist das Wochenende am schönsten, weil der Montag Morgen noch so weit weg ist. Jedenfalls dann, wenn man am Samstag nicht arbeiten muß. Die typisch holländische Kneipe in der Nähe des Hauptbahnhofs in Amsterdam, in die Grobbel und Preppy gestolpert waren, hatte sich gefüllt. Das Stimmengewirr übertönte längst das unablässige Gedudel der Rap Musik. Typisch ist eine holländische Kneipe dann, wenn Teppiche als Tischdecken dienen, die mühelos den Inhalt eines Kasten Grolsch aufsaugen können, irgendwo ein Billard Tisch steht, das Mobiliar älter als der Wirt ist, und den Gästen Herkunft und Weltanschauung bereits an der Kleidung anzusehen ist, aber niemand Notiz davon nimmt. Nirgends ist es so bunt und vielfältig in Europa, wie in Amsterdamer Kneipen, besonders am Freitag Abend. Die letzten hungrigen Gäste kauten noch an Frites und Bami Rol, als die Verwandlung begann. Ein Tisch am Fenster wurde von Gläsern, sonstigem Geschirr und dem Teppich geräumt, die Musik wandelte sich zum Disko Sound, und zunächst 2 Mädels bestiegen den Tisch, um sich als GoGo Girls zu betätigen. Ein paar weitere Tische wurden rausgetragen, und die Stehparty lief. Grobbel und Preppy waren im Gespräch mit 2 dunkelhäutigen Schönen. Nicht der Zufall hatte das gefügt, sondern Grobbels frühzeitige Umsicht. Sie waren in Amsterdam, um die „Trium Virat“, einen kleinen Zweimaster, der unmittelbar hinter dem Hauptbahnhof im Yachthafen lag, nach Workum zu überführen. Da lag es nahe, sich nach weiblicher Begleitung umzusehen. Besonders Grobbel hat einen sicheren Blick für lohnende Ziele, und nur selten bleibt sein Charme erfolglos. Die wohlige Wärme eines sonnigen Spätsommertages und die sinnliche Leichtigkeit der Wochenendstimmung dieser Kneipe taten ein übriges. Gibt es Zutaten, die bedenkenloser machen Unternehmungslust zu leben? Die Einladung jedenfalls zu einem gemeinsamen Segel WE zauberte sofort ein Strahlen in die Gesichter der beiden, jetzt schon sehr begehrenswerten exotischen Schönen.
Die Nacht war noch jung, die Eisenbahnbrücke öffnete auch nachts; schön würde es jetzt auf dem Wasser sein. Die Beiden, sie hießen Camille und Pauline; sie tuschelten miteinander und kicherten, als Grobbel zum Aufbruch gestikulierte. Dann nickten sie zustimmend. Der Weg zum Schiff war nicht weit, und die Nacht wie Samt; so warm und sternenklar. In der Luft lag der Geruch brackigen Hafenwassers. Weg, nur raus aus dem Hafen und seinem Gewusel, seinen 1000 Lichtern, die die Sterne blenden.

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