Gegen Abend klarte es auf und ein wunderbarer Sonnenuntergang entschädigte und verzauberte ihn und das Abschiedsessen im Seaview war, wie immer, phänomenal. Um es nicht allein einnehmen zu müssen, hatte er den Tuk-tuk-Fahrer eingeladen, quasi als Abschiedsgeschenk, obwohl der sich über ein paar Dollar sicher mehr gefreut hätte, denn auch er musste zusehen, wie er seine fünfköpfige Familie ernähren konnte. Nach dem Essen schlenderte er zum letzten Mal durch das verrufene Ende der Victoria Hill Street. Es war noch weniger los als an den Abenden zuvor. Die Kundschaft war wegen des unsicheren Wetters weitgehend ausgeblieben und einige Lokale hatten ihren Girlies offensichtlich freigegeben. Die Mädchen, die noch da waren und ihm zuwinkten, interessierten ihn nicht sonderlich. Sie waren einfach zu jung und, so vermutete er, nur auf das schnelle Geldverdienen aus. Er aber brauchte Zeit, viel Zeit und Ruhe und Einfühlungsvermögen. Das fand man bei diesen Teenies, die es Hopp-la-hopp machten und dafür auch noch einen unverschämten Preis verlangten, sicher nicht. Es war sicher besser, ein letztes Bier, einen Absacker, in einer der Bars zu trinken und dann allein zurück in das Hotel zu gehen, um in der letzten Nacht richtig auszuschlafen und sich von dem Stress der Vornächte zu erholen. Er hatte bei einem seiner Rundgänge in einer stillen Nebengasse eine nette, ruhige Bar gesehen. Dort wollte er hin. Vielleicht traf er da jemanden, denn, wenn er sich die ganze Sache noch einmal überlegte, warum sollte er die letzte Nacht allein bleiben. Als letzte Möglichkeit konnte er noch in die Draft Bar gehen, die war ja nicht allzu weit, hier war ja alles nahe beieinander und dort würde er irgendwann auch die feuchte Sokuntha wieder treffen, mit Sicherheit. Doch bis zu der Bar schaffte er es nicht, denn auf einmal, quasi aus heiterem Himmel, was jedoch nicht stimmte, es war einfach zu dunkel, als dass er es bemerkt hätte, fing es wieder an zu regnen, und wie. Ein richtiger Wolkenbruch setzte unvermittelt ein und er schaffte es gerade noch unter ein Vordach. Gegenüber war eine Hofeinfahrt und von dort schimmerte ein grünes Licht, das ihm bisher noch nicht aufgefallen war. Ein Massagesalon, da war er sich sicher, dort konnte er den Regen besser abwarten als unter dem schmalen Vordach, das zu wenig Schutz bot. Ein kurzer Spurt, ein paar Sekunden im strömenden Regen und dann wäre er im Trockenen. Er rannte los, überquerte die Straße, bog in die kurze Einfahrt ein und richtig, wenige Meter vor sich war der Salon. Im Hof saßen natürlich keine Mädchen, dafür aber im Eingangsbereich. Sie schnatterten aufgeregt durcheinander, als ein Gast bei diesem Wetter so unerwartet eintrat. Die Frau, die hinter der Rezeption stand, kam sogleich auf ihn zu. Sie war deutlich älter als die Mädchen, eine reife Frau, aber ganz hübsch, immer noch schlank, mit langen, schwarzen Haaren und sanften Mandelaugen. Ob er nicht sein T-Shirt ausziehen wolle, damit es trocknen könne und ob er nicht Lust auf eine Massage habe. Nur 10 Dollar für eine Stunde.
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