Vollmond

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Vollmond

Vollmond

Anita Isiris

Mit nacktem Hintern stand Lucie mitten auf dem Korridor. Ihr war kalt. Auf ihren Pobacken bildete sich Gänsehaut, was eigentlich ganz sexy aussah – bei diesem Wonnepopo. Sie hatte viele Partner gehabt, die Lucie, und mit jeder Beziehung war ihre natürliche Hemmschwelle ein ganz klein wenig gesunken. Sie kleidete sich gewagt, die Lucie, und es machte ihr nichts aus, dass Mann zu viel sah, wenn sie sich bückte. „Ist doch ganz normal, dass man etwas sieht, wenn Frau sich bückt“, ging ihr durch den Kopf, als sie gelesen hatte, wie oft etwa Hausfrauen beim Einkaufen gefilmt wurden. Wenn sie sich über einer Tiefkühltruhe bückten. Wenn sie in die Knie gingen, um eine Packung Spaghetti aus dem untersten Regal zu klauben. Wenn sie sich hinsetzten und ein Bein anzogen, um einen Pasito-Schuh anzuprobieren. Arsch und Titten. Eigentlich dreht sich heute sowieso alles um Arsch und Titten, im Post-Porno-Zeitalter, in dem Mann die Magazine oder die Harddisk nicht mehr verstecken muss. Erotisierende Inhalte werden einfach im Cyberspace abgelegt und mit einem Passwort verschlüsselt. Bis zum nächsten Sicherheitsleck.

Lucie ging nicht viel durch den Kopf. Sie wartete einfach, bis die Tür geöffnet wurde. Jede Minute würde es so weit sein, und eine junge, freundliche Dame würde ihr eine Augenbinde anlegen. Fast zärtlich würde sie ihr eine Haarsträhne aus der Stirn streichen und ihr „mach’s gut“ ins Ohr hauchen. Lucie würde es gut machen. Klar.

Der Korridor war neonbeschienen, und Lucies Arsch wirkte weiss, blass, vollmondig. Weiblicher konnten Rundungen gar nicht sein, Rundungen, die inniger Berührung harrten, die ertastet werden wollten von vielen, vielen Händen. Fein manikürt würden sie sein, die Hände, oder schwielig, oder feucht-schweissig, oder hart-kalt-trocken. Ob sich von der Art der Hände auf die Art der Herzen Rückschlüsse ziehen lässt? Bedingen hart-kalt-trockene Hände ein hart-kalt-trockenes Herz? Oder sind gerade die Besitzer von hart-kalt-trockenen Händen offen, freundlich und empathisch, um nicht zu sagen – lieb? Lucie würde es nie erfahren, denn ihre Augen würden verbunden sein. Sie würde nur die sie umgebende Dunkelheit spüren, und diese vorsichtig tastenden Finger, die immer fordernder werden und sie später schamlos penetrieren würden. Lucies Arsch für alle. Lucies Vollmondarsch für die Welt.

Dann hörte sie das leise Klacken der Türklinke hinter sich. „Lucie“, wurde ihr Name geflüstert. Sekunden später legten zarte, nach Palmolive duftende Frauenhände das schwarze, alles verbergende Band um Lucies geschlossene Augen. Wenn ihr die Augenbinde angelegt wurde, schloss sie immer die Augen, obwohl sie ja auch mit offenem Blick nichts gesehen und geahnt hätte als die sie umgebende Dunkelheit.

Dann wurde die Tür ihr gegenüber geöffnet. Wärme schlug ihr entgegen, was sie keineswegs als unangenehm empfand. Diese warme Luft war geschwängert von Moschusduft, klar, so würde alles beginnen. Sie würden sie mit Moschuscrème einreiben, die Männer, von oben bis unten, und selbst ihre Zehenzwischenräume würden sie mitberücksichtigen. Männer liebten Zwischenräume. Die Zwischenräume zwischen Lucies enormen Brüsten. Den Zwischenraum zwischen ihren Schamlippen. Den Zwischenpobackenzwischenraum. Den Zwischenraum, der sich bildet, wenn Frau die Arme anzieht. Lucies Achseln waren ihre erogenste Zone überhaupt. Nur ganz wenige Eingeweihte wussten das. Wurde sie dort von einer Zunge, einem Schwanz oder einem Finger berührt, war es um sie geschehen. Lucie kam schon fast nur beim Gedanken, dass sich einer der Männer mit ihren Achseln beschäftigen würde – bitte so intensiv wie möglich.

Jetzt kam Vorfreude auf bei Lucie – noch während sie vorsichtig einen Schritt vor den andern setzte und den Raum betrat. Sie war bereit für die da drinnen. Schliesslich hatten die auch bezahlt für das bevorstehende Vergnügen. Lauter gebildete, feinsinnige Männer erwarteten sie – der mit den schwieligen Händen war Orthopäde, Fährmann und Philosoph. Die Schwielen hatte er sich beim Übersetzen über den Stadtfluss geholt, wenn er des Sonntags die Familien von einem Ufer zum andern ruderte. Seine Hände waren ganz besonders wohltuend – ganz anders etwa als die des Pianisten Farchim Bondango. Dieser mochte Rachmaninov beherrschen. Das weibliche Geschlecht zog sich vor seinen Riesenpranken aber scheu in sich selber zurück. Farchim Bondango war der einsamste Mensch der Welt, und ihm wurde nachgesagt, dass er des Öftern die Klaviatur seines Burger Jacobi Klaviers als Wichsvorlage benutzte. Weisse und schwarze Tasten waren für ihn ein und alles. An Lucies Damm oder ihren Nippeln hatten seine Finger aber nicht viel zu suchen.

Dann waren da noch die feucht-schweissigen Hände des Kardiologen Numo Mattel. Warme, kleine, fast ein wenig zwergenhafte Hände, die sofort eine Schneewittchen-Assoziation hervorriefen. Wie oft hatte sich eigentlich Schneewittchen den sieben kleinen Männern hingegeben, nachdem sie gekocht, getanzt, musiziert und gelacht hatten? Hatten sie es ihr gleichzeitig besorgt, in brüderlich-männlicher Eintracht? Oder einer nach dem andern, gerecht, wie die Welt es damals noch war, tief drinnen im Wald? Waren sie tatsächlich tief drinnen gewesen in Schneewittchens Wäldchen, die Zwerge? Nackt war sie bestimmt nicht gewesen, Schneewittchens Muschi, sondern verziert von dichtem Schamhaar - bestimmt noch schwärzer als das dunkle, nach Vergissmeinnicht duftende Haupthaar.

Aber nun zurück zu Lucie. Numo Mattel war der Erste. Sie spürte seine Hände an ihrem Bauch. Dieses Ahnen, ohne zu sehen, das Lautlose, Tastende, Geheimnisvolle trieb Lucie beinahe in den Wahnsinn. Was war mit diesen Männern nur los, dass sie derart viel Geld hinlegten, nur um sie, Lucie, medizinisch-praktische Assistentin im zweiten Ausbildungsjahr, zwei Mal pro Jahr betasten zu dürfen? Worin lag die innere Kraft eines derartigen Männerrituals, das für Aussenstehende schweinisch anmuten mochte?

Lucie jedenfalls genoss es, Mittelpunkt zu sein. Manchmal mochte sie ein langes Vorspiel, manchmal brauchte sie es direkt, so wie an jenem Abend. Sie fasste Numo Mattels Handgelenke und führte seine kleinen Hände direkt an ihr Verlies, paradiesisch tief unterhalb ihres Nabels gelegen. Lustvoll ertastete Numo Mattel Lucies Spalte. Lucie war bereits klitschnass. Numo gefiel das, zumindest liessen sich seine gutturalen Laute so interpretieren.

Jetzt gehörte Lucie ganz ihnen. Lucies Vollmondarsch. Farchim Bondango starrte und starrte, wagte es aber ein weiteres Mal nicht, zuzugreifen. Eine derartige Gelegenheit würde sich ihm vielleicht niemals mehr bieten, ahnte er, aber er wusste: Tasten waren seine Welt, der Quintenzirkel, Oktaven, Synkopen, und der Bassschlüssel sowieso. Vielleicht würde er Lucies Hintern eines Tages eine Ouvertüre widmen.

Da war Cyclopos Ungstein, der Fährmann, schon aus ganz anderem Holz geschnitzt. Er nestelte an seinem Hosenstall, wurde aber von Kaspar Juritz, dem Urologen, an seinem Plan gehindert. „Du weißt doch“, zischte er. „Die Abmachung zählt. Nur schauen und berühren. Mit den Fingern. Schwänze sind nicht zugelassen.“

Das war auch mit Grund gewesen, dass Lucie sich zwei Mal pro Jahr auf diese Party eingelassen hatte. Sie verdiente nicht nur gutes Geld, sondern konnte sich auch darauf verlassen, dass sie von einer klassischen Gang Bang Orgie verschont blieb. Die Männer fingerten nur an ihr herum, mehr oder weniger gekonnt. Dies steigerte die Erregung aller Anwesenden, dieses Wollen und doch nicht ganz Können, die Anwesenheit einer hocherotischen, drallen jungen Frau, das Umgeben Sein von Kollegen, mit denen man normalerweise im OP-Saal stand oder an einem Kongress teilnahm. Der einzige Nicht-Chirurg in der Runde war Farchim Bondango. Er gehörte jedoch zum Inventar, nicht zuletzt wegen seiner frappanten Ähnlichkeit mit Ron Mael von der Rockgruppe „Sparks“, die alle so liebten. „Moon and Sparks“ würde denn auch der Titel des Videos sein, das sie eines Tages mit Lucie drehen und bei Facebook veröffentlichen würden.

Kaspar Juritz drängte Cyclopos Ungstein zur Seite. Er stand nun direkt hinter Lucie, deren Möse noch immer intensiv von Numo Mattel erkundet wurde. „Bück Dich jetzt, Kleine.“ Lucies Herz klopfte. Sie mochte Kaspar Juritz sehr, er war ein hochanständiger, kultivierter Mann mit etwas altmodischen, aber heutzutage rührend anmutenden Gepflogenheiten. Er half Frauen in den Mantel. Juritz zog eine Taschenlampe aus seiner Jackett-Tasche – noch nie hatte ihn jemand ohne sein dunkelgrünes Jackett gesehen – und richtete deren Halogenstrahl direkt auf Lucies Pflaume. Satt, feucht und appetitlich wirkte sie, diese Zauberpunze, und Kaspar Juritz kitzelte sie frech.

Allmählich verloren Farchim Bondango, Cyclopos Ungstein, Numo Mattel, Kaspar Juritz und Sothan Neglecto ihre letzten Hemmungen. Bondango befreite sein Gemächt und kletterte auf einen Tisch. Hier hatte er den Überblick, hier liess sich’s sein, hier spielte für ihn die Musik. Er reizte seine Nille und spritzte wenige Sekunden später auf Cyclopos Ungsteins Hemdkragen. Numo Mattel kicherte. Cyclopos aber merkte nichts. Er war mit Lucies Riesenbrüsten beschäftigt. Er hätte ein Leben gegeben für einen Tittenfick mit ihr, aber der Kodex verbot es. Es blieb Cyclopos Ungstein also nichts anders übrig, als Lucies Brustwarzen zu streicheln, bis sie noch grösser und noch steifer wurden, als sie es eh schon waren. Er war der Faustus hier, der Universalgelehrte, und ihn zog und juckte die Tatsache, dass Lucie nur eine naive, kleine Praxisassistentin war, er aber war etablierter Orthopäde, beliebter Fährmann und habilitierter Philosoph. Das sollte ihm erst mal einer nachmachen. Sein überhöhtes Ich wirkte sich aus in sexueller Affinität zu jungen, unschuldigen Mädchen, je draller, je besser. „Nein, Schätzchen, Deine Figur ist völlig o.k.“, sagte er zu ihnen, während er sie mit Schokolade fütterte und ihre Hintern durchknetete. Frauen ohne Selbstvertrauen, die sich vor dem Spiegel abscheulich fanden. Cyclopos Ungstein aber fand sie geil, diese Dickerchen, sah in ihnen den Vollmond, und er spritzte ihnen liebevoll zwischen die schweren Brüste. Oft verführte er sie noch während der Fährenfahrt, zwischen Ufern, und sie waren sonntäglich gekleidet, die Frauen, und unter ihren Blusen explodierten Cyclopos Ungsteins Träume.

Sothan Neglecto war Gynäkologe. Seine Passion, es sei hier gesagt, war der weibliche Anus. Gar zu oft hatte er Hämorrhoiden behandeln müssen, und Lucies glattes, süsses, kleines Poloch erregte ihn aufs Höchste. Wie gerne hätte er seinen Schwanz hineingerammt, ohne Vorwarnung, und sich ob Lucies spitzen kleinen Schmerzensschreien ergötzt. Aber das durfte er ja nicht. Also nahm er seine hart-kalt-trockenen Hände zu Hilfe. Auch sein Herz war hart-kalt-trocken geworden in all den Jahren mit Ultraschall, Spekula, Dammrissen und dem Ligamentum Sacro-Uterinum. „Lass mich mal ran“, sagte er zu Kaspar Juritz mit näselnder Stimme, die keinen Widerspruch duldete. Lange betrachtete er Lucies Anus, so, als sähe er so etwas zum ersten Mal in seinem erfolgreichen Gynäkologenleben. Dann nahm er seine Hände zu Hilfe, spreizte Lucies Pobacken und schob seinen linken Daumen in ihr hinteres Pförtchen. „Uuuuuh…“, heulte Lucie auf. Nicht nur Sothan Neglecto wurde spitz, sondern auch seine Kollegen Farchim Bondango, der soeben dabei war, seine Refraktärzeit zu überwinden, Cyclopos Ungstein, der ungläubig auf Lucies Titten starrte, Numo Mattel, der noch immer nicht von Lucies Fotze lassen konnte und Kaspar Juritz, dessen intelligent anmutende Schläfen wegen Lucies leuchtendem Vollmondhintern bis zum Gehtnichtmehr pulsierten, waren geil bis zum Platzen.

Zuhause würden sie es ihren Frauen zeigen – mit Ausnahme von Farchim Bondango, klar. Er hatt ja nur eine Klaviatur.

Lucie aber würde ausgiebig duschen, sich in ihr Bett in der ungeheizten Dachkammer legen, und der Vollmond würde sie in ihrer ganzen unverwüstlichen Schönheit bescheinen und ihr die empfindlichen Achseln lecken, wenn sie tief schlief.

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