‚Fritz‘ war jetzt fast da. Ja, er sah meinem Fritz tatsächlich verblüffend ähnlich, aber er war um einiges jünger - vielleicht 19. Aus einem Impuls heraus – ohne groß nachzudenken – sprang ich auf.
„Kannst in meinem Anbau übernachten, wenn du willst.“ Ich zeigte mit dem Kopf auf den windschiefen Anbau an meinem kleinen Häuschen. Er blieb stehen. Schaute mich irritiert an. Ich lächelte verlegen. Die anderen zogen weiter. Möglich, dass dabei der eine oder andere zotige Spruch fiel.
„J ... Ja ... w ... wenn das geht.“
„Klar, komm rein.“
Er betrat hinter mir die Küche. Im Stubenwagen lag der Säugling – das Letzte, was mir von Fritz geblieben war.
Ich deutete auf einen Stuhl. Er setzte sich.
„Margot.“
„Karl.“
„Du wirst Hunger haben.“
Ich tischte auf, was meine bescheidenen Mittel hergaben. Frisches Brot, Butter, Wurst aus der eigenen Schlachtung. Aus dem Garten Tomaten, ein paar frühe Erdbeeren. Er aß, nein, er verschlang alles und trank Limonade. Die ganze Literflasche. Erzählte mir, dass sie seit morgens um halb sechs marschiert wären.
Ich ging in die Waschküche, heizte den Wasserkessel an. Als ich wieder in die Küche kam, hatte er alles verputzt, was ich ihm hingestellt hatte.
„Hast du in der Heimat eine Freundin?“
„N ... Nein.“
Da war ich sicher. Er hatte bestimmt noch nie eine Freundin gehabt.
Der Säugling schrie. Ich nahm ihn hoch. Weltschmerz hatte er noch nicht, wusste nicht von seinem toten Vater. Er hatte einfach Hunger. Ich streifte mein Kleid links über die Schulter nach unten. Als Karl begriff, was ich vorhatte, schaute er betreten auf seinen Teller, dann scharf an mir vorbei aus dem Fenster. Ich glaube, er wurde auch ein bisschen rot.
Ich legte meine linke Brust frei, eine schöne Brust. Jetzt, wie ich fand, in der Stillzeit noch schöner als sonst. Im Gegensatz zu meinen Armen war sie fast schneeweiß. Es wäre undenkbar gewesen, sie der Sonne auszusetzen. Die Brustwarze stand dunkel, prall und steif inmitten ihres Vorhofes und wartete auf den kleinen Kostgänger. Zufrieden schmatzend fing dieser an, sich seine Portion zu holen.
Vom Leben kosten
Margot – Eine Geschichte unter vielen in ihrer Zeit – Teil 1
59 6-10 Minuten 0 Kommentare

Vom Leben kosten
Zugriffe gesamt: 4321
Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.