Von der Mannwerdung

Margot – Eine Geschichte unter vielen in ihrer Zeit – Teil 2

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Von der Mannwerdung

Von der Mannwerdung

Svenja Ansbach

Kurz darauf standen wir vor der kleinen Kate, in der meine Mutter lebte. Diese saß hinter dem Haus auf einer Bank im Gemüsegarten. Der Kleine stolperte ihr juchzend in die Arme. „Ach, da ist ja unser kleiner Lorbaß“, sagte sie in breitem Ostpreussisch und schloss den Kleinen in die Arme. Nachdem ich Karl vorgestellt hatte, entstand eine peinliche Stille, so dass Karl schnell den Kleinen an der Hand nahm und sagte: „Komm Kleiner, zeige mir mal den Garten.“
Als ich allein mit meiner Mutter war, schaute ich diese unsicher an. „Und?“
„Kind ..., Fritz ist zwei Jahre tot, worauf willst du warten? Wenn du denkst, dass er der richtige ist, ist er der richtige – dann halte ihn fest.“
Dabei drückte sie mir die Hand und tätschelte meine Wange. Dann lächelte sie, schaute auf den Picknickkorb und sagte: „Und nun ab zum See, … lasst euch Zeit.“

Das war mir wichtig gewesen, damit konnte für mich eine unbeschwerte Zeit beginnen.
Dankbar drückte ich meiner Mutter ein Küsschen auf die Wange, sprang auf, rief die beiden ‚Männer‘ und verschwand mit Karl.
Bald darauf erreichten wir meine verwunschene Lieblingsstelle am Waldsee. Auf einem kaum zu bemerkenden schmalen Pfad lotste ich Karl durch das dichte Unterholz des Waldes dorthin.
Nachdem wir beide nackt ins Wasser gesprungen waren und übermütig darin herumgetollt hatten, saßen wir auf der mitgebrachten Decke. Das Wasser perlte in kleinen Tropfen von unserer sonnengebräunten Haut. Karl hatte vermutlich, von ein paar mehr oder weniger ästhetischen Schmuddelbildern an irgendwelchen Bunkerwänden abgesehen, noch nie in seinem Leben eine echte nackte Frau gesehen, außer natürlich im letzten Jahr bei spärlicher Beleuchtung mich – und er glotzte mich ungeniert an.
„Du bist s ... so schön!“, stammelt er und wurde rot, als er merkte, dass ich ihn ebenfalls musterte.
Ich sah auf die große Narbe an seinem Oberarm. Sie wirkte noch frisch.
Er bemerkte meinen fragenden Blick: „Nichts weiter, nur ein Granatsplitter. Dafür habe ich ja dann einen schönen Blechorden bekommen.“ Damit meinte er sein Verwundetenabzeichen. Wieder nahm er nicht die Gelegenheit, über das Erlebte zu erzählen.

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