Da Christopher auf Probefahrt war, sass Carsten allein an den zu einem „L“ geformten Schreibtischen. Als sich die beiden Frauen näherten, stand er auf, knöpfte das Jackett zu und setzte sein nettestes Lächeln auf. Dann klingelte sein Telefon. Sein Lächeln fror ein. Er mußte drangehen. Die beiden Frauen blieben stehen. Das war Fridericos Moment.
Er stand auf, tat so, als müßte er zum Kopierer gehen und ging nahe an den beiden vorbei. Er war anscheinend tief in das Dokument vertieft, dass er mit sich trug. Nur ich konnte sehen, dass es ein belangloser Schmierzettel war. Als er auf gleicher Höhe war, blieb er stehen. Es sah so aus, als hätte die Tochter ihn angesprochen. So war es aber nicht. Es war umgekehrt. Er hatte sie angequatscht, ob er ihr behilflich sein kann. Dann war es nur noch Formsache, er geleitete die beiden zu unseren Schreibtischen, fragte, ob er ein Getränk anbieten kann und orderte es bei Candice. Dann entschuldigte er sich, weil er dringend diese Kopie machen mußte. Jetzt war ich dran. Ich hieß die beiden in unserem Autohaus willkommen und fragte, wie ich behilflich sein könnte, nachdem ich mich ganz kurz mit meinem Namen und als Senior Key Account vorgestellt hatte. So stand es auch auf meiner Visitenkarte, die ich den beiden überreichte. Natürlich aus einem Visitenkartenetui, nicht schnöde aus der Schreibtischschublade geholt. Die ältere stellte sich als Gräfin Bernadette von und zu Altena vor, sie sei mit ihrer Tochter Alexandra auf der Suche nach einem schicken Auto. Ihre Tochter sei gerade in Trauer, sie habe ihren Verlobten bei einem Autounfall verloren. Da sei ein schönes Auto doch gerade der rechte Trost. Sie hätten sich gerade schon etwas umgesehen, sie seien mit der Marke vertraut. Zielsicher hatten sie eines der schönsten und teuersten Autos erspäht, die im Verkaufsraum standen: ein Jaguar Cabrio, Leder, Klima, V 8, 396 PS, grünmetallic, Navi- und Hifi-Bordsystem, 8-Gang-Tiptronic-Automatic für 138.000,- EURO.
Inzwischen war Friderico wieder da und schaltete sich in das Gespräch ein. Sie hätten eine excellente Wahl getroffen. Ob die beiden denn ein anderes Fahrzeug in Zahlung geben wollten, nur das Neufahrzeug erwerben oder finanzieren oder leasen wollten.
Die Tochter lachte. „Nur kaufen. Und Bares ist Wahres.“ Ob sie denn eine Probefahrt machen könnte. Friderico lächelte. Also mit dem Wagen da gerade nicht, aber es stünde ein baugleiches Fahrzeug bereit, was allerdings kein Cabrio sei. Alexandra zeigte sich etwas enttäuscht. Kein Grund für Friderico, pessimistisch zu werden. „Lassen Sie uns doch das gute Stück einmal von Nahem betrachten, setzen uns hinein und drehen eine Runde mit dem anderen Fahrzeug. Es hat die gleiche Motorisierung, ist halt nur kein Cabrio. Aber eine Fahrt in einem ähnlichen Cabrio könnte ich gern organisieren“.
Wir standen auf und bewegten uns auf das Objekt der Begierde zu. In meinem Rücken spürte ich Carstens Blicke und ich glaube, er wünschte mir und meinem Partner sämtliche mit Juckreiz verbundenen Geschlechtskrankheiten.
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