„Ist es dir so wichtig, was meine Mitarbeiter von dir denken? Man sucht sich doch nicht das passende Umfeld aus, bevor man sich verliebt.“ Er legte seine Hand auf ihre und streichelte zart über ihren Handrücken. „Vertrau mir, vorerst halten wir es geheim und können, wenn du möchtest, uns während der Arbeit auch weiterhin mit sie anreden.“ Er schaute sie bittend an und als Melissa langsam nickte, ergänzte er seinen Vorschlag noch: „Wir lernen uns erst mal kennen und wenn du der Meinung bist, es wird nichts mit uns, dann werde ich dich in Ruhe lassen! Du hast von mir nichts zu befürchten, das Einzige, was ich sofort ändern werde, ich werde in Zukunft netter zu dir sein!“
Melissa druckste etwas herum, bevor sie sagte: „Ich habe dich gehasst, wegen deiner unhöflichen Art. Ich kann jetzt den Grund, warum du dich so verhalten hast, zwar verstehen, aber ich war kurz davor wieder zu kündigen! Es hat mich sehr gekränkt!“
„Es tut mir sehr leid, ich bin so ein Idiot, verzeih mir bitte, es kommt nicht wieder vor!“ Dabei zog er ihre Hand an seine Lippen und hauchte einen Kuss auf ihren Handrücken.
Das Essen war köstlich und Melissa beobachtete Wilm jetzt mit ganz anderen Augen.
Zwei Stunden später hielt der Wagen vor ihrem Wohnblock. Wilm sprang raus und half ihr beim Aussteigen.
Melissa war sehr unsicher, wie sie sich jetzt verhalten sollte, erwartete er jetzt, dass sie ihn bitten würde mit in ihre Wohnung zu kommen? Doch Wilm nahm ihr die Entscheidung ab.
An der Haustür küsste er sie auf beide Wangen und wünschte ihr einen schönen Sonntag. „Ich freue mich schon auf Montag, wenn ich dich wiedersehen darf.“
Am Auto winkte er noch einmal, stieg ein und brauste davon.
-*-
Mit einem flauen Gefühl im Magen betrat Melissa am Montag das Hauptgebäude. Den ganzen Sonntag war ihr das Geständnis von Wilm nicht aus dem Kopf gegangen und sie war sehr unsicher, wie sie jetzt ihrem Chef gegenüber treten sollte?
Da das Untergeschoss, wo sich auch ihr Büro befand, zu dieser Zeit noch relativ leer war, da die Arbeitseinteilung für den Tag meistens in der Halle stattfand, war Melissa froh noch ungesehen an ihren Schreibtisch kommen zu können.
Ihre Jacke und Handtasche verstaute sie in dem kleinen Spind und wollte sich gerade hinsetzen als sie den Briefumschlag sah!
´Frau Melissa Funke`, stand auf dem Umschlag!
Eindeutig Wilms Handschrift.
Mit zitternden Finger öffnete Melissa den Umschlag und las die wenigen Zeilen.
„Liebe Melissa,
vorab möchte ich mich recht herzlich dafür bedanken, dass Du mein Geständnis am Samstag so gefasst aufgenommen hast.
Ich bin mir bewusst, dass es für Dich eine Überraschung, vielleicht auch ein Schock war, das von mir zu hören, aber ich wusste nicht, wie ich es sonst anstellen sollte, mich zu erklären? Sei gewiss, ich werde Dich nicht unter Druck setzen! Ab sofort wirst Du mich anders sehen und vielleicht (ich hoffe es jedenfalls) kannst Du irgendwann meine Gefühle erwidern.
Wilm
Nachdenklich schob Melissa den Brief wieder in den Umschlag, erhob sich und verstaute ihn in ihrer Tasche im Schrank. Kaum saß sie wieder auf ihrem Platz, klopfte es und die Tür, die nur angelehnt war, wurde aufgeschoben.
„Guten Morgen Melissa!“ Wilm stand im Türrahmen und strahlte sie an.
Verlegen erhob Melissa sich, zu sehr machten ihr Wilms Eröffnungen noch zu schaffen.
Wilm war zu ihr getreten und reichte ihr die Hand: „Ich sehe du bist immer noch geschockt, aber wenn du der Meinung bist, es geht nicht, dann werde ich es akzeptieren und bin nur noch dein Chef! Lass dir aber bitte Zeit mit einer Entscheidung. Du wirst sehen, ich kann auch anders sein, als ich mich in den letzten Tagen gezeigt habe!“ Er hielt immer noch ihre Hand, erst als Melissa ihre lockerte, ließ er sie los.
„Guten Morgen Wilm, es stimmt, ich bin immer noch durcheinander!“ Melissa wich etwas zurück und musste sich am Schreibtisch etwas Sicherheit geben, weil ihre Knie drohten nachzugeben: „Mit allem habe ich gerechnet, aber damit nicht! Eher mit weiteren Nörgeleien und Kritiken. Du hattest an allem, was ich machte etwas auszusetzen und dabei muss ich mich doch erst mal einarbeiten. Ich habe dich dafür gehasst! So kann man nicht mit jemanden umgehen der gerade erst angefangen hat!“ Melissa hatte sich etwas in Rage geredet und sah jetzt an dem bedepperten Gesichtsausdruck von Wilm, dass sie ihn getroffen hatte. Innerlich jubelte sie etwas, er sollte ruhig merken, dass man so mit keinem Angestellten umgeht. Trotzdem fühlte sie sich genötigt, die Spitzen etwas abzumildern: „Ich mag dich doch auch, wenn du dich nur nicht so blöd verhalten hättest.“
-*-
Die Tage und Wochen vergingen und Wilm hatte sich um 180° gedreht! Er war unglaublich höflich zu Melissa, ja geradezu liebevoll! Jeden Morgen stand ein Becher Kaffee auf ihrem Schreibtisch und ein Kecks lag daneben.
Das Weihnachtsfest stand vor der Tür und Melissa spürte, dass die Mitarbeiter schon etwas in Aufregung gerieten. Wie jedes Jahr wurde die große Lagerhalle festlich geschmückt. Lange Tapeziertische bildeten die Tafel. Die Regale mit dem Vorrat an Farben und sonstigem Zubehör wurden mit Tapetenresten abgehengt und ergaben ein buntes Muster. Lichterketten und Tannenzweige zauberten eine weihnachtliche Stimmung in den sonst kalten Raum.
Einer der Maler, der als Diskjockey fungierte, hatte schon zwei große Lautsprecherboxen aufgestellt und war dabei sein Mischpult einzurichten. Bunte Lichter flammten im Rhythmus der Musik über die Wände und der Hallendecke.
An der Seite war ein Catering-Service dabei, ebenfalls auf Tapeziertischen, leckere Speisen hinzustellen.
Langsam füllte sich der Raum!
Da zu den Weihnachtsfeiern der Firma Walters auch immer die Partner und Ehefrauen der Angestellten eingeladen wurden, wuselten immer mehr Menschen in der Halle umher. Viele kannten sich schon von den Feiern der Jahre vorher, so war die Wiedersehensfreude oft sehr lautstark.
Alle Angestellten mussten sich verpflichten ohne Auto zu kommen, dafür spendierte der Chef jedem 5o € für ein Taxi, damit keiner alkoholisiert fahren müsste.
Während sich die meisten selbständig einen Platz suchten, wurde Melissa neben Wilm an der Stirnseite der Tafel platziert, was ihr sehr unangenehm war. Besonders Jörn, der ihr schon mal etwas unterstellt hatte, zwinkerte ihr zu.
Nach einer kurzen Ansprache von Wilm, der sich für die Einsatzbereitschaft der Angestellten bedankte und schließlich allen einen guten Appetit wünschte, verlief das Essen, nachdem sich alle etwas vom Buffet geholt hatten, recht leise bei gedämpfter Musik ab. Nur das Gemurmel, wenn sich Sitznachbarn unterhielten, war zu hören.
Die Nähe von Wilm machte Melissa nervös. Noch nie war sie so lange, so dicht neben ihm gewesen. Immer wieder passierte es, dass sie sich unabsichtlich mit den Armen berührten. Aber noch intensiver empfand es Melissa, wenn Wilm mit seinem Knie ihres berührte. Dann lief ihr ein Schauer über den Rücken und sie hatte das Gefühl, dass die Stelle glühen würde, an der er sie berührte.
Bei den ersten Malen hatte sie ihr Knie erschrocken zurück gezogen, doch nachdem sie ein, zwei Gläser von dem vorzüglichen Weißwein getrunken hatte. Ließ sie die Berührung zu! Wilm reagierte sofort darauf. Während er anfangs nur leicht den Druck erhöhte, fing er nach einiger Zeit langsam an sein Bein etwas rauf und runter zu bewegen und an ihrer Seite zu scheuern. Ja er wippte mit seinem Fuß auf und ab, sodass es Melissa heiß und kalt wurde. Wenn sie ihr Bein etwas zur Seite nahm folgte er ihr sofort, um den Kontakt nicht zu verlieren.
Während der ganzen Zeit, unterhielt er sich angeregt mit seinen Tischnachbarn.
Melissa hatte Mühe sich auf ihr Essen zu konzentrieren, so brachte seine Nähe sie durcheinander.
Nach und nach wurde das Essen beendet und Tafel wurde aufgehoben.
Die Tapeziertische wurden zu kleineren Tischen zusammengeklappt, sodass kleinere Grüppchen entstanden.
Die Musik wurde lauter und auch die Unterhaltung. Die ersten Paare eilten auf die kleine Tanzfläche, die jetzt vor dem Diskjockey freigeräumt worden war.
Wilm, Melissa und noch ein Paar, die zur Geschäftsleitung gehörten, saßen an einem Tisch, etwas Abseits, der anderen Tische, Wilm natürlich wieder dicht neben ihr.
Plötzlich beugte sich Wilm vor und Melissa wich erschrocken etwas zurück, weil sie glaubte er wollte sie küssen, doch er fragte leise: „Tanzt du mal mit mir?“
Melisse konnte nur nicken, zu peinlich war ihr der Gedanke, den sie gerade gehabt hatte!
Wilm nahm ihre Hand, zog sie hoch und ging mit ihr zur Tanzfläche. Dort drückte er sie an sich und führte sie geschickt über die Tanzfläche. Immer entspannter ließ sie sich führen und musste zugeben, dass Wilm hervorragend tanzen konnte. Das Licht wurde gedimmt und immer intimer wurden Wilms Bewegungen. Während er sie oft etwas auf seinen Oberschenkel zog und so hin und wieder ihren Schoß berührte, passierte es plötzlich, dass er ihren Oberschenkel zwischen seinen Beinen hatte und sie deutlich seine Härte spürte. Leise stöhnte er an ihrem Ohr und flüsterte dann: „Bleibst du heute Nacht bei mir? Bitte!“, fügte er noch hinzu.
Doch das war Melissa jetzt doch zu viel. Als die Musik endete, ließ sie ihn mit den Worten, „ich muss mal zur Toilette!“ einfach auf der Tanzfläche stehen.
Etwas verlegen flüsterte er hinter ihr her: „Entschuldige!“
Melissa eilte zum Bürogebäude rüber, um dort auf die Toilette gehen zu können, auch um etwas alleine zu sein.
Die Annäherungsversuche von Wilm waren ihr einfach zu plump. Was bildete er sich ein? Meinte er tatsächlich sie so ins Bett zu bekommen? Und dabei hatte er sich in den letzten Wochen wirklich von seiner netten Seite gezeigt, sodass Melissa langsam Gefühle für ihn entwickelt hatte. Der Idiot machte mit seiner Erektion in der Hose alles kaputt, wenn das einer seiner Mitarbeiter gesehen hatte? Nicht auszudenken!
Melisse öffnete mit ihrem Schlüssel die Haustür und machte sich auf zur Damentoilette. Als sie nach einer guten viertel Stunde wieder raus kam, lehnte Wilm an der Wand und beobachtete sie.
Als sie in seine Richtung ging, stieß er sich von der Wand ab und versperrte ihr etwas den Weg.
Sie blieb vor ihm stehen, schaute ihm direkt in die Augen und sagte: „Wilm, was soll das? Gerade hatte ich angefangen, dich zu mögen und nun diese obszönen Gesten? Und das vor deinen Mitarbeitern, meinst du die bekommen sowas nicht mit?“ Melissas Augen sprühten vor Ärger. „So wirst du nie bei mir landen!“ Sie wollte sich an ihm vorbei drücken, doch er hielt sie am Arm fest. „Bitte lass es mich erklären!“, versuchte er sie zu besänftigen.
Wenn aus Hass Liebe wird
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