Ina fand es schön, dass sich Paul derart einsetzte. Sie hatte auch schon bemerkt, dass die Schüler großen Respekt vor ihm hatten. Vielleicht hatte er ja recht? Ina gab Berger ihre Zustimmung:
„Gut Paul! Aber sie müssen ihnen klarmachen, dass sie beim nächsten Eklat nachhause fahren!“
Paul versprach ihr, dass er sich die Mädchen vorknöpfen würde. Dann schlug er Ina vor, wenigstens noch eine Stunde zu schlafen. Am nächsten Tag stand eine Exkursion in ein Kloster auf dem Programm. Paul sollte bei Maria und Alina bleiben, die ja außer Gefecht waren. Sie verabschiedeten sich, ehe beide in ihren Zimmern verschwanden. Paul fand jedoch keinen Schlaf mehr. Ihm war klar, dass die Mädchen bestraft werden mussten. Diesmal hatten sie es wirklich übertrieben, alle zwei!
Paul stand auf, da er sowieso nicht mehr schlafen konnte. Die Dusche tat gut, brachte ihn wieder ins Leben zurück. Als er wieder in seinem Zimmer war, öffnete er den Koffer. Ganz unten, von Hemden verdeckt, fand er das Gesuchte. Er nahm es heraus, legte es vor sich aufs Bett. Paul wurde bewusst, dass es eine Vorahnung war, die ihn das Paddle bestellen ließ. Heute würde es zum Einsatz kommen!
Frau Blum war mit der Klasse pünktlich um 8 Uhr aufgebrochen. Das Mutterhaus der Armen Schulschwestern lag direkt in München, bot jungen Frauen sogar an, eine Weile dort zu leben und mitzuarbeiten. Paul schmunzelte bei der Vorstellung, seine Schützlinge in Ordenstracht unter lauter Nonnen zu sehen. Arme Schulschwestern, im übertragenen Sinne, waren Alina und Maria ja auch. Auf jeden Fall, wenn er sie sich vorgenommen hatte. Paul wünschte Ina einen angenehmen Tag, als sie mit den Schülern in den Bus stieg. Nach der Abfahrt sah er nach den Mädchen. Paul weckte sie gegen 9 Uhr 30. Maria zog sich die Decke über den Kopf, während von Alina nur der Jeans Po zu sehen war. Paul zog beiden die Decke weg, was mit lautem Maulen beantwortet wurde. Die Mädchen sahen schlimm aus, total bleich und völlig übernächtigt. Wenigstens waren die Eimer leer geblieben, dachte Paul. Wie zwei Häufchen Elend saßen sie nun mit zerzausten Haaren auf ihren Betten. Die Mädchen realisierten langsam, dass Paul Berger vor ihnen stand. Das schlechte Gewissen stand beiden ins Gesicht geschrieben. Der Lehrer konnte ihren Zustand nicht länger mit ansehen.
„Marsch, unter die Dusche mit euch! Danach gibt’s erst einmal Frühstück, und dann unterhalten wir uns über gestern Nacht. Auf was wartet ihr noch? Hopp, hopp: in spätestens 15 Minuten will ich euch wiedersehen. Wir drei haben etwas zu besprechen, das wisst ihr genau! Beeilt euch ein bisschen…“
Die Mädels trollten sich, Kulturbeutel und Handtücher inklusive. Die Jugendherberge besaß einen großen Duschraum, ähnlich wie in einer Sporthalle. Alina und Maria standen sich stumm gegenüber, seiften sich wortlos ein. Beiden Mädchen schwante nichts Gutes, was die Aussprache mit Herrn Berger betraf. Würden sie nachhause geschickt werden? Alina dachte an ihre Mutter. Das gab einen schmerzhaften Povoll, auf alle Fälle. Als Bonus noch drei Wochen Ausgehverbot, mindestens! Auch Maria machte sich Sorgen. Sollte ihre Ma, sie das erste Mal übers Knie legen, wäre das nicht das Schlimmste. Vielmehr fürchtete sie, dass sie dann auf das Internat geschickt wurde. Ihr Vater war ja schon lange dafür, weil das standesgemäßer sei. Maria wollte aber in der 12 A bleiben, jetzt wo sie so ein gutes Standing hatte. Die Zukunft der Mädchen hing von Herrn Bergers Entscheidung ab.
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