Solch ein Mann, eine große, schlanke, schlaksige Gestalt, die im letzten, warmen Licht der Abendsonne deutlich sichtbar gewesen wäre, wenn die Frau zum Schlafzimmerfenster hinaus geschaut hätte, stieg den Pfad von der Landstraße zum Haus hinab, durchschritt das Gartentor und wurde von dem schwarzen Hund mit lebhaftem, aber nur gedämpftem Jaulen und Winseln begrüßt. Ein paar Hühner rannten aufgeregt umher und ein Hahn trug mit seinem krächzenden Krähen ebenfalls zur Begrüßung bei. Der Mann war vielleicht fünfzig Jahre alt und sehr einfach, fast schon schäbig gekleidet, mit abgetragenen Jeans und einem verschlissenen, grauen Pullover, den er trotz des warmen Wetters anhatte. Er beugte sich zu dem Hund, suchte in seinen Taschen nach einem kleinen Geschenk, fand aber nichts und so blieb es beim Tätscheln des Kopfes und bei ein paar freundlichen Worten. Dann stieg er die wenigen Stufen zu dem vorgelagerten Windfang hoch, öffnete die Tür, ohne anzuklopfen, und trat ein. Der Hund streckte sich, gähnte und legte sich wieder neben die Treppe und fuhr fort zu dösen, zu träumen, dabei aber immer auch zu lauschen. Auch die Hühner begannen wieder im Gras des Vorgartens nach Essbarem zu scharren. Der Hahn spähte umher, auf welche Chica er sich als Nächstes stürzen sollte.
Der Raum, den der Mann betrat, der einzig größere, der fast die halbe Grundfläche des Hauses einnahm, war karg eingerichtet. An den gekalkten Wänden hingen ein paar vergilbte Kalenderblätter. Die Decke und der Fußboden bestanden aus schlecht verfugten Dielen. Die Türen waren schief, die Farbe blätterte ab. Links und rechts von der Haustür war je ein Fenster, mit Blick auf den Vorgarten und den Damm. Zwei weitere Fenster waren am anderen Ende des Raums, mit dem Blick auf die Wiesen und den Fluss. Die Fenster waren mit verblichenen, weißen Stores verhängt, man konnte sie hochschieben und sie besaßen hölzerne Läden, falls man Schutz vor unbefugten Blicken oder dem starkem Wind benötigte Den meisten Platz in dem „Salon“ beanspruchten ein großer Tisch mit sechs Stühlen und eine große, ausladende Kommode an einer der Wände. Auf der dunklen, reichlich fleckigen Tischplatte waren ein halbes Dutzend kleine und große Teller verteilt, daneben lagen, ziemlich unordentlich, Löffel und Gabeln. In der Mitte standen eine große, rote Karaffe aus Steingut und eine größere Anzahl unterschiedlicher Gläser, vom schlichten Wasserglas bis zu einem geschliffenen Pokal, außerdem standen dort zwei grüne, verkorkte Flaschen ohne Etikette. Von dem Salon führten zwei Türen in die beiden anderen Räume des Hauses. Die eine, die zum Schlafzimmer hin, war geschlossen, die andere, die in die Küche führte, halb geöffnet. Der Mann ging mit leisen Schritten, ohne zu zögern, ohne sich weiter umzusehen oder seine Anwesenheit in irgendeiner Form kenntlich zu machen, zu der Küchentür, drückte sie vorsichtig weiter auf und blieb im Rahmen stehen.
Die Frau stand immer noch in ihrer gebeugten Haltung über die Spüle. Das Licht, das durch die Fenster drang, war merklich spärlicher geworden, es reichte aber aus, um auch die Einrichtung dieses Raums gut zu erkennen. Neben der Spüle, ein Küchenschrank mit Schubladen, ein Herd, der mit großen Holzscheiten befeuert wurde, die in einer Ecke gestapelt waren. In der anderen Ecke eine Dusche aus Plastik mit einem Vorhang. Noch ehe der Mann den großen Topf auf dem Herd sah, in dem es leise brodelte, hatte er den angenehmen Essensduft gerochen. Er saugte genießerisch die Luft ein und schluckte mehrfach. Er musste sich zwingen, seinen Blick von dem Topf wieder weg und hin zu der Frau zu richten. Er war nicht wegen des Essens gekommen, es war nicht für ihn bestimmt. Die Frau hatte mit ihrer Arbeit aufgehört, richtete sich auf, sah aber nicht zu dem Mann hin, sondern schaute zum Fenster hinaus, in die Sonne, die nur noch als kleine, rote Sichel am Horizont zu erkennen war. Der Mann sah eine kompakte, gedrungene Gestalt mit tiefschwarzen, schulterlangen Haaren, die den Hals und den oberen Rand eines bunten Kleides verbargen. Dieses Sommerkleid in roten, braunen und lila Tönen spannte sich straff über den breiten Rücken, über die kaum vorhandene Taille und über den dafür um so stärker ausgeprägten Hintern. Es ließ die Muskeln und die einladenden Rundungen der Rückseite der Frau deutlich hervortreten und endete knapp über den Kniekehlen. Auf den strammen Waden war die ziemlich dunkle Haut der Frau sichtbar. Ihre verhältnismäßig kleinen, grazilen Füße standen nackt auf den Dielen des Fußbodens.
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