„Echte Flügel kann ich dir leider nicht bieten. Dieses feine Gewebe ist das besondere Privileg der Feen. Und wie solltest du sie auch bedienen? Ich habe meine halbe Kindheit damit verbracht, sie zu vernünftig gebrauchen. Aber keine Angst, meine Spinnen spinnen einen festen Faden. Dieses Segel wird dich sicher zum Boden bringen. Auch werde ich über deinen Flug wachen und notfalls steuernd eingreifen. Denn dich zu behüten, ist jetzt meine höchste Pflicht.
Egidius hatte keine Zeit, sich seinem angeborenen Spinnenekel hinzugeben. Denn schon erhielt er einen unverhofften Stoß, der ihn über die Kante der Baumhöhle katapultierte. Ein Augenblick der Panik. Hektisches Rudern mit Armen und Beinen. Das Herz schlug bis zum Bersten. Dann begann das Segel endlich zu tragen. Über sich vernahm er jetzt das herzliche Lachen der Feenkönigin.
Übermütig flog sie einige Loopings und drehte ihre Pirouetten. Dann umkreiste ihn das luftige Wesen und fächelte mit flinken Flügeln, so dass er Auftrieb unter sein trudelndes Segel bekam. Sein Fluggerät schaukelte jetzt gutmütig. Und um so mehr sich sein Fall verlangsamte, um so mehr gewann er Vertrauen in dieses ungewöhnliche Fluggerät.
Nun wagte er es schon, sich manchmal neugierig umzusehen. Immer wieder folgte sein Blick der grazilen Fliegerin. Doch auch unter und neben ihm, gab es plötzlich ungeheuer viel Lebendiges zu entdecken. Schwalben schossen vorüber und jagten geschickt manövrierenden Insekten nach.
Manchmal fürchtete er, sie würden ihn rammen, oder ihn gar mit ihrer Beute verwechseln. Doch da bestand keine Gefahr. Denn voller Ehrfurcht, begrüßten die gefiederten Jäger ihre Waldkönigin. Und auch ihren sonderbaren Begleiter…
Egidius begann das luftige Schaukeln zu genießen. Jetzt wagte er auch einen Blick in die Tiefe.
Ein herrlich grüner Sommerwald breitete sich unter ihm aus. Beinahe berauschend, verströmten bunte Blüten ihren unnachahmlich erfrischenden Duft. Das Gesumme unzähliger Insekten drang an sein Ohr. Eine gewaltige Vogelschar sang ein ewiges Lied. Ein glitzernd klarer Fluss durchschnitt das schmeichelnde Grün. Bald stürzte er von hohen Felsen herab und gischtete in einen silbrig schimmernden See.
Allein dieser Anblick erfüllte den Landvermesser mit seltsam erotischem Kribbeln. Dieses Kribbeln verstärkte sich noch, als die Fee unvermittelt unter ihm auftauchte. Verführerisch heiß, ließ sie ihre heiße, nackte Haut an ihm entlang streifen.
„Nun Egidius Steinhart, ...wie gefällt dir das?“ ...erkundigte sie sich wissend, als ihr Gesicht auf der Höhe seiner Augen war.
„Einfach nur wundervoll“, ...entgegnete er, während das pralle Leben in seine Lenden schoss und einen kräftigen Ast austreiben ließ....
„Ich möchte gar nicht mehr landen.“ ...fügte er hinzu, als der dünne Flaum ihres Feenhügels unter seiner Nase entlang kitzelte.
Hell lachend, tauchte die entzückte Fee davon. Flüchtig fühlte er noch die Wärme ihrer Schenkel. Wie gern hätte er sich doch noch ein Wenig an ihrem feuchten Schoß erfrischt. Der Duft verweilte noch für einige Herzschläge…
Eine kleine Lichtung tauchte jetzt unter ihnen auf. Der Rauch eines Bratfeuers trug nun einen anderen, außerordentlich appetitlichen Duft in seine gierigen Nüstern. Erst jetzt bemerkte er, wie lange er schon nichts mehr gegessen hatte. Sein Magen knurrte wie ein hungriger Löwe.
*
Neugierig schaute das kleine Volk derweil zu ihnen auf. Es hatte sich schon zahlreich zum bevorstehenden Fest eingefunden. Selbstverständlich hatte seine Königin alles bis aufs I-Tüpfelchen geplant…
*
„Zeit zum Landen.“ ...verkündete die Feenkönigin. Schon griff sie zielsicher in seine Tragschnüre. Geradezu schwindelerregend ging es jetzt abwärts. Routiniert zog sie ihn mit heftigem Flügelschlag ins Ziel. Ein eigens aufgeschichteter Laubhaufen, sollte seine Landung dämpfen. Dann vollführte die blonde Fee einen Looping, ...und stand auch schon elegant auf den Füßen.
Egidius dagegen, landete wie ein nasser Sack. Stiebend schoss das Blattwerk über ihm auf. Doch als er sich skeptisch betastete, fand er sich vollkommen heil und unversehrt am Boden wieder...
*
„Für einen Menschen, fliegt er gar nicht so schlecht. Auch wenn es ihm noch an Leichtigkeit gebricht.“ ...lachte der Feenkönig. Er war ein kleiner, korpulenter Mann und trug einen goldenen Reif im krausen, braunen Haar. Als weiteres Zeichen seiner königlichen Würde, trug er einen weiten Mantel aus Eichhornfell. Scheinbar aß er gern und gut. Denn sein Bauch ragte prall und rund daraus hervor. Die goldenen Knöpfe, ließen sich jedenfalls nicht mehr schließen...
„Na, wie geht es meinem geliebten, untreuen Weib?“ ...flötete der dicke Mann fröhlich, als er Violett gierig umarmte und so stürmisch küsste, dass es Egidius einen eifersüchtigen Stich versetzte.
,So, mir gebricht es also an Leichtigkeit?‘ ...dachte er mit finsterem, durchbohrendem Blick.
Der König aber, begrüßte ihn darauf in stürmischer Freundlichkeit. Ein spöttisches Grinsen zeigte sich freilich in seinem vollen Lockenbart. Das eifersüchtige Blinken in Egidius Augen war ihm nicht entgangen.
„Wäre ich ein Menschenkönig, hätte wohl ich hier allen Grund zur Eifersucht, ...mein lieber Freund. Doch hier im Walde, sehen wir das mit der Liebe etwas lockerer.“ ...Mit diesen Worten reichte er dem Neuankömmling einen Tulpenpokal, der bis zum Rand mit Met gefüllt war.
„Lasse uns anstoßen, ...und Freundschaft schließen!“...
Sein Blick verriet noch immer besitzergreifenden Groll. Doch prostete Egidius dem Herrscher jetzt höflich zu. Als das Getränk durch seine Kehle rann, fühlte er plötzlich eine freundschaftliche Wärme in sich aufsteigen.
Als nun auch der König getrunken hatte, jubelte das zahlreich versammelte Volk euphorisch. Bis zuletzt hatte man gebangt, ob der so wichtige Fremdling wirklich vom magischen Nektar des Begreifens trinken würde. Davon hing schließlich die Zukunft der „Kleinen“, wie auch der „Großen Welt“ ab.
„Eifersucht und Neid, lieber Freund, sind die Haupttriebfedern der Zerstörung. In deinem Volk will jeder besitzen; die guten Dinge für sich allein haben, so dass er immer in der Angst lebt, dass ein Stärkerer kommt, der sie ihm nimmt. Wir vom kleinen Volk aber, besitzen nichts, ...und haben daher alles.“
„Siehe zum Beispiel die Königin. Ihr würdet sie mein Weib nennen.“ ...Er deutete auf Violett, welche gerade in einer Gruppe grüner Jäger stand, die sich eifrig mit ihr unterhielten. Manche Hand spielte ungeniert an den Köstlichkeiten ihres atemberaubenden Leibes.
„Sie ist wunderschön, und ich liebe sie. Das kannst du mir wohl glauben. Aber meine grünen Vettern lieben ihre Königin ebenso sehr wie ich. Ein Weib wie sie, braucht sehr viel Liebe und Anerkennung. Auch liebt sie die Abwechselung der unterschiedlichsten Geschicke. Schau nur, wie sehr sie es genießt, sich auch körperlich umgarnen zu lassen. Auch das ist ein Teil des Geheimnisses, welches ihr unglaubliche Schönheit und Magie verleiht. Siehe nur ihr Lächeln. Sie ist glücklich. Und das gibt ihr die größte Zaubermacht. Nur eine glückliche Königin, ist auch eine gerechte, gute Königin. So, wie nur ein glückliches Volk, auch ein gutes Volk ist.“
„Auch ich, ihr Gatte, stehe selbstverständlich in ihrer Gunst. Und so ein Gunstbeweis, ist natürlich das schönste Geschenk, dass sie zu vergeben hat. Aber es ist eben ein Geschenk. Ich darf es nicht in Gier beanspruchen; habe kein natürliches Recht darauf. Violett würde mich verachten, ja verstoßen. Und zwar mit Recht. Meine Vettern würden mich als König absetzen und vertreiben. Denn ein habgieriger König, ist ein schlechter König. Das hat sich gerade in eurer Menschenwelt gezeigt. Und solch ein König lebt in ständiger Angst.“
„Mein Land hat viele schöne Töchter. Warum sollte ich also nur die Eine begehren? Du bist unser Gast. Also sollst auch du die Lust und Freuden genießen, die die Töchter unseres kleinen Reiches in sich bergen. Bald wirst du spüren, dass jede hier eine kleine Königin ist. Schenke ihnen Liebe. Dann wird sie wird dir hundertfach vergolten. Deine Liebe zu Ihnen, soll dann eins werden mit der Liebe zu unserem wundervollen Land.“
„Siehe dich bei uns um, ...und lerne. Dann verbreite dein neues, „Altes Wissen“ wieder in der Menschenwelt. Nicht frivole Lebenslust und Müßiggang, sondern Habgier und Neid, sind die wirklichen Todsünden, die die Welt verderben. Und nicht zuletzt eure Pfaffen haben dieses Übel über die Welt gebracht.“
„Wir waren heute auf der Jagd, um das große Fest für dich auszurichten. Ja, du bist unser Ehrengast. Lass uns also den Geist des Eichhörnchens ehren, das heute das letzte Morgenrot gesehen hat. Es starb glücklich. Der Pfeil traf gut und völlig unerwartet. Mögen seine Kinder auch morgen noch fröhlich in diesen Bäumen tanzen. Das ist der ewige Kreislauf des Lebens.“
...„Musik!“ Befahl der König, ...und geleitete den Gast an die Ehrentafel.
Feinste Harfen und Flöten erklangen in betörender Melodie. Man hatte die Instrumente liebevoll aus Eichhorn und Vogelbein geschnitzt. Egidius bewunderte die außerordentliche Handwerkskunst. Sie grenzte schon an Zauberei. Genau wie das Können der Musikanten.
Einer Droge gleich, nahm die Musik von ihm Besitz. Beinahe hätte er sogar seinen beißenden Hunger vergessen. Erst als man ihm den Braten unter die Nase schob, erwachte er aus seinem wundersamen Sinnen.
*
„Der Zauber wirkt“, ...flüsterte die Feenkönigin. Kokett grinsend, knabberte sie an einer saftigen Keule, während der König ihr Knie tätschelte. Warmes Bratenfett troff ihr vom Kinn. Es landete wohl platziert zwischen ihren spitzen Brüsten. Wie hypnotisiert, verfolgten des Landvermessers Augen die glänzende Spur, als wollten sie das Tal zwischen den rosigen Hügelkuppen ausmessen.
Mit einer Scheibe frischen Birkenrindenbrotes, tupfte der Herrscher seine Gattin sauber.
„Deine Haut hat heute wieder eine unwiderstehliche Würze.“ ...schmeichelte er mit lüsternem Blick.
„Wirst du mir heute die Gunst erweisen? Ich habe mich ja so lange nach dir verzehrt.“
Ein leiser Stich von Eifersucht, traf Egidius noch immer, als er des Königs Worte vernahm. Noch hatte er die drei verführerischen Elfenschwestern nicht bemerkt, die ihn schon eine Weile interessiert beobachteten.
Wie konnte er diese Wunderwesen, in ihren identischen Laubkostümchen, nur übersehen? Dabei kümmerten sie sich emsig um sein leibliches Wohl. Da konnte man wieder einmal deutlich sehen, wie blind die unselige Eifersucht den Menschen doch macht...
Dabei hatte das Herrscherpaar seinem Ehrengast das sinnlichste Geschenk gemacht, dass das ganze Reich zu bieten hatte. Mai, Juni und Juli, waren die Drillinge des Sommers. So identisch, dass sie sich selbst untereinander nicht unterscheiden könnten, wären da nicht jene winzig kleinen Muttermale gewesen, die die Natur an unterschiedlichen Stellen ihrer verführerischen Körper angebracht hatte. Teuflisch schöne, verführerisch dralle Körper…
...die wir im nächsten Teil ausgiebig vorstellen wollen
Willkommen in meinem Reich
Feenzauber - Teil 2
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