Der Schweizer Dramatiker und Schriftsteller Hansjörg Schneider verfasste 1972 ein erotisches Dialektschauspiel mit dem er bekannt wurde. Es hiess „Sennentuntschi“.
Sennen fügen aus einer Weinflasche, Mistgabeln, Stroh und Käse das „Sennentuntschi“ zusammen. 1981 sendete das Schweizer Fernsehen das Stück zu später Stunde und rief damit eine Welle der Empörung hervor. In Schneiders Fassung verlustieren sich drei Sennen in einer entlegenen Alphütte im sexuellem Notstand mit dieser selbst gebastelten Strohpuppe.
Besonders die verbalen Andeutungen gegenüber dem erschaffenen Wesen erregten die Gemüter. Es kam zu einer Anzeige gegen das Schweizer Fernsehen: wegen Gotteslästerung – denn das eigentlich Verwerfliche war nicht die sexuelle Praxis, sondern die Beseelung einer Puppe. Als in der Folge eine medienkritische Diskussionsrunde mit „Sennentuntschi“-Ausschnitten stattfinden sollte, wurde diese von den Verantwortlichen des Schweizer Fernsehens zensiert. Das beliebte „Skandalstück“ steht noch heute immer wieder auf dem Spielplan verschiedener Theater.
2010 kommt es zu einer Neuverfilmung von Michael Steiner. 1975 in den Bündner Alpen: Die drei einsamen Sennen Martin, Erwin und Albert bauen sich eine Strohpuppe, um ihre sexuellen Reize zu befriedigen. Später erwacht die Strohpuppe – das Sennentuntschi – zum Leben und rächt sich für die zahlreichen Vergewaltigungen. Im Dorf nimmt sich der Dorfpolizist Reusch dem Sennentuntschi an und versucht, ihre Herkunft herauszufinden.
Wilma stockte der Atem, als sie diese Berichte las. Sie hatte sie einem Kuvert entnommen, das ihr anonym zugestellt worden war. Wilma verbrachte den Sommer 2010 in einer einsamen Hütte in den Berner Alpen. Sie musste sich um sieben Kühe und vier Ziegen kümmern. Besuch hatte sie kaum; der Weg zu ihrem Gelände war selbst ihren besten Freundinnen zu beschwerlich. Die Internet-Gewohnte hatte von allem Anfang an grösste Mühe, sich ohne die gewohnten Medien durch den Tag zu bewegen, obwohl sie kaum eine freie Minute gehabt hätte, um einen Laptop anzuwerfen und Mails zu lesen. Ohnehin kam ihr das Gewimmel und Gewusel der „digital natives“, zu denen sie sich ja auch zählte, absurd vor. Hier oben, mitten in kräftigen Kräutlein und beseelt von würzigem Käse, war das Internet im Grunde überflüssig. Die Essenz des Lebens war anderswo zu suchen als in entseelter sms-Kommunikation.
Um den Anschluss an die Welt dennoch nicht ganz zu verlieren, liess sie sich vier Kilometer von ihrer Hütte entfernt, auf halber Anhöhe zum Dorf, die Wochenzeitung bringen, und zwar vom Postboten. Er machte die Strecke nur, weil es in der Nähe einen einsamen Bauernhof gab, und die zehnköpfige Familie mit den zwei behinderten Kindern kriegte ab und an reguläre Briefe. Für Wilma gab es einen Metallkasten, der an einer Tanne festgeschraubt war. Der Kasten sah so aus wie die Mailboxes in den Donald Duck Comics. Halb rund und meistens halb leer.
Das Kuvert mit den Sennentuntschi-Textschnipseln fühlte sich seltsam schwer an. Wilma hatte im Dorf die nötigsten Einkäufe getätigt und im Vorbeigehen das Kuvert und ihre Zeitung aus dem Metallkasten gezogen. Atemlos erreichte sie die kleine Anhöhe, auf dem der Stall stand – und die kleine Scheune, in der sie wohnte. Im Grunde konnte von Wohnen keine Rede sein. Wilma hauste da, mit ihren wenigen Habseligkeiten, und ihr ganzes Sommerleben widmete sie den Kühen und Ziegen.
Sie hatte Süssmost, Seife, Toilettenpapier, Tampons, Honig, Schokolade und dunkles Brot mit dabei, alles Dinge, die ihren Rucksack schwer machten und ihre Kondition herausforderten. Das Schwerste aber war das Kuvert, das sie in der Hand hielt. Wilma hatte grösste Mühe, ihre Neugier zu bändigen und sich nicht etwa auf einen Felsvorsprung zu setzen, den Brief aufzureissen und zu lesen. Wie schön das doch war: Ein Brief. Mails, SMS, Twitter und Blog waren doch so vergänglich. Ein physischer Brief aber, in dieser Einsamkeit... welch ein Gefühl! Ein Gefühl der Geborgenheit, der Wärme, ein Gefühl, der Gemeinschaft der Menschen doch nicht ganz entronnen, doch nicht ganz in die Abgeschiedenheit gedrängt worden zu sein.
Wilma sah kurz nach den Kühen und nahm die Abendstimmung in sich auf. Die tiefrote Sonne schien direkt in ihr Herz, und Wilma jauchzte aus tiefster Brust. Sie war glücklich hier oben, wollte das nächste Jahr wieder herkommen, bestimmt. Das feuchte Gras streichelte ihre nackten Füsse, und der warme Abendwind umschmeichelte ihre Beine, die von einem weiten Rock umhüllt waren. Wilma freute sich darauf, die gekauften Lebensmittel auszupacken und zu verräumen, sich mit der Tafel Schokolade an den Schiefertisch zu setzen und das Kuvert zu öffnen. Endlich war sie so weit. Sie setzte sich auf die rissige Holzbank, auf der schon Generationen von Sennen ihre Ärsche gewetzt hatten, und öffnete den Brief. Ihre Augen weiteten sich. Nicht, was sie das las, beunruhigte sie. Wilma kannte die Sagen, die sich ums Sennentuntschi rankten, und amüsiert hatte sie noch eben mitverfolgt, wie eine Tageszeitung zum „Miss Tuntschi Wettbewerb“ aufgerufen hatte. Nicht nur Männer hatten Stoffpuppen gebastelt und dabei ihren Fantasien freien Lauf gelassen, sondern auch Frauen. In regelmässigen Abständen publizierte die besagte Zeitung Zeugen der Volkskreativität, Schätzchen aus Stoff, Sackleinen und Lehm. Bei einigen waren die Brüste überbetont, bei andern die Lippen und das Kopfhaar, das von dichtem Rot bis zu glänzendem Schwarz in allen Nuancen zu sehen war. Alle diese Tuntschis hatten aber eines gemein: Eine dicht bewaldete Vulva nannten sie ihr Eigen, lockendes, sündiges Dreieck, Magnet, Lebenssinn für sexuell ausgehungerte Sennen. Sie alle wollten da hinein, da hinein, da hinein.
Wilma schloss die Augen und stellte sich die Situation plastisch vor. Sackleinen, mit einem Loch in der Mitte, im besten Fall mit etwas Watte oder Seide ausgepolstert. Hier steckten sie reihenweise ihre Schwänze rein, die Sennen, und ergossen ihr Sperma in die Tiefen der Bastelpuppe. Das Wesen wurde dabei nicht nach seiner Meinung gefragt, oh nein, keineswegs. Man nahm sie einfach, die Tuntsche, denn wie war willenlos, ganz anders als die Frauen unten im Dorf, denen Hygiene ein Begriff war und die sich angeekelt von den stinkenden Kuhbändigern abgewendet hätten, so denn diese eindeutige Anträge gestellt hätten. Da vögelte man doch viel lieber eine schweigende Schöne – selbst wenn man sich das Penisköpfchen dabei am Sacktuch aufripste. Natürlich ging es nicht nur ums Vögeln, sondern auch ums Tanzen, und vielleicht betete der eine oder andere sogar mit dem Tuntschi. Die kleineren Ausgaben legte Mann sich vielleicht unters Kopfkissen, wie das mit Voodoo-Puppen seit Jahrhunderten getan wird.
Wieder und wieder las Wilma die Zeitungsausschnitte, und ihr wurde warm dabei. Noch nie hatte sie den verbotenen Film von Hansjörg Schneider gesehen, und bis sie ins Tal zurück kam, war möglicherweise die Neuverfilmung von Michael Steiner bereits nicht mehr in den Kinos.
Wilma versuchte sich vorzustellen, ein Tuntschi zu sein, allen Sennen zu Willen, schob aber den Gedanken gleich wieder von sich weg. Sie war im Internet einmal durch Zufall auf ein Gang Bang Video gestossen. Fünfzehn junge Mànner hatten sich über eine Frau hergemacht, und alle ihre Löcher mit ihren Schwänzen ausgefüllt. Die Frau hatte aber keinen glücklichen Eindruck gemacht – obwohl ihre Schminke das zum Teil vertuschte. Als der fünfzehnte Mann, ein Schwarzer mit Wuschelkopf, in ihrer Scheide abspritzte, hatte sie sogar Tränen in den Augen gehabt.
Und doch... weckten die Zeitungsausschnitte brennendes Verlangen in Wilma. Sie wollte mal wieder genommen werden, und zwar hart und leidenschaftlich.
Sie ging nach draussen, wischte den Eingang zum Kuhstall. Die Ziegen waren rasch beisammen; Wilma trieb sie in ihr Gatter. Die Kühe würden draussen nächtigen, direkt gegenüber Bergmonumenten wie dem Stockhorn, dem Niesen und den Silberhörnern.
Wer nur, wer hatte Wilma diesen Brief zukommen lassen? Da waren keine persönlichen Zeilen, kein erklärendes Kärtchen, sondern nur diese Ausschnitte – die zum Teil wohl Wikipedia entstammten. Wilma strich sich durchs Haar – eine Angewohnheit, die sie schon lange hatte – vor allem, wenn sie nachdachte. Sie hatte dickes, braunes, schönes Haar, und sie pflegte es selbst unter den ärmlichen Bedingungen, unter denen sie im Moment lebte. Shampoo hatte sie in Mengen dabei, und sie tauchte ihr Haar in den Brunnen mit dem kristallklaren Bergwasser. Sofort setzten Kopfschmerzen ein, so kalt war es, aber Wilma liess sich nicht beirren. Neben dem Brunnen stand ihr Kulturbeutel, und sie entnahm ihm eine Flasche mit violettem Lavendelshampoo. Sie rieb es sich tief in die Kopfhaut, und von Ferne drank Kuhglockengeläut an ihr Ohr.
Dann sah sie ihn. Im oberen Stockwerk ihrer Scheune gab es zwei Räume. Im einen hatte sie ihr Schlafgemach, ein einfaches Zimmer mit schmalem Bett und Beistelltisch. Der andere Raum war verschlossen. Wilma hatte sich dazu keine Gedanken gemacht – ihr schien es logisch, dass der Besitzer irgendwo in den Gebäuden ein Privatzimmer hatte – warum nicht? Hier wurden meistens Verträge und Grundbücher aufbewahrt – wenn auch nicht unter optimalen Bedingungen. Die Räume waren im Winter feucht und im Sommer überhitzt.
Das Fenster, an dem der Mann stand, gehörte zum Privatzimmer des Amstutzbauern. Er hatte ein edles, ovales Gesicht, grosse Augen und einen sensiblen, schmalen Mund. Wortlos blickte er zu Wilma hinunter, und er beobachtete, wie sie ihr Haar wusch. Dann sah sie, wie die Schultern des Mannes sich in regelmässigen Abständen zusammenzogen, und sie wusste sofort, dass er masturbierte. Wegen einer Haare waschenden Frau? Wilma war nicht prüde – aber hier oben, in dieser Abgeschiedenheit, kam ihr die Situation bizarr vor. Bizarr und unheimlich zugleich. Wie hatte sich der Mann Zutritt zum Privatraum des Amstutzbauern verschafft? War das etwa gar... Nein, das war nicht der Amstutzbauer himself. Wilma hatte einen kleinen, gedrungenen Mann in Erinnerung – einen Bauern mit markanten Gesichtszügen.
Wilma tauchte ihr Haar noch einmal in den Brunnen, warf es zurück in den Nacken, blickte noch einmal kurz nach oben und verliess den Ort des Geschehens. Sie war eine beherzte Frau, und es war für sie nicht neu, dass Männer ihr nachstellten. Die meisten von ihnen hatten es auf ihre Brüste abgesehen, die grösser waren, als ihre weit geschnittenen Blusen es erahnen liessen. Der Mann vorhin konnte aber nichts wissen von Wilmas anatomischen Vorzügen. Er war möglicherweise einfach ein Haarfetischist und mochte Wilmas dichte Locken. Solche Männer waren in aller Regel ungefährlich, hatte Wilma einmal gelesen, denn sie lebten von der Projektion. Sie waren in ihrer Pubertät stehen geblieben, und echte, handfeste Frauen machten ihnen Angst. Wilma war eine solche echte und handfeste Frau! Sie band sich ein Handtuch um den Kopf, atmete tief durch und erklomm die Treppe nach oben zu ihrem Schlafraum. Sie klopfte energisch an die gegenüberliegende Holztür, und als sie nichts regte, drückte sie die Klinke. Die Tür war verschlossen. Wilma kniete sich hin, spähte durchs Schlüsselloch. Sie sah das Fenster, aber da stand niemand an diesem Fenster.
Wilma ging noch einmal nach unten, schloss den Ziegenstall, wärmte sich ein Glas Milch, schnitt sich eine kräftige Brotscheibe und biss herzhaft hinein. Sie liebte diese einfachen Mahlzeiten da oben und wusste, dass das, was sie sich da einverleibte, ihrem Stoffwechsel gut tat. Wilma fühlte sich gesund und kräftig, und sie wusste um ihre Attraktivität.
Noch einmal vergewisserte sie sich, dass sich niemand ausser ihr in der Scheune befand und öffnete alle Schränke. Oben in der Schlafkammer sah sie unter ihrem Bett nach und verschloss vorsichtshalber die Tür. Dann zog sie sich aus und schlüpfte unter die Decke. Die Stunden vergingen, und ausser leisem Kuhgeläut von Tieren, die sich im Halbschlaf wendeten, war nichts zu hören. Dann träumte Wilma. Sie spürte auf ihrem Bauch eine schwere, warme Männerhand. Die Berührung war so, als wollte der Mann Wilmas aufkeimende Furcht bändigen. „Ganz ruhig, Wilma, Dir geschieht nichts.“ Mit der Zeit empfand Wilma die Berührung als angenehm. Langsam tastete sich die Hand nach unten, zwischen Wilmas Beine. Wilma war sich Fummeleien gewohnt und fand mittlerweile nichts mehr dabei. Männer waren eben so. Ein langweiliges Schamlippenpaar war für sie der Mittelpunkt des Universum; dafür lebten sie. Die schwere, warme Männerhand war aber nicht gierig, wollte nichts, was Wilma nicht gab. Die Finger strichen liebevoll über Wilmas Schamhaarspitzen, und ein Fingerrücken streichelte die Region um ihre Cliti. Wilma hatte eine sehr grosse Clitoris, was ihr von etlichen Männern bestätigt worden war. „Wie ein Pflanzenköpfchen“, war die eine Bemerkung, „wie eine Tulpenknospe“ die andere. Der Mann machte seine Sache gut; Wilmas Unterleib wurde warm, und sie hatte einen intensiven Orgasmus, mitten im Schlaf.“
Wilma erwachte mit weit gespreizten Beinen. Hatte sie wirklich nur geträumt? Der Tag verlief ereignislos; Wilma ernährte sich von ihren Vorräten, und die Kühe konnten es im Grunde ganz gut ohne sie. So verbrachte Wilma den ganzen Nachmittag mit Lesen. Da fiel es ihr wie Schuppen vor den Augen. Die Stimme aus ihrem Traum. Die grosse, schwere Hand. Das ovale Gesicht des Mannes, der am Fenster wegen ihr onaniert hatte. Alles passte zusammen. Wenn wirklich alles zusammen passte, war der Mann aber verschollen. Norbert war Wilmas Schwager. Von einer Harley-Tour im Berner Oberland war er nicht mehr zurückgekehrt. Über schmale Bergstrassen war die kleine Truppe nach Interlaken gedonnert, und da war Norbert einfach verschwunden – mitten aus der Truppe der Motorrad-Crew heraus. Alle waren damals überzeugt gewesen, er sei eine der zahlreichen Böschungen hinuntergerast – aber das hätte doch in einem Feuerball – oder zumindest in einem Getöse und Geschepper – geendet? Man hatte ihm ein Holzkreuz hingestellt, oben an der Strasse, und ein paar Rosen dazu gelegt. Ein Polizeitrupp hatte die Gedenkstätte allerdings einen Tag später wieder geräumt, der gefährlichen Lage wegen.
Norbert. Wilma war jetzt überzeugt dass es Norbert gewesen war, der sie beim Haarewaschen beobachtet und nachts in ihrem Traum besucht hatte. Der leidenschaftliche Norbert, um den alle ihre Schwester beneidet hatten. Bis heute war sie über den Verlust nicht hinweg gekommen und hoffte noch immer, er würde eines Nachts an ihre Tür klopfen oder, noch besser, einfach eintreten. Norbert war nicht nur ein ausgezeichneter Drummer gewesen, sondern auch ein guter Koch und ein exzellenter Lover, wie Wilma den Andeutungen ihrer Schwester Andrea entnommen hatte. „Fünfzehn Jahre kennen wir uns jetzt schon und ich bin noch immer heiß auf ihn“, hatte Andrea erst vor wenigen Monaten der ganzen Familie verraten, als sie an einem Sonntag zur traditionellen Berner Platte, einem schmackhaften Gericht aus Dörrbohnen, Kartoffeln, Speck und Wurst, zusammengesessen waren. Dem Vater war eine Dörrbohne im Hals stecken geblieben, und Mutter schneuzte sich lautstark, als könnte sie Andreas skandalöse Aussage damit ungehört machen. Wilma hingegen, fantasiebegabt, wie sie nun mal war, malte sich den Liebesakt zwischen Norbert und ihrer Schwester in immer neuen Farben aus. Mal ritt sie ihn, mal sank sie hin.
Beim Lesen verflog die Zeit im Nu, und Wilma genoss jede Minute, wissend, dass am kommenden Tag die Ställe dran waren. Sie wollten ausgemistet sein, gereinigt, und die Tiere hatten frisches Spreu verdient. Sie ging in die Scheune, legte dem Kaminfeuer Holz zu und hängte den schweren, wassergefüllten Kupferkessel darüber. Sie freute sich auf die Gerstensuppe, den Justistaler Käse, das dunkle Brot. Einen kleinen Luxus hatte sie sich im Dorf unten gegönnt: Ein Sixpack Heineken Bier. Eine der meergrünen Dosen stellte sie auf den Schiefertisch und entnahm dem klapprigen Bauernschrank ein Suppenteller eine Gabel und ein Messer.
Wilma trug kurze Söckchen, rosa, mit blauen Punkten. Diese Söckchen wollten so gar nicht zu ihrem Sennerinnenjob passen – aber sei's drum. Ihr gefielen sie. Wilmas Söckchen mündeten in weissen Leggings, die wiederum unter einem weiten blauen Rock verschwanden, einem Rock, der obenrum etwas eng war und die Knöpfe beinahe zum Abplatzen brachte. Da waren zwei wundervolle, dralle Zaubertitten unter dem festen, guten Stoff. Üblicherweise kleidete Wilma sich nicht so – bei der Sennerinnenarbeit waren Röcke unpraktisch. Sie hatte mindestens zwölf Paar Jeans dabei, und bunte Switcher-Pullis. Das passte schon besser.
Kurz darauf genoss sie ihr Abendessen und freute sich über die junge schwarze Katze, Murrli, die ihr zugelaufen war und ihr um die Beine strich. Gegen 20:00 Uhr wurde es bereits dunkel, und Wilma machte sich bereit fürs Bett. Im Schutz der hereinbrechenden Nacht wusch sie sich draussen am Brunnen, auch im Intimbereich, und gönnte sich eine teure Lotion aus dem Body Shop. Wilma fühlte sich unbeobachtet, und die Stimmung war wundervoll. Unter einem violett-blauen Himmel wirkten Stockhorn, Niesen und Silberhörner wie Scherenschnitte auf schwarzem Papier.
Wilma ging rasch nach drinnen, um sich nicht zu erkälten, schloss hinter sich ab, ging nach oben in ihre Schlafkammer und schlüpfte ins weisse Nachthemd. Sie schlief rasch ein. Und wieder war sie da, die schwere, grosse Hand. Dieses Mal bewegte sie sich etwas forscher, kraulte frech ihr Schamhaardreieck. Wilma versuchte, sich zu entziehen, aber es fiel ihr schwer. Sie presste ihren Unterleib der Hand entgegen. Die Hand reizte, streichelte, liebkoste, forderte. Der Mann drang schliesslich mit zwei Fingern in sie ein. Wilma wand sich vor Lust und wäre beinahe aus dem schmalen Bett gefallen. Diese Betten waren für schlafende und nicht für liebende Menschen gezimmert worden. Da teilte eine ruhige Männerstimme den Schleier der nächtlichen Stille. „Zeig uns Dein Schäfchen, Wilma. Sei unser Sennentuntschi.“
Als Wilma die Augen aufriss, war der Traum nicht vorbei. Norbert sass an ihrem Bettrand und lächelte sie an. Dazu stimulierte er beiläufig ihre Cliti. Wilmas Nachthemd war bis zum Nabel hochgeschoben; ihr Unterleib lag frei, zur Ansicht für jeden. Um ihr Bett standen im Halbkreis sechs Männer in Sennenkutten, und alle waren untenrum nackt. Sechs wettergegerbte Gesichter, sechs muskulöse Schulterpartien, sechs lange, harte, geäderte Schwänze mit violett-blauen Eicheln. Alle betrachteten Wilmas Schäfchen, Wilmas schwarzes Wollschäfchen, und waren fasziniert von dem, was Norbert mit dem Schäfchen machte. Wieder schob er ihm zwei Finger in den Mund, so, als wollte er es füttern. „Zeig uns Dein Schäfchen, Wilma, komm, ja, Du schaffst es. Wilma versuchte, sich einzukriegen, aber ihre Erregung war zu stark. Sie keuchte und zerfloss in einem warmen, sonnigen Orgasmus. Dann knöpfte Norbert ihr Nachthemd ganz auf und schob den Stoff zur Seite. Wilmas prachtvolle Brüste kamen zum Vorschein. „Jetzt seid Ihr dran, Männer“, sagte er feierlich. „Nehmt Euer Sennentuntschi, nehmt es, wie es Euch beliebt.“ Er küsste Wilma auf den Mund, stand auf und verliess die Schlafkammer.
Die wüste Orgie, die die sechs Sennen mit Wilma veranstalteten, ist nicht verbrieft. Die ganze Nacht wurde gebaggert, gejauchzt und geschrummt.
Als der Amstutz-Bauer zwei Tage später zum Rechten sehen wollte, fand er hungernde und schlecht gepflegte Ziegen vor. Drei Kühe waren ausgebüxt, und die Tür zur Scheune war fest verschlossen. Der Schlüssel passte nicht; der Amstutz-Bauer musste die Tür aufbrechen. Sie fühlte sich an, als wäre sie aus schwerem Eichenholz gefertigt. Die Überreste einer Gerstensuppe deuteten darauf hin, dass Wilma vor kurzem noch da gewesen war. Der Bauer stürmte nach oben, riss die Tür zur Schlafkammer auf. Auf dem schmalen Bett lag eine Stoffpuppe mit enormen Brüsten. Die Stelle, an der die Beine zusammentrafen, war mit Seide ausgepolstert. Die Puppe hatte wundervolles langes Haar. Sie sah aus wie Wilma. Der Amstutz-Bauer drehte die Puppe auf den Bauch. Auf ihre ausladenden Hinterbacken war mit weissem Garn das Wort „Sennentuntschi“ gestickt.
Tags darauf entdeckten Wanderer zwischen Sigriswil und Interlaken in einem Graben eine zertrümmerte Harley Davidson-Maschine. Darin war ein Skelett verkeilt, an dem verwesende Hautfetzen hingen. DNA-Analysen ergaben, dass es sich um die Überreste von Norbert Kammer, den Schwager von Wilma Saner, handelte.
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