...Mein glücklicher Finder hieß Ben-Jur. Er war ein sehr betagter Oasenbauer, der gerade aus Babilon vom großen Markt zurückkehrte.
Er war ein knorriger, sonnengegerbter, vom harten Leben gezeichneter Mann. Sein Weib war schon seit Jahren tot. Die Söhne hatten ihn längst verlassen, um als Söldner oder auch Banditen ihr Glück zu machen. Auch die Töchter waren alle längst verheiratet und lebten in der großen Stadt.
So schuftete der arme Mann also jetzt allein auf seinen bescheidenen Obstplantagen, rund um das elende Wasserloch. Die einst so blühende Oase versandete langsam. Es kamen kaum noch Karawanen vorbei, denen er Wasser und Obst verkaufen konnte. Das Nass genügte eben noch zum dürftigen Gießen der Bäume.
Der Alte bewohnte eine ärmliche Hütte. Schon immer hatte er von einem Knecht geträumt, der ihm die harte Plantagenarbeit abnahm. Nie hätte er geglaubt, sich einen Sklaven leisten zu können. Wovon auch? Und jetzt fand er einen, mitten in der Wüste, ...mit höllischem Sonnenbrand.
Er behandelte mich Nicht schlecht. Er pflegte mich wieder auf die Beine und erwartete die Gegenleistung.
Nun, ich verdankte ihm mein Überleben. Und so wollte ich nicht undankbar sein. Ein wenig Demut tat mir ganz gut. Das sah ich ein, weil meine Prahlerei mich um ein Haar das Leben gekostet hatte. Ich pflegte seine Gärten, ...säte und erntete zu seinem Gewinn. Ich flickte seine Hütte, reparierte die Bewässerung, ...und steigerte sogar noch den Ertrag. Aber nach einigen Monaten befand ich, dass ich meine Schuld mehr als abgearbeitet hatte.
Doch der Alte war starrsinnig und weigerte sich störrisch wie ein Esel, mich in die Stadt zu bringen. Obwohl ich ihm reichlichen Lohn, ja sogar ein kleines Haus im Schatten der Mauern versprach, wollte er mich nicht hinbringen. Konnte ich ihm verdenken, dass er mir misstraute?
Ich wollte meinen Retter nicht bestehlen indem ich ihm meine Arbeitskraft entzog. Doch meine Dankbarkeit kannte ihre Grenzen. Ich war schließlich nicht der Sklave eines Greises. Darum beschloss ich, ihn heimlich zu verlassen, ...einen Boten zu ihm senden, mit etwas Gold, das den Verlust wett machte und ihm die alten Tage versüßte. Ach, er würde es schon verstehen. Natürlich mochte ich den Alten. Aber auch seine eigenen Söhne waren schließlich fortgezogen. Trotz aller Gewissensbisse: Mein Fluchtplan stand fest...
Die Wüstenblume
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