Die Yacht

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Die Yacht

Die Yacht

Bärenpfötchen

„Also dann, auf unseren kleinen Ausflug“, Herr Ewert hebt sein Weinglas und prostet seiner Frau und mir zu. Ich hatte mich so hingesetzt, dass ich aus dem Panoramafenster hinaus auf das Meer sehen konnte und wandte meinen Blick nun dem Ehepaar zu, das mich eingeladen hatte, das Wochenende mit ihnen auf ihrer neuen Segelyacht zu verbringen.
„Auf das Leben“, sagt seine Frau leise und lächelt uns an. Dieses Lächeln, das hatte mir Herr Ewert einmal erzählt, war es, das vor fast fünfundzwanzig Jahren dafür gesorgt hatte, dass er sich auf den ersten Blick in sie verliebt hatte. Und auch mich fesselte sie damit stets aufs Neue.
Er schaut sie zärtlich an, so als würde er ihr in Gedanken sagen, dass er sie noch genauso liebt, wie am ersten Tag. Sie nickt, als hätte er seine Zuneigung laut ausgesprochen.
„Auf Sie und Ihre Yacht…“, der Klang meiner Stimme ist sanft und ich füge leise hinzu: „…und auf dass viele ihrer Träume wahr werden mögen…“.
Beide lachen und die Doppeldeutigkeit, die ich absichtlich in diesen Worten versteckt habe, sorgt für eine angenehm prickelnde Atmosphäre.
„Was sind denn Ihre Träume, Frau Linnemeyer?“, will Herr Ewert wissen.
Ich beschließe, die Frage in Bezug auf meine berufliche Zukunft zu beantworten und erwidere:
„Nun, meine Arbeit in der Seelsorge der Klinik ist sehr fordernd. Ich schaffe es noch nicht besonders gut, die Pflege und die Gespräche unter einen Hut zu bekommen. Aber es sind ja auch erst ein paar Wochen. Kürzlich wurde ich zu einem sterbenden Patienten gerufen und musste meine verschiedenen Qualifikationen gleichzeitig unter Beweis stellen. Das war sehr anstrengend. Es wird sich einspielen müssen. Und das wird es auch. Aber wollten wir nicht über das Leben reden?“
„Ja“, sagt Frau Ewert, „Allerdings haben wir immer Probleme, mal richtig abzuschalten und unser Beerdigungsinstitut nicht mit in unsere Freizeit zu nehmen, nicht Paul?“
Ihr Mann nickt nur. Ich kannte die Problematik noch aus der Zeit, als ich für Herrn und Frau Ewert gearbeitet hatte. Zwei Jahre lang war ich als Aushilfe angestellt und habe einmal pro Woche kleinere Büroarbeiten erledigt.

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