Zarte Bande

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Zarte Bande

Zarte Bande

Ralf Thomas

Benjamin war eigentlich ein Teenager wie jeder andere auch. 16 Jahre alt, Sohn einer allein erziehenden Frau, was ja heute ganz normal ist. Allerdings war seine Mutter schon 55 Jahre alt. Seinen Vater kannte er nicht. Er hatte sich noch vor seiner Geburt aus dem Staub gemacht. Irgend so ein Student, der wohl nur seine Beurteilung aufpolieren wollte. Denn Dr. Anja Schlüter, seine Mutter, war Hochschullehrerin an der Universität. Seine Grosseltern hatten sich irgendwann mit seiner Mutter überworfen. Sie wohnten irgendwo im Norden Deutschlands; er konnte sich nicht daran erinnern, sie jemals gesehen zu haben.

Da Frau Schlüter natürlich arbeiten gehen musste, wuchs Benjamin mehr oder weniger bei einer Tagesmutter auf. Auch diese Frau war schon älter, was ihn doch sehr prägte. Sie war nett und hat sich auch immer um ihn gekümmert, aber eine richtig innige Beziehung ist es nie geworden. Vor gut zwei Jahren endete dieses Kapitel. Seitdem lebte Benjamin allein mit seiner Mutter in einer geräumigen Wohnung, hatte sein eigenes Zimmer.

Benjamin war ein guter Schüler, brauchte sich nicht sonderlich anzustrengen, um trotzdem gute Noten zu bekommen. Er kam gut mit den Klassenkameraden aus, wohl auch deswegen, weil er immer sehr hilfsbereit war, besonders, wenn es um das Thema Hausaufgaben ging... Sein großes Manko: er war fürchterlich schüchtern. Schaute sich natürlich das pubertäre Treiben seiner Mitschüler an, überließ das Terrain aber kampflos den anderen Jungen.

Allerdings blieb es, natürlich, auch bei ihm nicht aus, dass er sich in ein Mädchen verknallte. Manuela hieß seine Auserwählte. Die Jungs standen Schlange bei ihr, denn sie gehörte zu den top-five der Klasse, war damit also unerreichbar für ihn. Sie saß eine Reihe vor ihm, zwei Plätze nach links versetzt, genau in Richtung der Tafel. Und so hatte er sie den ganzen Vormittag immer im Blickfeld. Manuela war ein richtiger Wirbelwind, verdrehte den Jungs ziemlich die Köpfe – und jetzt auch seinen!

Es war Ende Februar. Draußen war es bitterkalt und sie konnte nach Schulschluss ihre Handschuhe nicht mehr finden. Benjamin half ihr selbstverständlich beim Suchen, fand die Dinger schließlich im Papierkorb. Freudestrahlend nahm sie sie entgegen und gab ihm dafür einen freundschaftlichen Kuss auf die Wange. Ja, so war Manuela eben. Mann musste sich einfach in sie verlieben!

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