Der letzten Montagabendzug Hamburg-Berlin verlässt überraschend lautlos gegen 22.15 Uhr den Hamburger Bahnhof. Er wird traditionell aus alten, abgelegten ungarischen Eurocity-Waggons gebildet. Der Zug ist fast leer. Die Nacht ist auf vulgäre Art und Weise schwül, der Tag war ein arbeitsreicher gewesen. Verhandlungen mit Dreiteilerträgern, schlechte Kantinenkaffees und pappige Brötchen in Verlagshäusern, jetzt ist das alles geschehen und vorbei und jetzt ist die Zeit der Ernte und der Muße.
Mit Moleskine, Füllfederhalter und Ideen sitzt er im Speisewagen, auch dieser fast leer. Einen Tisch weiter eine Frau Anfang dreißig, zwei Tische weiter drei lärmende Mittelständler. Er bestellt eine Flasche Rotwein, setzt Kopfhörer auf, lässt Skrjabins Präludien in seinen Kopf gleiten und zeitgleich den angenehm schweren Roten in seinen Körper und seine Seele. Die Krawatte gelockert, die Haare sacht verschwitzt in seiner Stirn.
Die Frau einen Tisch weiter starrt aus dem Fenster. Halblanges, glattes, schwarzes Haar. Ein schlichtes, langes Shirt. Mehr ist nicht auszumachen. Sie nimmt ihn nicht wahr.
Er trinkt.
Der Wein und die Musik und die Dunkelheit, die vorbei eilenden Lichterschlieren draußen, sie verwirbeln einiges in ihm, er wird sanftschwer und leicht zugleich, die Körperspannung weicht einer Körperentspannung, er wird träge, schiebt sein Becken vor, öffnet die Schenkel und entspannt sich. Er ist im Flowzustand, die Ideen prasseln herein, er schreibt fast hektisch das Notizbuch voll, fährt sich mit der Hand übers Kinn. Rauschhaftes Schreiben. Er schaut wieder zu der Frau.
Er nickt nach dem Kellner, setzt die Kopfhörer ab und lässt ihn der Frau eine Flasche Wein bringen. Als sie den Wein bekommt, schaut sie erst abweisend und ungläubig. Er nickt ihr zu. Sie überlegt. Lächelt. Lässt sich ein Glas einschenken. Er prostet ihr zu. Außerordentliche Mischung aus relaxed und hochnervös. Weiterschreiben. Dranbleiben. Leben, prall, jetzt. Jeden Buchstaben mitnehmen, erfassen, alles zu Papier bringen, jetzt in dieser Zwischenwelt.
Er schaut hoch.
Sie schaut ihn an.
Er hält dem Blick stand. Lange.
Schaut wieder auf seine Notizen.
Trinkt.
Schreibt weiter. Schaut hoch. Sie sieht aus dem Fenster.
Dreht sich zu ihm. Schaut ihm in die Augen.
Da.
Es rastet etwas ein.
Blick.
Ein tastender, schätzender, beobachtender, lauernder Blick. Pupillenspiel. Eng, weit.
Klopfklopf. Das Herz. Hoch in der Brust, fast im Hals.
Blicke. Festgehaltener, eingerasteter Blick.
Er beginnt sie zu stoßen mit seinem Blick.
Sie beißt auf ihre Unterlippe.
Er schaut jetzt fragend.
Sie nickt fast unmerklich. Ein Atom eines Nickens. Er legt einen 20-Euro-Schein auf den Tisch, packt Moleskine, Musik und Füllfederhalter ins Jackett. Steht langsam auf. Blickt sie dabei an. Geht zu ihrem Tisch. An ihrem Tisch vorbei in den benachbarten Abteilwagen. Draußen zieht ein Regionalbahnhof vorbei. Alle Abteile sind leer. Er setzt sich in das zweite. Öffnet das Fenster ganz, heiße Abendluft wabert krachend hinein.
Er sitzt da. Die Augen geschlossen. Zählt.
Nach 34 Sekunden öffnet sich die Abteiltür.
Und schließt sich wieder.
Er lässt die Augen geschlossen. Es könnte auch der Schaffner sein.
Er riecht, dass es nicht der Schaffner ist. Sie steht vor ihm. Berührt ihn nicht, aber ist nur Millimeter von ihm entfernt. Ihr Bauch vor seinem Kopf. Er öffnet die Augen. Sie trägt einen Rock. Er öffnet den Reißverschluss des Rocks. Eine Handbewegung. Der Rock fällt zu Boden. Er zieht ihren Slip langsam herunter. Ein Duft von Salz und Karamell empfängt ihn.
In ihm ist Gier.
Er stülpt seinen Mund auf ihr Geschlecht, er öffnet sie mit einem einzigen langen Zungenstrich. Ihre Konsistenz ist die warmen Olivenöls, ihr Geschmack zugleich vanillig und zart metallisch. Als er mit der Zunge erstmals den stecknadelkopfgroßen Punkt berührt, zuckt ihr Becken. Sie geht leicht in die Hocke. Öffnet ihre Schenkel. Er beginnt, sie zu lecken. Kundig. Fest. Warm. Gibt ihr zwei Finger, die er einführt, anwinkelt, streckt, nachfasst, wieder krümmt, arretiert.
Sie keucht.
Das ist das erste, was er von ihr hört. Kein Wort, kein Satz, keine Begrüßung. Er ist unter ihren Radaren durchgeflogen, direkt in den Nukleus. Das erste, was er von ihr hört, ist ein tiefes, fast stimmloses Keuchen. Es ist ein lautes Keuchen, es keucht gegen den hineinprasselnden Wind an. Es ist ein kurzes, scharfes Einatmen, ein kurzes Luftanhalten und dann ein gepresstes, nachdrückliches Ausatmen. Sie schwankt, streift den linken Schuh ab, stellt den linken Fuß neben ihn auf den Sitz, öffnet sich weiter für ihn, hält sich mit den Händen oben an der Gepäckhalterung fest. Presst sich ihm entgegen.
Ihre überraschende Ungehemmtheit und ihre Lust, ihr Geschmack und ihr Geruch erregen ihn. Obszön und groß ragt sein Schwanz hervor. Die Anzughose erzeugt gemeinsam mit seinem Schwanz ein bizarres dreieckiges Gebilde.
Er leckt sie weiter. Seine Finger geben Halt und Widerstand, die Fingerkuppen reiben leicht von innen über die kleine, etwas pelzig sich anfühlende Stelle. Der Daumen, von außen dagegengestemmt. Er nimmt sich ihre Clit mit den Lippen, saugt sie ein, nassnass, alles ist nass, er stülpt seinen Mund umso ungehemmter auf sie, jetzt so, dass sich die Schneidezähne seines Unterkiefers als Gegenpol zu ihren Bewegungen entpuppen, es ist ein steter Wechsel, wer obenauf ist und wer zuunterst. Er dient ihr jetzt, genau das möchte er, möchte von ihr benutzt werden, gibt ihr seine Finger und seinen Unterkiefer, sie reibt sich an ihm, er nimmt ihre Flüssigkeit auf und ergießt sie aus ihrem Mund zugleich wieder über ihren gesamten Unterleib.
Zackig, fahrig werden ihre Bewegungen, in ihr Keuchen mischt sich ein zirpendes, hohes Singen, er lässt nicht nach, streckt ihr fest die Zunge entgegen, sein Kinn, seine Zähne, seine Finger bohren sich kraftvoll in sie. Sie beginnt zu strömen, zu laufen, seine Lust wird roh, er denkt Dinge, die er zuvor noch nicht dachte, denkt darüber nach, sie zu packen und umzudrehen und gegen die Fensterscheibe zu ficken, aber er denkt es nur, leckt und züngelt weiter, denn sie ist schon jetzt soweit, offenbar hat er einen Nerv und ein Zeitfenster getroffen, seltenes und gerechtes Glück des wachsamen Reisenden, er schlägt vor unbeherrschter Lust mit der linken Hand zärtlichfest auf Ihr Gesäß, sie krampft, biegt sich durch, aus ihrer Kehle gleiten Vokale, heisere Vokale, sie hält sich nur noch mit einer Hand am Gepäckgitter fest, die andere krallt sich in seinen Nacken, presst seinen Kopf gegen ihr Becken, mit aller Kraft, jede Zahnberührung seiner Clit lässt ihr gesamtes Becken wie einen Blitzschlag zucken. Einmal, zweimal, dreimal, sie hält inne, sie hält inne, viermal. Sie ruft laut OH GOTT und kommt. Es gibt ein überraschendes Geräusch zwischen ihren Schenkeln, fast eine Art nasses Quietschen, noch mehr Saft läuft aus ihr, sie zuckt jetzt schnell, in Wellen, es ist ein Zittern und ein Zucken, er bleibt mit den Fingern in ihr, segelt alle Wellen, die da angespült werden, mit ruhiger Hand ab.
Beide atmen schwer.
Sehr schwer.
Beide schwitzen.
-
Sie zieht ihren Rock an.
Sie öffnet die Tür und geht.
Das hat er nicht erwartet.
Er fasst sich.
Wartet einen Moment. Seine Erektion ist so massiv, dass er sich nicht traut, so herumzulaufen.
Er überlegt sich jetzt anzufassen. Er würde sofort kommen.
Er hat einen anderen Plan.
Er verlässt das Abteil und geht ihrer Geruchsspur nach. Sie hat sich im Großraumwagen hingesetzt. Auch dieser Wagen ist fast leer, außer ihnen nur drei lesende Männer, weiter hinten. Er fragt sie. "Ist dieser Platz noch frei?"
Sie nickt.
Er nimmt Platz und legt sein Sakko quer über seinen Schoß.
Sie grinst und schaut grinsend geradeaus.
Ihre Hand an seinem Knie. Der Fingernagel ihres rechten Zeigefingers an seinem Knie. Der Fingernagel, aufwärts. Gerader Strich. Fest. Oberschenkel. Leistengegend. Hosensaum.
Zwei Finger, die das Hemd aus der Hose ziehen, an der linken Hüfte. Zwei Finger, die sich hochtasten. Seine linke Brustwarze mit Kraft zusammendrücken. Seine Erektion ist zurück. Sofort, gänzlich.
Er bemüht sich still zu sein und seine Mimik unter Kontrolle zu behalten. Die Hand nun flächig auf seiner Brust, abwärts. Er zieht leicht den Bauch ein, die Hand dringt ungestört von oben in die Anzughose, in seinen Slip. Tiefer, den Schwanz entlangtastend, bis zu den Hoden, die Fingerkuppen bis zum Damm. Sie presst die ganze Hand flach gegen seinen Schwanz. Sein Schwanz ist groß, eigentlich bräuchte sie beide Hände, gerade, lang, hart. Schöner Kontrast, die weichen Hoden.
Er wünscht sich, dass sie den Schwanz befreit, dass sie die Hose öffnet, dass sie ihn herausholt, dass sie ihn mit den Fingern massiert, er möchte raus aus dieser Hose, aber all das würde jetzt auffallen, außerdem merkt er anhand ihrer kundigen Bewegungen, dass sie ihn süß quälen will und er lässt sich in diese Qual fallen. Sie tut nichts anderes, als diese flache, komplett gegen seinen Schwanz gedrückte Hand, in einer aufreizenden, fast gehässigen Zeitlupe auf und ab zu bewegen. Sehr, sehr langsam. Es hat den Vorteil, dass niemand es merkt, das Sakko verdeckt die Aktion völlig. Er hält es nicht aus, er will, dass sie fest zufasst, mit Kraft. Reibt. Wichst. Er will Fingernägel spüren (würde noch lieber Lippen, Zähne, alles auf einmal) spüren, aber es geht nicht und das soll in diesem Moment so sein und daher wird es so sein, er wollte immer ein guter Beifahrer sein und jetzt ist er ein guter Beifahrer.
Wenn sie wenigstens schneller wäre. Er beginnt sich sanft gegen die Bewegung zu bewegen, um sich mehr Reibung zu verschaffen. Sie schaut ihn ernst von der Seite an und verlangsamt ihre Bewegung noch weiter. Er hat verstanden.
Er schaut durch den Ärmel ihres Shirts auf eine ausrasierte Achselhöhle. Leichte Stoppeln. Auslecken möchte er diese Achselhöhle.
Sie bewegt sich jetzt, auf dieser langsamen Stufe weiter. Auf.
Und ab.
Auf.
Und ab.
Auf.
Und dann wieder ab. Es ist eine gleitende, recht feste Bewegung.
Sein Gehirn wird leer. Schwarz. Nachtschwarz. Er spürt, wie es kommt. Sehr langsam rauscht es heran. Er weiß nicht, ob er überhaupt schon einmal so gekommen ist. In so einer Zeitlupe. Seit er denken kann, hatte der Akt für ein crescendo, ein Finale, bestenfalls zuvor einen Orgelpunkt, ein Ostinato. Aber immer eine Bewegung, eine Richtung, eine Tendenz zum großen, ganzen, fetten Schlusspunkt.
Nichts von dem geschieht. Und ihm wird klar, wie genial das ist, was hier geschieht. Sie spürt, dass er kommt. Sie spürt die sich fortpflanzenden Reize in seinen Hoden, seiner Wurzel, seinem langen, festen Schaft. Sie verstärkt den Druck und verlangsamt das Tempo. Bis zum kompletten Stillstand.
Er wird wahnsinnig. Er dreht durch. Das darf nicht sein.
Sie drückt noch einmal feste zu. Ganz, ganz feste.
Es spritzt aus ihm. Mit Macht. So, wie es vielleicht noch nie aus ihm hervorgeschossen ist . Es schießt seinen Bauch hoch, bis unters Hemd. Eine ungeheure Menge.
Sie krallt sich in seine Eier.
Ein weiterer Erguss. Er möchte schreien, aber es geschieht fast nichts, nur dass ihm der Schweiß plötzlich aus allen Poren tritt.
Noch während er langsam versucht, mit einem Fallschirm zu landen, zieht sie die Hand weg, verreibt den Samen nachlässig, fast wegwerfend, auf seinem Bauch und fragt: "Entschuldigung, können Sie mich mal rauslassen?".
Sie verlässt den Sitzplatz.
Wenig später kommt sie mit zwei kleinen Flaschen Rotwein zurück. Jetzt lächelt sie. Richtig.
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