Heute kann ich nicht mehr nachvollziehen, was genau ich von Annelies eigentlich wollte – und schäme mich ein bisschen für diese Geschichte.
Nur eines weiss ich noch genau: Es war saukalt in unserem Schlafraum, und ich entdeckte in der Holztäfelung die eine oder andere Ritze, durch die man direkt nach aussen sehen konnte, in den glitzernden Schnee, in dem sich die Sterne der eisklaren Nacht spiegelten.
Wir hatten uns am Käsefondue gewärmt, die Annelies und ich, mit Freunden, und wir hatten auch reichlich hochprozentigen Schnaps getrunken – wohl wissend, dass dieser zwar die Brust wärmte, aber nicht wirklich. Man konnte in dieser Gegend auch bei Schnaps trinken erfrieren. Problemlos.
Die Skihütte war verdammt abgelegen, also nichts wirklich Mondänes. Aber wir wollten unseren Spass, die Annelies und ich, und wir haben uns einer Gruppe angeschlossen, die wir überhaupt nicht kannten. Ich verstehe mich auf Smalltalk und war rasch einmal integriert. Ich redete mit jedem und jeder über alles, freute mich an der Schwarzteetasse, den bequemen Holzstühlen und dem gemütlichen Ambiente im Speiseraum. Den ganzen Tag hatten wir auf den Skiern verbracht, und es hatte viel zu lachen gegeben.
Nur Annelies war auffallend still, schlürfte bedächtig ihren Tee, und mir fiel einmal mehr auf, wie hübsch sie war. Ich wusste, dass Annelies tiefgläubig war und respektierte diesen Zug an ihr – wenngleich ich befremdet war, wie stark der Glaube einen Menschen verändern und für sich vereinnahmen kann. So weit ich Annelies glauben konnte – und das konnte ich wohl – war sie noch unberührt – mal abgesehen von den paar Party-Knutschereien, um die eigentlich niemand herumkommt.
An jenem Abend wirkte sie ausnehmend brav in ihrem selbst gestrickten blauen Winterpulli mit den weissen Sternen. Ihr braunes gelocktes Haar verlieh ihrem Antlitz etwas Engelhaftes, und ihre bescheidene Grösse – Annelies war 1.59 m gross – liess sie einfach niedlich wirken – nicht nur auf Frauen, sondern ganz besonders auf Männer. Ich sah es an jenem Abend als meine Aufgabe an, Anneliese vor irgendwelchen Übergriffen zu beschützen, die allerdings gar nicht stattfanden. Die Männer in unserer Runde waren solide Familienväter, Ärzte, Lehrer und dergleichen, und die hatten beileibe anderes zu tun als ein junges Mädchen in einem selbstgestrickten Skipulli anzumachen.
Nach dem dritten Schnaps überkamen mich Gelüste, und es sind diese Gelüste, deren ich mich heute schäme. Ich wollte Annelies auf ihren Kirschenmund küssen – und mehr. Ich war Frauen nie abgeneigt, aber die, mit denen ich bisher Liebe gemacht hatte, waren verschmitzte, erfahrene Wesen, die sehr wohl wussten, dass Frauenliebe in einem Ozean von Gefühlen und intensiven Zärtlichkeiten stattfinden kann, einem Ozean, von dem Männer keine einzige Welle, kein Schaumkrönchen, kein Garnichts kannten.
Ich freute mich richtig, als Annelies sich so gegen 23:00 Uhr aus der Runde verabschiedete. Auch sie hatte etwas Schnaps getrunken, und sie torkelte zur schweren Holztür, hinter der sich die Treppe zu unserem Schlafgemach befand. Die Männer schauten ihr nach. Annelies hatte einen süssen kleinen Hintern, und ihre Locken standen keck vom Kopf ab. Ich schloss mich ihr an, verabschiedete mich mit einem Handküsschen und ging hinter Annelies die Treppe hoch.
Wir überwanden uns zu einer Dusche im verdammt kalten Badezimmer und ich war froh, hatte ich meinen wärmsten Pijama dabei. Wir hielten uns nicht etwa gemeinsam in der Nasszone auf – Annelies war eine sehr scheue Frau. Nackt hatte ich sie noch nie gesehen.
Als sie den Schlafraum betrat, war ich berückt. Sie trug ein Nachthemd, und ihre Füsse waren nackt. Unsere Betten standen nicht nebeneinander. Meins war bei der Tür, ihres am andern Ende des Raums, neben dem einzigen Fenster. Riesenbetten waren das – so was findet man heutzutage höchstens im Museum – vorausgesetzt, es biete genügend Raum. Auch die Daunendecken waren gigantisch – zum letzten Mal hatte ich so was in den Zeichnungen von Wilhelm Busch gesehen. Alles stimmte hier: Die Kuckucksuhr an der Wand, die spätromantischen Nachttischlampen, die Marmorplatte auf dem Buffet mit dazu gehöriger Waschschüssel, der halbblinde Spiegel, die rot-weiss karierten Kissenanzüge und die gestärkten Leintücher.
Ich beobachtete Annelies, wie sie sich in ihr Bett kuschelte. Dann löschten wir das Licht, und ich wartete eine Weile, während ich durch eine Ritze in der Wand nach aussen spähte, in den glitzernden Schnee. „Mir ist kalt“, sagte ich in die Stille hinein. „Mir auch“, antwortete Annelies. „Meinst Du... darf ich zu Dir ins Bett? Für eine Viertelstunde oder so?“ Annelies räusperte sich, kicherte verlegen, sagte aber nicht nein.
So kam ich neben sie zu liegen und sah, wie ihr Brustkorb sich hob und senkte. Ich vermutete feste, eher kleine Brüste. Bald würde ich mehr wissen. In mir köchelte Fleischeslust. Ich rückte etwas näher an Annelies heran. Sie duftete nach Olivenseife. Annelies war das reinste Wesen dieser Welt. Als ich vernahm, wie sie leise ein Gutenachtgebet aufsagte, wurde mir warm ums Herz.
Dann kuschelte ich mich ganz nah an sie. Mein Unterleib war schwer und warm, und mein Herz schlug wie verrückt. Wo war der Schlüssel zur Seele von Annelies, wo der zu ihrem Körper? Es gab nur eines: Ich musste kundtun, was ich wollte – ohne viele Worte. Ich stützte mich auf und betrachtete Annelieses Antlitz, ihr hübsches Gesicht, das durchs Fenster matt beleuchtet wurde. Wie begehrenswert sie war – in diesem frisch gewaschenen rot-weiss karierten Kissen! Ich beugte mich über sie und küsste sie flüchtig auf den Mund.
Annelies wandte sich nicht ab. Sie lächelte. Dann war es um mich geschehen. Ich küsste sie erneut, schob ihr meine Zunge in den Mund. Der Zahnpastageschmack von Annelieses Mundhöhle raubte mir den Verstand. Unsere Zungen spielten miteinander, und es dauerte nicht lange, bis ich ihre nackten Schenkel streichelte, mich höher tastete, und freudig feststellte, dass sie unter ihrem Nachthemd nackt war. Ein süsses Wäldchen erfühlte ich, und ihre Spalte war feucht.
Ich wollte nicht zu weit gehen, um Annelies nicht einzuschüchtern. Ich liebkoste ihre Fut mit meinen Fingern und intensivierte den Zungenkuss. Offenbar war ihr Mund das Tor zu ihrer Seele. Ich schmiegte mich an sie, Schenkel an Schenkel, Bauch an Bauch, Brust an Brust. Annelies streichelte meinen Hintern und wir tauschten unsere Spucke aus.
Die Kälte war wie weggeblasen. Wir intensivierten unser Liebesspiel, und Annelies gab mir, Stück für Stück, ihren Körper. Sie hatte wunderbare feste Brüste. Ich spielte an ihren Nippeln herum, nahm sie in den Mund, arbeitete mich nach unten, zu ihrem Bauchnabel, und dann reizte ich mit der Zunge ihr Liebesloch.
Annelies kam mit einem Seufzer, oder, besser gesagt, mit dem Hauch eines Seufzers.
„War das jetzt ein Orgasmus?“, fragte sie mich mit einem rührend anmutenden Augenaufschlag.
„Ja, Annelies, das war ein Orgasmus.“ Ich drückte ihre Hand, küsste sie auf die Stirn und ging zurück in mein Bett.
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