Die Hand zog langsam die Linie des Oberarms nach, Fingerspitzen berührten den Ellenbogen, den Unterarm, sanft folgte der Blick der streichelnden Bewegung.
Zärtlich mischte eine zweite Hand sich ein, ließ Finger den Nabel umkreisen, prüfte unbarmherzig den Ring, den Wohlstand und Bequemlichkeit dort unten gebildet hatten. Er war noch liebenswert.
Die beiden Hände wetteiferten nun miteinander um das Privileg des besten Platzes. Lag er im Innern ihres Mundes, umspielt von der feuchten Wärme der Zunge? Im samtigen Reich der Annäherung, im großen Vortempel zwischen den Schenkeln, wo für beide ein Platz zum Spiel gefunden werden konnte? Entlang der großen Kuppeln, die so sanft wie bestimmt die schwarze Schlucht umrahmten? Oder bei den rosa Knospen, die ihre Hügelchen krönten?
Der Wetteifer der Hände blieb nicht unbemerkt. Im Tempel selbst erhob sich die Priesterin und begann mit den Vorbereitungen für den Gottesdienst. Die Signale von allen Seiten waren überdeutlich, aber die Priesterin ließ sich davon nicht zur Eile hinreißen. Mit Eile konnte nichts erreicht werden, genauso wenig wie mit Zögerlichkeit. Es galt, den Rhythmus zu finden, die Dinge fließen zu lassen. Nur so war der Zustand der Kommunion zu erlangen, der allein Ekstase versprach.
Die Umstände waren ideal: Das Zimmer, weich und schwach beleuchtet, vermittelte die Geborgenheit einer Höhle; der Schein einer Kerze nährte die Flamme der Leidenschaft; ein sinnlicher Duft umschmeichelte die Nase und sprach direkt mit den tiefsten Schichten des Bewusstseins. Und mitten drin lag sie, ein Fluss aus Formen, seidenglänzende Wäsche auf samtiger Haut, Wellen aus Stoff branden über Klippen aus Fleisch.
Ein seidener Brecher flutete zwischen ihre Beine und umspielte den Tempel; eine Hand zwischen den Schenkeln, kauerte sie sich zusammen in kontrahierter Lust. Dann endlich war sie bereit, öffnete sich, der Tempel schwang seine Tore auf, die Priesterin vibrierte in sehnsuchtsvoll-banger Erwartung, eingehüllt in ihr scharlachrotes Festgewand.
Schon näherten sie sich, Spähtrupp der Hände, drangen in den Tempel ein, umstellten die Priesterin. Die Dienerin der Ekstase begann ihren rituellen Tanz, im Gleichklang mit den Fingern drehte und wand sie sich und wuchs dabei zu ihrer vollen Größe. Andere hasteten vorwärts, tiefer und tiefer in den Tempel hinein drangen sie, nach allen Seiten suchend und sichernd. Einmal vorwärts stürmend, dann verharrend in der Bewegung, eroberten sie nach und nach jeden Winkel des göttlichen Hauses. Der Tanz der Priesterin dauerte an, nahm an Heftigkeit mit jeder Sekunde zu. Ihre Präsenz im Tempel war allumfassend, sie war der Geist des Hauses, sie fühlte, was das Haus fühlte. Und sie fühlte den Augenblick herannahen, jenen Moment vollständiger geistiger Leere und Klarheit zugleich, den Moment der Ekstase, in dem Schmerz und Lust, Freud und Leid, Schwarz und Weiß verschmelzen zu einer Einheit, unfasslich, unbeschreibbar, einzigartig. Es war der Augenblick der Kommunion, das Ende der Dualität, Göttlichkeit für Sekunden, Glück für Stunden. Der Zeitpunkt der Auflösung, der wirklichen und vollständigen Nacktheit ... Rrrring! ... , in dem Wahrheit nicht nur ein Wort ist ... Rrrring! ...
"Shit!"
"Pamela? Stör ich dich gerade?"
"Wer ist da?"
"Na dein Liebster, sag mal was treibst du eigentlich? Keuchst in den Hörer, erkennst mich nicht mehr? Wer ist bei dir?"
"Niemand, Jakob, niemand ist bei mir, sei ganz beruhigt. Nur zwei Hände."
"Ach ja, und wem gehören diese Hände, wenn ich fragen darf?"
"Na mir, du Blödi."
"Was? Du hast ... Na das ist ja geil. Hast du wenigstens an mich gedacht dabei? Ich krieg gleich einen Ständer bei der Vorstellung."
"Ich hab eigentlich gar nicht; du warst mal wieder zu früh dran."
"Sehr witzig. Vielleicht warst du zu spät dran? Außerdem - was nicht ist, kann ja noch werden. Also, woran hast du denn jetzt gedacht?"
"Das geht dich nichts an."
"Aha, du hast also was zu verbergen. Kenn ich ihn?"
"Du bist am völlig falschen Dampfer; es hat überhaupt nichts mit einem Typen zu tun. Es ist einfach meine Sache und geht dich nichts an. Es ist ... zu intim."
"Zu intim? Wir sind seit drei Jahren zusammen, haben, ich weiß nicht, 1.000 mal miteinander geschlafen, und jetzt erklärst du mir, es gebe Dinge, die seien zu intim, um sie mir zu erzählen? Hast du irgendwie ein Problem?"
"Noch nicht eigentlich, aber wenn du so weitermachst, könnts noch was werden."
"Wenn ich so weitermache? Was mach ich denn? Ich ruf dich an und will wissen, wie´s dir geht und was du so treibst, auf einmal kennst mich nimmer, hast Geheimnisse vor mir ... Wie, glaubst du, hört sich das denn für mich an?"
"Wann hast du dir zuletzt einen runtergeholt?"
"Lenk nicht ab."
"Na los, sag schon. Wann hast du es dir zum letzten Mal selber gemacht?"
"Also okay .. gestern vor dem Einschlafen. Zufrieden? Was hat das überhaupt mit der Sache zu tun?"
"Na ja ... eigentlich alles. Woran hast du denn gedacht dabei?"
"Ach so, den Spieß umkehren. Hättest du wohl gerne."
"Warum nicht? Für dich scheint das ja so ganz einfach und selbstverständlich zu sein. Dann lass mal hören!"
"Ich ... äh ... ich weiß nicht mehr."
"Keine faulen Ausreden. Woran, an wen hast du gedacht? Wie hieß die Tussi, die du im Geiste gefickt hast?"
"Ich ... also ... ich weiß nicht. Das ist mir peinlich. Ich will darüber nicht reden."
"Ach ja? Geheimnisse? Kenn ich sie?"
"Nein, das kann ich mir nicht vorstellen."
"Also doch eine Andere. Kennst du sie auch in Wirklichkeit?"
"Verdammt, Pam, was soll denn das werden? Ich betrüge dich nicht, ich habe dich nie betrogen. Ich liebe dich!"
"Aber beim Wichsen denkst du an eine andere Frau; eine wirkliche Frau. Du würdest sie gerne vögeln, wenn du könntest. Gib´s doch zu! Im Geiste hast du mich schon x-mal hintergangen."
"Scheiße, Pam, so ist das nicht. Ja, es ist eine wirkliche Frau, aber ich würde nie ... Es ist doch nur im Kopf, es zählt überhaupt nicht."
"Alle Wirklichkeit beginnt in Gedanken, mein Lieber, hast du das schon vergessen?"
"Komm jetzt, ich möchte mich überhaupt nicht mir dir streiten. Das bringt doch nichts. Ist ja gut, du kannst dir beim Onanieren vorstellen, was du willst, es geht mich wirklich nichts an. Nur dieses eine Mal möchte ich, dass du an mich denkst. Mach mich größer, stärker, wilder, was du willst. Ich vergrabe mich in deinen Brüsten, meine Zunge umspielt deine Knospen, mit der Hand fühle ich nach deiner Erregung. Oh ja, du bist feucht, du bist bereit, du willst es."
"Oh Gott, 30 cm Jakob, nein, noch nicht, ich will ihn erst im Mund haben. Fühlst du, wie meine Lippen ihn fest umschließen? Ich sauge ihn dir aus, keinen Tropfen lasse ich übrig."
"Jetzt dreh dich um, ich mach es dir von hinten. Ja, hinein, vorsichtig, dann fester, ich kann dich hören, Baby. Ich bin drin, ich packe deine Busen mit den Händen und stoße zu, langsam, langsam, von der Seite, ganz tief hinein."
"Ich komme .."
"Ich auch .."
"Shit, das war heftig."
"Jakob? Bist du noch da?"
"Äh ... ja, ich muss nur schnell wieder einpacken; ich bin in einer Telefonzelle."
"Du Schweindl. Ich liebe dich."
"Ich liebe dich auch. Ich mach jetzt Schluss; das kost mich eh schon ein Vermögen. Ach ja, was ich dir eigentlich sagen wollte: Der Flieger landet morgen um 17:23 Uhr."
"Ich werd´ da sein. Bis morgen dann."
"Bis morgen. Bussi, Ciao."
"Ciao."
Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.