Sehen

Amerika I

Mira Wald

Ich habe dich noch nicht
von meiner Iris abgerissen
da lauerst du schon wieder
in Spiegelbildern hinter mir.

Du bist elektrisch.
Dein Strom schlägt Narben
in die Hand
(wie zur Begrüßung)
ich züngele an der Leitung herum
und sauge die zuckende Spannung aus dir.
Du sabberst lange Kabelschnüre,
schnellst durch den Schlauch
von Asphalten umrahmt
ins Zickzack gezerrte Gummigrimasse
grausam getarnt und gewaltig.

In deine Nachtgewänder sickert
das grelle Neonblut der Rotlichtviertel
die Spitzen schwarzer Lackabsätze stechen
dir deinen rauhen Kehlkopf hohl
durchlöchert röchelst du
und Huren kichern über dich.

Ich werfe dich wie Schuppen von mir
reiße die klebrige Schicht von den Lippen
und rupfe mir die eingepflanzten Federn raus
brüllend
während du vor dich hin rieselst
und mit der Zeit einen Pakt schließt
in dem ihr euch aneinander verändert.

Mir rasseln die Splitter deiner Stunden
wie Metall unter der Haut
fetzen mein Skellett auseinander
und zerren am Blut um zu trinken.
Du bröselst Rost auf die Rester
und nagst an meinem Verfall
dich satt.

Auf deinem Gaumen schaukelt Galle,
und klebt dir
zwischen Lungenflügeln und dem Wort
du gärst in Gewohnheit
und grell klingt
das Stöhnen um dein Genie
durch dich.

Deine Gründerväter heulen
und aus den Augen bricht der Blick hervor.

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