Sehen

Homo Erectus 11

André Pfoertner

Da!
Der »pramantha«:
Er ist inthronisiert,
Und Shiva völlig yonisiert,
Berauscht, entzückt, befreit, vergnügt,
Denn dies ist Harmonie, ist gut gefügt.
Scha-manisch
Und Zeugungs-organisch.
Welche uddhāra,
Groß-gestaltet,
Welch eine dvāra,
Stoß-gespaltet.

So rasch und unerwartet: Die āsakti!
Stürzt nun die übermannte Shakti
In wahrhaft grenzenlose bhakti?
Laut stöhnt und seufzt sie: »Ma-no, ma-n!«
(Was man auf Deutsch verstehen kann.)
Es zittern vor Erregung ihre Knie,
Harmonisch forsches Stoßen, tāla, Eurhythmie.
Und Eurhythmie
Zeugt Euphorie:
Es tanzt die shambha
Mit viel stambha –
In ihrem stamba
Urzeit-Samba!

Gefunden hat die lalitā
Den heiß ersehnten savitā,
Ihren Bezwinger,
Freudenbringer,
Ihren Erreger
Und Beweger.

Durch stetes Holzstock-Holzpflock-Scheuern
Beginnt das abgeriebne Holzmehl rot zu glimmen.

Entzündet Shaktis Muskelkranz – ein Ring aus Feuern.
Entzücken, Zucken, Wimmern, Krümmen.
Die Brüste sind bedeckt von Schweiß,
Sie wippen rhythmisch schwer und heiß.
Es stehen Tropfen ihr auch auf der Stirn.
Ein Glühen zieht vom Unterleib ins Hirn.

Und als er ihr den Feuerreif massiert
Wird Shiva zu Gedanken inspiriert:
Wie wohl das Universum funktioniert?
Er lernt, indem er’s tut, und tun tut er’s (ohne Übertreibung):
Er denkt: Am Anfang aller Dinge steht die Reibung.
Wer’s Holz erkennt, der weiß, was in ihm steckt:
Das Feuer wartet, dass ein Funkenschlag es weckt.
Ja, auch die Seelen existieren schon latent:
Sie werden durch die Reibung nur noch inkarniert.
Und was man später Seelenwanderungen nennt,
Das wird von Shivas Enkeln fortan propagiert.

Mit Kraft durchtobt er weiter ihre Höhlung, der Gigant.
Er schließt daraus: Zur Weltenoptimierung
Bedarf es einer guten Schmierung:
Der Saft dazu wird »rasa« glatt genannt –
Sanskrit heißt »rasalīlā« Liebesspiel,
Denn wird das Liebesspiel rasa-nt
Gelangt man feucht und gleitend rasch ans Ziel.

Am Urbeginne der Kosmologie
Stehn so die Triebe … und die Tribologie!

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