Sehen

Nachbarschaft

Jürgen Lill

Ich muss noch meine Katze am Kratzbaum schärfen,
um sie nach meinem Nachbarn Schmitz zu werfen.
Der hat einen Kaktus auf seinem Balkon.
Und der hat spitze Stacheln. Die kenne ich schon.
Der Kaktus fiel mir neulich nämlich auf den Kopf
mitsamt dem Blumentopf.

Dafür möchte ich mich jetzt revanchieren
und muss dafür noch meine Katze präparieren.
Mit messerscharfen Krallen, lang und spitz,
werfe ich sie nach Herrn Schmitz.
Dann krallt sie sich wie abgemacht in sein Genick.
Und ich seh’ ihn an mit unschuldsvollem Blick.

Herr Schmitz mag keine Katzen, das kann ich seh’n.
Er krümmt sich vor Schmerzen. Ach ist das schön!
Wutentbrannt geht er in die nächste Runde
und kauft sich einen dieser großen, schwarzen Hunde.
Den hetzt er auf meine kleine Katze los.
Was mache ich jetzt bloß?

Das Kätzchen macht sich ängstlich hinter mir ganz klein.
Der große Hund rennt auf mich zu und mir fällt nichts ein.
„Herr Schmitz,“ ruf ich, „halten sie ihn auf.“
Da lieg ich schon auf dem Rücken, der Hund liegt auf mir drauf
und leckt mir freudig über mein Gesicht.
Ich glaub’, das mag ich nicht.

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